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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Dakars Zartgefühl, und er suchte sich eine ruhige Ecke, in der all das Geschnatter und der Aufruhr ihm Raum lassen würden, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Auf Asandirs verständnisvollen Rat mußte er verzichten. Zu sehr war der Zauberer damit beschäftigt, machtvolle Magie zu wirken, und als die königliche Galeere gen Ostermere ablegte, fuhr sie eingehüllt in Tarnzauber und Schutzbanne dem Sonnenuntergang entgegen. Die Bruderschaft würde all ihre Macht aufwenden, dafür zu sorgen, daß kein Unglücksfall den Fluch erwecken konnte, solange sich die beiden Halbbrüder in so gefahrvoller Nähe zueinander befanden.
    Lysaer reiste, wie es sich für einen Prinzen geziemte. Es gab reichlich und gut zu essen, und der Wein an Bord entstammte den besten Lagen. In dem üppigen Salon der Galeere spielten zwei Musikanten auf, die endlosen Stunden der Reise durch ihre Lyrik zu verkürzen. Dakar aber, ergriffen von ebenso unerwünschter wie rührseliger Melancholie, hielt sich von dem lebhaften Kreis der Offiziere Avenors fern.
    Während die Nacht sich in sommerlichen Mondschein hüllte, beugte er sich über die Luvreeling und starrte hinaus auf die schäumenden schwarzen Wogen, die sich an der stillen Küstenlinie brachen. Von den hohen Klippen hallte ein rhythmisches Donnern wider, und der Wind trug den Duft der Obstplantagen herüber. Dakar vermißte den Zweimaster, dessen Bug, unberührt von dem Geruch schwitzender Ruderer, die See teilte. Die Mannschaft unter Deck bestand nicht aus angeketteten Gefangenen, sondern aus Männern, die freiwillig Schichtdienst verrichteten. Lysaers Ansprache, die die Männer aufmuntern und ihre Reise beschleunigen sollte, hatte wenig dazu beigetragen, Dakars Stimmung zu heben.
    Er sah keinen Anlaß, sich um eines Krieges willen zu beeilen, der noch vor Einbruch des Winters die Bogenschützen der Vastmark vom Antlitz der Erde tilgen würde.
    Während die Gischt unter den Schlägen der Ruderer weiß aufspritzte, kam der Lordkommandant der Garde Avenors an Deck und gesellte sich zu ihm. Diegans muskulöser Körper war sonderbar verändert. Stählerne Kettenhemden blitzten silbern auf, wo früher Seide und Juwelen eines verweichlichten Lebemannes geschimmert hatten.
    »Ihr dürft Euch den äußeren Anschein nicht zu sehr zu Herzen nehmen«, sagte er mit Hinweis auf seinen Prinzen. »Jede Nacht, seit meine Schwester entführt worden ist, hat sein Herz geblutet, doch nur, wenn er sich allein wähnte. Niemandem hat er seinen Kummer gezeigt. Seine Hoheit wollte sich nicht gehenlassen, um nicht seinen Leuten einen Anlaß zu liefern, den Mut zu verlieren.«
    »Einen Anlaß?« Dakar richtete sich auf, verwundert wegen seiner eigenen Heftigkeit. »Ich kann ein Blutvergießen, eingehüllt in einen Mantel falscher Gerechtigkeit, nicht gutheißen. In der Schlacht, die Ihr in Shand schlagen werdet, geht es nicht um einen moralischen Konflikt, sondern um die Auswirkungen der Magie des Nebelgeistes.«
    »Denkt Ihr das wirklich?« Ein stählernes Klirren ertönte, als Diegan mit den Schultern zuckte. »Dann seid Ihr zu bedauern. Wie könnt Ihr nur einfach über das Leid hinwegsehen, das zu Jaelot über unschuldige Menschen gebracht worden ist? Und war es Desh-Thieres Fluch, der in Alestron sieben Männer willkürlich ermordet hat? Wenn Ihr all diese Geschehnisse vergebt, was seid Ihr dann noch anderes als Arithons williger Lakai?«
    Dakar fluchte still in sich hinein. Die traurige Wahrheit schlug ihm auf den Magen, drohte ihn zu ersticken, denn beide Vorfälle waren erst durch sein Verschulden eingetreten. Reue verdammte ihn zu tiefer Schuld. Für weit mehr als das verlorene Leben eines Schäferkindes hatte Arithon ihm Gnade und Vergebung erwiesen. Dankbar für die Dunkelheit, die sein Unglück verbarg, entfloh Dakar der unliebsamen Gesellschaft. Den ersten Diener, den er finden konnte, jagte er los, ihm Lysaers stärkstes Gebräu aus den Laderäumen zu holen.
    Mit dem Faß kroch er von dannen und setzte sich schließlich mit dem Rücken an eine aufgerollte Ankerkette. Dort, wo die schwere Last kühlen Eisens den sengenden Schmerz, den Asandirs Schutzbanne ihm verursachten, weit genug dämpften, ihn vor dem widerlichen Biß übler Alpträume zu schützen, gab er sich seiner Trauer hin und versenkte seinen Geist in die Vergessenheit der Trunkenheit.
    Doch wie von einsetzender Ebbe davongetragen entzog sich ihm die heißersehnte Betäubung. Eingebunden in schmerzhafte Einsichten, jammerte er lauthals um

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