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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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töten und meine Brüder befreien, ohne die Gnade Aths erbetteln zu müssen.«
    Seinen Rittmeister noch immer dicht auf den Fersen, stapfte er hinaus und bellte eine ganze Reihe harscher Befehle. »Befiehl meiner Eskorte und jedem Mann hier, der noch fähig ist, zu hören, sie mögen auf der Stelle ihre Sachen packen und die Pferde satteln. Wir haben Besseres zu tun, als das Lager mit einer Horde von Toren zu teilen, die mit jedem Atemzug rechtschaffene Prinzipien herunterleiern und in großes Wehklagen ausbrechen, weil sie sich vor Schatten fürchten.«
    Die halbe Nacht hallte der Lärm durch das Lager, während Bransian seine Männer zusammentrommelte, die Flaggen einsammelte und unter lautem Getöse in der Dunkelheit verschwand. Am Ende hatten sich gerade vierhundert Mann aus Keldmars Truppe eingefunden, mit ihm zu reiten. Noch vor der Dämmerung war der Reiterzug außer Sichtweite, verschluckt von dem Nebel und dem trüben Regen über Vastmark, als wären sie niemals dort gewesen.
    In Lysaers Kommandozelt faltete und versiegelte der Schreiber des Prinzen im Licht der tropfenden Kerzenstummel die letzte von unzähligen Botschaften. Während sich der Geruch des heißen Wachses mit den Ausdünstungen modernden Leders und dem martialischen Hauch geölten Stahles vermengte, rieb sich der wartende Kurier mit der Rückseite seines Handschuhs über das Kinn. »Denkt Ihr, diese Deserteure haben eine Chance zu überleben?«
    Erschöpft und gedankenverloren versenkte Lysaer seine Feder im Schlund des Tintenfasses. »Sie sind keine Deserteure.« Tiefes Bedauern lastete auf seinen Schultern unter dem adretten Wams mit den goldenen Säumen und dem eingestickten Stern von Tysan, der von der steten Feuchtigkeit grün angelaufen war. »Ein jeder Gegner Arithons ist unser Verbündeter. Möge es kein Mann wagen zu behaupten, Herzog Bransian wäre ohne meinen Segen von dannen gezogen.«
    »Dann verübelt Ihr es ihm nicht, uns die Unterstützung für die Versorgungszüge zu entziehen?« fragte der Gardist am Eingang, der sich zu sprechen frei fühlte, da der Prinz sich niemals herabsetzend gegenüber einfachen Leuten verhielt, sondern seine Neugier mit einer klaren Antwort befriedigen würde.
    Lysaer lächelte, als wäre die Sonne aufgegangen, und tippte mit dem Finger auf den Stapel versiegelter Schriftstücke. »Er hat über fünftausend der besten Söldner Alestrons zurückgelassen. Herzog Bransian mag uns seine Flagge entzogen haben, aber wir müssen lediglich Sorge dafür tragen, daß Erliens Barbaren nicht zu Ohren kommt, daß eben diese Männer ihren Sold nun aus meiner Schatzkammer erhalten.«
    Mit einem Gefühl der Ehrfurcht beobachtete der Kurier, wie der Prinz in herzliches Gelächter ausbrach, ein Balsam nach den vielen Stunden steif protokollarischer Ordnung, während derer die Offiziere reihenweise herbeigeeilt waren, ihre knappen Befehle entgegenzunehmen. »Ich werde die Söldner anweisen, die Sicherung der Versorgungslinien von der Küste wieder aufzubauen.« Mit einer Logik, die selbst die schlimmste Furcht überwand, beruhigte Lysaer den Kurier. »Was habt ihr denn bloß alle gedacht? Daß ich aufgebe und mich zurückziehe, nur weil ein Herzog von altem Blute schlechte Laune hat? Nein. Das wäre eine beschämende Grabschrift für die tapferen Männer, die ihr Leben gelassen haben, und es wäre eine schlechte Ausrede gegenüber jenen, die sich auf uns verlassen.«
     
    Silbriger Nieselregen wich kälteren, heftigeren Niederschlägen, während es in den von stetem Dunst verhangenen Tälern von Vastmark von bewaffneten Männern nur so wimmelte. Trotz der hart erkämpften Illusion des Erfolges wurde es für die Schäfer, die unter Arithons Schutz standen, immer schwerer, den Patrouillen aus dem Weg zu gehen. Nicht allein die Schafe, auch die Familien mit kleinen Kindern, die sich nicht am Kampfgeschehen beteiligten, litten unter der dauernden Mühsal. Selbst im Schlaf fanden sie kaum Entspannung, rechneten sie doch jeden Augenblick mit der hastig und atemlos hervorgebrachten Warnung eines Kundschafters in tiefer Nacht, mit eiliger Flucht im Schutze der Dunkelheit, die Babys mit ihren Decken umwickelt, so daß ihr Weinen durch den Stoff gedämpft wurde, während die Hunde ihre Zähne wieder und wieder in die sprunghaften Hinterläufe furchtsamer Schafe schlugen.
    In einem von Stechginster überwucherten Graben wischte sich Dakar das tropfnasse Haar aus der Stirn und gab sich mürrisch seinen erschöpfungsbedingten

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