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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Anker zu lichten. Kopfjäger und städtische Truppen waren gleichermaßen auf der Flucht, und noch immer hielt der Beschuß von den Bogenschützen hoch oben auf den Klippen an. Das war kein Krieg, das war ein gewissenloses Gemetzel. Männer schüttelten die Fäuste, rannten so schnell sie nur konnten oder duckten sich unter leichte Schilde, die sie doch nicht schützen konnten. Pfeil um Pfeil sauste durch die Luft. Zappelnde, schreiende Gestalten wurden durchbohrt, gleich, ob sie sich auf der Flucht befanden oder standhaft blieben bei dem sinnlosen Unterfangen, den Rückzug ihrer verwundeten Kameraden zu decken.
    Der Hauptmann der Garde Jaelots stürzte auf flachem Grund, die Hände um den Schaft eines Pfeiles verkrampft, der aus seiner Hüfte ragte. Zwei schwertbewehrte Kopfjäger sprangen herbei, ihm zu Hilfe zu kommen, um gleich darauf das Leid des Mannes, von den nächsten Pfeilen getroffen, zu teilen. Bald beendete ein weiterer Schauer ihre Qualen, den Todeskampf, ausgetragen auf dem felsigen Riff. Und während sich die Überlebenden unter stetem Beschuß schreiend zum Strand hinabschleppten, wurden die Boote wieder zu Wasser gelassen. In wilder Eile rammten die Männer die Kiele in die Brandung, trampelten über ihre verwundeten Kameraden hinweg, stolperten über Leichen, um dem Pfeilregen zu entkommen, unter dem keine Gegenwehr möglich war. Und ihr Angstgebrüll, die Schmerzensschreie tödlicher Qualen, hallten als vielfaches Echo von den hochaufragenden Klippen wider.
    »Sie sind geschlagen«, murmelte Caolle. Ein anderer Kundschafter tauchte bleich vor Entsetzen neben ihm auf, ausgesandt von seinen Kameraden, um Erlaubnis zu bitten, den Angriff zu beenden.
    Sollte Arithon sein Flehen gehört haben, so sagte er dennoch kein Wort. Auch wandte er den Blick nicht von der brodelnden Szene in der Tiefe, in der Ruderer, winzig aus der großen Entfernung, die gebräunten Rücken krümmten und ihre beladenen Boote mit Rudern, die wie Zahnstocher wirkten, durch das blaugrün schattierte Wasser pullten. Der ununterbrochene Beschuß erschwerte ihr Vorankommen. Unerbittlich schlugen die Pfeile auf Spieren, Bänke und Dollbord ein und rissen Splitter aus dem Holz. Die Überlebenden benutzten die Leichen als Schutzwall oder kauerten sich hinter lebende Schilde, auf den Lippen ein klägliches Gebet an einen tauben Gott.
    Das Donnern der herabgelassenen Segel, die gesetzt worden waren, der belagerten Bucht zu entfliehen, wurde vom Wind auf die hohen Klippen getragen. Alle Schiffe lichteten die Anker, rissen die Ruder herum, wandten sich zur Flucht, nur eine unscheinbare Fischerschaluppe aus Merior unter dem Kommando eines mutigen Mannes blieb zurück. Der Kapitän, zu halsstarrig, aufzugeben, stellte seine seemännische Geschicklichkeit unter Beweis und steuerte die Klippen an. Durch die Felsen geschützt, wurden die Beiboote zu Wasser gelassen, während der Kapitän Anweisungen zur Bergung der Verwundeten auf dem Schiefervorsprung bellte.
    Mit einer Haltung, die an eine Elfenbeinfigur erinnerte, griff Arithon nach dem zweiten Signalpfeil, legte an und bereitete sich zum Schuß vor.
    Fröstelnd redete Caolle im Schatten seines Herrn auf den erschütterten Kundschafter ein, als Arithon die Sehne des schwarzen Bogens spannte. »Geh zurück. Sofort, sage ich! Ein falsches Wort, und wir werden uns zweifellos den königlichen Zorn zuziehen. Ich werde für dich und deine Kameraden sprechen.«
    Die Sehne schnappte in ihre Ausgangslage zurück, und der Pfeil zischte davon. Gelbe Bänder flogen über den Himmel über den Fluchten.
    In niedriger gelegenen Höhlen hoben Bogenschützen, ihrer Pflicht gehorchend, die Abdeckungen von Keramiktöpfen mit glühenden Kohlen. Anstelle der Jagdspitzen verwendeten sie nun talggetränkte Lappen. Ihre nächsten Schüsse flogen in hohem Bogen auf die See hinaus, und ihre Ziele waren die geblähten Segel der Schiffe. Die Luft flimmerte unter braunem Rauch und heißer Flamme, und das Zischen der Pfeile auf ihrem Flug mischte sich mit den herzzerreißenden, schrillen Angstschreien der Soldaten. Die küstennahen Schiffe gingen wie hölzerne Spielzeuge in Flammen auf. Männer sprangen in Panik von der brennenden Takelage. Wild um sich schlagend, entkamen sie den berstenden Balken und Segelstangen in die Fluten und ertranken. Andere schwammen zurück zu den vom Blut der Gefallenen schlüpfrig gewordenen Felsen, mitten hinein in das wirre Durcheinander der eingepferchten Garnisonen rund um sie herum,

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