Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung
des Dolches mit den Händen unter Aufbietung all seiner Beherrschung fest umklammert, ließ Lysaer dem wutschnaubenden Bransian keine Gelegenheit zu einer Entgegnung. »Das Ende dieses Teir’s’Ffalenn ist jeden Preis wert, wie Euch Eure Söldner, die Zeugen seiner Untaten geworden sind, gewiß bestätigen werden. Selbst hungrig und von ihrem Oberbefehlshaber im Stich gelassen, werden sie nicht nachgeben.« Er schloß mit einem leidenschaftlichen Appell, der selbst das verschlossenste Herz erweichen sollte. »Unsere Mühen dürfen hier und jetzt nicht fehlschlagen. Unschuldige sind auf unseren Schutz angewiesen, darauf, daß wir diesen bösen Zauberer besiegen.«
»Oh, er wird seine Frechheit mit dem Leben bezahlen, seid ganz unbesorgt.« Bransian streckte seine mächtige Hand aus, erhielt sein Messer zurück und ließ es in die Scheide an seinem Unterarm gleiten. »Ich, höchstpersönlich, werde diesen durchtriebenen Spion töten, nicht allein für die Missetaten in Alestron, sondern auch, um das Leben meiner Brüder zu retten. Doch ehe nicht mein Pfeil sein Leben gefordert hat oder Mearn, Keldmar und Parrien seinem Joch entkommen sind, werden Eure Versorgungszüge durch Vastmark auf meinen Schutz verzichten müssen, und von nun an werden auch nicht länger Truppen Alestrons unter Eurer Flagge marschieren.«
»Kämpft an unserer Seite, oder Ihr beraubt uns unserer Kraft«, warnte Lysaer.
Bransian spuckte aus. »Ich übernehme meine Truppen nun wieder, und wir werden jeden Grashalm in diesen Bergen untersuchen. Was Euch mit einem gewaltigen Heer mißglückt ist, das werde ich allein mit Keldmars sechstausend Söldnern vollbringen.«
»Dann erteilt Eure Befehle«, entgegnete Lysaer herausfordernd. »Warten wir ab, ob Eure närrischen Ziele die Männer dazu verleiten können, mich im Stich zu lassen.«
»Seine Hoheit hat recht«, wagte sich nun der Hauptmann der Söldnertruppen mit standhafter Überzeugung vor. »Euer Lordschaft, selbst in Keldmars Namen können wir einer Desertation nicht zustimmen.«
»Desertation?« zürnte Bransian. »Was ist das für ein Gewäsch? Bei allen Dämonen, der Fundus, aus dem Ihr bezahlt werdet, gehört noch immer mir! Wir haben nicht aus hehren moralischen Motiven an diesem Feldzug teilgenommen! Also paß auf, was du sagst, denn der, den du mit hochherrschaftlichen Titeln bedenkst, ist kein Prinz, dem irgendein Mann aus dem Volk von Melhalla zur Treue verpflichtet ist.«
Der Hauptmann blieb standhaft und ruhig. »Ihr wart nicht hier. Ihr habt nicht erlebt, wie achtundzwanzigtausend Männer ermordet wurden oder wie unsere erfahrenen Truppen von Zauberei und Illusionen dahingerafft wurden. Der Prinz des Westens sieht in diesem Schattengebieter eine Gefahr, die keinerlei Rücksicht auf Blutbande oder Königreiche nehmen wird, und allein seine Gabe des Lichtes verspricht einen Schutz vor diesem Übel. Eine Truppe, die sich diesem Feind ohne einen solchen Schutz entgegenstellt, bettelt geradezu tollkühn um ihren Untergang.«
»Sithaer! Du sprichst von dem Steinschlag, der das Dier Kenton-Tal unter sich begraben hat?« Die braunen Enden seines Schnurrbartes krümmten sich unter seinem höhnischen Grinsen. »Jeder weiß, daß diese Schieferberge brüchig und instabil sind. Deines Prinzen Heer ist infolge kühler Taktik gestorben. Und jeder in die Enge getriebene Flüchtling hätte diesen unsicheren Grund wählen können, um seine Haut vor einem Heer zu retten, das groß genug ist, ganze Königreiche zu überrennen.«
»Nichtsdestotrotz«, beharrte der Hauptmann, »danken wir Avenors Gold den Ersatz unserer verlorenen Waffen. Wir stehen nun in Diensten des Prinzen.«
»Dann verhungert mit ihm, um seiner königlichen Moral willen.« Mit funkelnden Augen betrachtete Bransian den Prinzen aus dem Westen, der sich während des Gespräches nicht einmal bewegt hatte. Auge in Auge maßen die Männer einander mit ihren Blicken, der Herzog von Alestron aufs äußerste erzürnt, Lysaer hingegen von königlicher Trauer erfüllt.
»Ich sehe, Ihr werdet durch nichts zu überzeugen sein.« Großmütig faltete Lysaer das aufgeschlitzte Pergament. Seine Ringe glitzerten im Kerzenschein, als er den Brief Arithons auf den in Unordnung geratenen Plan auf den Tisch legte. »So geht mit Ath, verehrter Herzog. Meine Gebete gelten der Errettung Eurer Brüder.«
Dröhnendes Gelächter entstieg der Kehle Bransians. »Ihr müßt den Schöpfer nicht mit dieser Angelegenheit behelligen. Ich kann den Feind
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