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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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widerhallenden Gebell der Hirtenhunde oder dem Anblick eines zufällig aus den Augenwinkeln gesichteten Schafes in die Irre geführt. Aber jedesmal, wenn sie schweißgebadet und voller Zorn ihr vermeintliches Ziel erreicht hatten, wurden sie aufs neue enttäuscht.
    Durch welche verborgenen Pässe die Hirten auch entschwunden sein mochten, nicht einmal die sorgfältigsten Kundschafter waren imstande, den Soldaten einen Weg zu zeigen, auf dem sie die Verfolgung aufnehmen konnten.
    »Zauberei«, murrten einige der Männer, während sie ihren Pferden eine Atempause gönnten. »Selbst die Steine könnten verhext sein.«
    Andere fragten sich verunsichert, welche Pfade sie sicher beschreiten durften. Der gewaltige Erdrutsch im Dier Kenton-Tal hatte ihr Vertrauen in die steilen Hänge der Schluchten zutiefst erschüttert. Bleiern ragten die von der Nässe ausgehöhlten Felsen über ihnen empor, beschmutzt mit dem Kot aus den Horsten der Wyverns und von unkrautüberwucherten Furchen, Narben vergangener Steinschläge, durchzogen. Viele der Männer achteten stets auf die Runen, mit denen die Schäfer Gefahrenstellen markiert hatten.
    Weniger vertrauensselige Offiziere neigten hingegen zu dem Verdacht, daß die Plazierung dieser Zeichen Teil der gegnerischen Strategie war. »Welchem Zweck sollen diese Runen schon dienen, wenn nicht dazu, uns in die Irre zu führen? Wenn wir uns nach ihnen richten, so werden wir unsere Pferde im Morast verlieren oder uns das Genick brechen, während wir versuchen, die Felsen in irgendeiner Rinne zu bewältigen.«
    In einer Sache stimmten die erschöpften Männer heiser flüsternd überein, sobald ihre Offiziere ihnen den Rücken zukehrten: Vastmark war ein Hort der Dämonen und der Schattengebieter ein wahres Genie, wenn es darum ging, ein Schlachtfeld zu wählen, das ihnen Kraft und Mut gleichermaßen rauben mußte.
    In dieser Nacht, über der feuchten Asche ihrer Feuergruben, über denen bezeichnenderweise kaum eine Keule erbeuteten Fleisches hätte geröstet werden können, riß das Donnern fremder Hufe die ermatteten Männer aus ihren Zelten. Kaum hatte die Wache Reiter aus Alestron angekündigt, ging ein aufgeregtes Murmeln durch die Reihen, während sie die Wappen auf den Uniformen der herbeireitenden Männer betrachteten. Doch wieder wurden sie enttäuscht. Kein Versorgungszug näherte sich ihrem Lager, sondern fünfzig Ulane auf schweißgebadeten Pferden unter dem herzoglichen Banner von Alestron.
    Beeindruckend in seinem scharlachroten Wappenrock, glitt Herzog Bransian s’Brydion mit klirrendem Kriegsgerät aus dem Sattel. Er warf die Zügel einem bis auf die Haut durchnäßten königlichen Knappen zu und brüllte in rauhem Baß: »Ich bin gekommen, Prinz Lysaer zu sprechen.«
    Ein Diener mit schmalem Gesicht, gekleidet in die blaue Livree des Hofes zu Avenor, trat eilends mit einer rußenden Fackel herbei. »Seine Hoheit berät sich mit den Offizieren.«
    Herzog Bransian zerrte die Panzerhandschuhe von seinen Fingern, wobei er eine zusätzliche Sturzflut wild herumspritzenden Wassers freisetzte. »Welches Zelt?« Als der Diener es wagte, für einen winzigen Augenblick verunsichert zu schweigen, fügte er in einem Zornesausbruch hinzu: »Es ist mir scheißegal, und wenn dein Herr mit sechs Weibern nackt im Bade liegt! Ich bin keine vierzig Wegestunden durch diese athvergessene Wildnis geritten, um nun hier im Regen herumzustehen.«
    »Ich werde Euch führen«, erbot sich eine der Wachen vor dem Zelt seiner Majestät.
    Bransian grunzte nur, ehe er seinem Hauptmann bellend Befehl erteilte, ihn zu begleiten. »Der Rest von Euch organisiert einen Platz, an dem wir unser Lager aufschlagen können. Ich werde wieder zu euch stoßen, wenn ich meine Audienz erhalten habe.« Dann folgte er dem königlichen Gardisten zu einem schlichten Zelt, das unbedeutend wie eine leere Lagerstätte schien. Ohne dem Diener Gelegenheit zu geben, ihn anzukündigen, preschte er durch die durchhängende Eingangsöffnung hinein.
    Abrupt herrschte Schweigen. Lysaer s’Ilessid blickte von seinem Platz am Kopf des von Fackeln erleuchteten Tisches auf, wo er sich mit den Händen auf eine Karte gestützt hatte. Sein helles Haar mit dem Reif königlichen Ranges leuchtete strahlend vor dem schattigen Hintergrund des Zeltes. Um ihn herum hatten sich die ranghöchsten Offiziere versammelt, gekleidet in rostgezeichnete Rüstungen oder Waffenröcke, auf denen noch immer der Schmutz des letzten Kampfes klebte. Der größte und

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