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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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während die Pfeile unablässig niedergingen und ihrem Überlebenskampf ein Ende setzten.
    Auf den Schiffen, die das Glück hatten, sich an äußerster Front zu befinden, wurden die Focksegel gesetzt. Winzige Gestalten krabbelten die Taue hinauf, lösten Stricke, um gegen die landwärts wehende Brise anzukämpfen.
    Kaum lag das führende Schiff gut am Wind, da umrundete die Khetienn, majestätisch und ehrfurchtgebietend die Landspitze, und die rindengefärbten Segel hoben sich wie alte Wunden vor dem klaren Blau der See ab. Ein Befehl klang über das Wasser. Armbrustschützen auf Deck schossen ihre Pfeile ab, deren Spitzen heimtückisch entflammt waren, während die Bogenschützen auf den Segelstangen die Sehnen losschnellen ließen.
    Innerhalb einer einzigen Sekunde war die Durchfahrt zwischen den Klippen zu einer Todesfalle geworden. Die Khetienn hatte die Meeresenge geschlossen wie ein Korken eine Weinflasche, und den Schiffen, die nach außen drangen, stand der Wind entgegen, selbst ihre Versuche, das Feuer zu erwidern, fielen der Brise zum Opfer.
    Die ersten Pfeile flogen nicht weit genug, und die Flammen verloschen zischend in der See. In den ersten Rauchschwaden standen die Kapitäne aus Lysaers Flotte ihrem Schicksal gegenüber: keines der Schiffe in der Bucht vor Haven würde davonkommen. Sie konnten die Boote in den Wind drehen und auf den scharfen Felsen zerschellen, oder sie konnten trotz des Armbrustbeschusses Kurs halten und mit ihren Schiffen bis zur Wasserlinie verbrennen.
    Oben auf der Klippe beobachtete der Herr der Schatten die Wirkung seiner Tat, spröde wie Glas, das nach dem Erhitzen zu einem brüchigen Gegenstand geworden war, empfindlich genug, bei der geringsten Berührung zu bersten.
    Caolle tat einen Schritt auf ihn zu, und die Not in seinem Inneren kämpfte gegen seine Vernunft. All seine Instinkte, seine von langjähriger Erfahrung geschulte Menschenkenntnis, befanden sich in höchster Alarmbereitschaft.
    Der Narr, der sich nun einzumischen wagte, mochte wohl ein nur mühsam aufgebautes Gleichgewicht, so zerbrechlich wie die Spannung in einem Wassertropfen, zerstören.
    »Die Fluchten«, brachte Arithon mit heiserem Flüstern hervor, und das anschließende, dröhnende Gelächter ließ Caolle noch mehr aufschrecken. Entschlossen hob er die Hand, um dem Ausbruch der Hysterie mit einem raschen Schlag ein Ende zu bereiten.
    Mit den Reflexen eines Schwertkämpfers wirbelte Arithon herum und wehrte den Hieb ab, und der eisige, gnadenlose Sarkasmus in seinen Zügen ließ seinen Kriegerhauptmann in der Bewegung erstarren.
    »Ich werde nicht durchdrehen«, sagte Arithon mit schneidendem Ton, so scharf wie Kristallsplitter, während sich das Wehgeheul um sie herum mit den geisterhaften Echos der Schreie vermengte, die von den Felsenklippen widerhallten. »Aber mein Halbbruder vielleicht. Bete zu Ath, falls du noch weißt, wie man das macht, daß der Preis, den er für seine verderbliche Gerechtigkeit zu zahlen hat, hoch genug ist, die königliche Courage zu brechen.«
    Erstickender Rauch legte sich über die Felsen, und der Wind formte bunte Säulen aus den glühenden Überresten von Holz und Segeltuch. Eine steife Brise erfaßte den Rauch, der sich wie ein Theatervorhang öffnete. Die kleine Schaluppe versuchte mit ihrer Ladung verwundeter Männer, ihre Freiheit zurückzuerlangen.
    »Dharkarons Rache!« fluchte Caolle. »Laßt mich den letzten Pfeil abschießen.«
    Als Arithon nicht reagierte, hob der Kriegerhauptmann den letzten Signalpfeil von der Erde, dessen weiße Bänder die Waffenruhe einleiten sollten. Dann streckte er die Hand aus, um seinem Herrscher die Waffe gewaltsam zu entreißen, doch jener stieß ihn mit unglaublicher Behendigkeit zurück.
    Dämonische Ironie flackerte in den grünen Augen. »Aber nein«, sagte Arithon. »Keine Gnade. Nicht jetzt. Oder du wirst meinen Plan ruinieren. Dort unten sind immer noch Männer am Leben, und sie sind bestimmt nicht nachsichtig gestimmt.«
    »Bei Daelion!« schrie Caolle. »So laßt doch die Verwundeten ziehen! Ath erbarme dich, es ist doch nur eine Fischerschaluppe! Das, was Ihr hier tut, ist kein Krieg, sondern ein sinnloses Gemetzel.« Rasselnd sog er Luft in seine Lungen. Nie hätte er geglaubt, daß er eines Tages eben jenen Prinzen um Gnade bitten würde, der stets zu weichherzig gewesen war, um notwendige Gewaltmaßnahmen gutzuheißen.
    »Du wirst nichts tun«, sagte Arithon wie aus weiter Ferne, während er sich auf eine

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