Der Fluch des Salamanders
wozu die fähig sind. Deswegen wollte ich mit euch schnell in die Stadt, um die Polizei zu verständigen.«
John und Lea sahen sich an. Wahrscheinlich hatte Pablo richtig gehandelt. Sie hätten ihn nie begleitet, wenn sie geahnt hätten, dass ihre Eltern entführt worden waren.
Jetzt hatten sie sie gefunden, und wenn sie ihnen helfen wollten, mussten sie sich schnell etwas einfallen lassen. Sehr schnell! Mit Pablo konnten sie sich später immer noch streiten.
Balams donnernde Stimme riss die Zwillinge aus ihren Gedanken. Er stand direkt vor ihren Eltern und hielt seine Waffe drohend erhoben.
»Mit eurer nutzlosen Suche habt ihr den heiligen Salamander aufgeschreckt und damit die ganze Welt in Gefahr gebracht. Ihr habt unverantwortlich gehandelt und leichtfertig die Existenz der gesamten Menschheit aufs Spiel gesetzt. Nur euer Leben kann den großen Salamander wieder besänftigen. Ich hoffe, ihr versteht, dass uns gar keine Wahl bleibt, als euch zu töten, um die Welt zu retten.«
»Wovon redet der Spinner?« John sah fragend zu Pablo hinüber.
»Die Mayas glauben, dass ein Salamander die Erde auf seinem Rücken trägt.«
»Ein Orchideensalamander?«, fragte Lea.
»So was in der Art«, bestätigte Pablo. »Deswegen befürchtet er, dass eure Eltern durch ihre Suche den Salamander verscheuchen. Sie haben Angst, dass er die Welt dann einfach von seinem Rücken abwirft und die Menschheit ihrem Schicksal überlässt, wenn man ihn nicht in Ruhe lässt. Für die Indios ist er heilig!«
»Das ist doch kompletter Blödsinn«, erwiderte Lea.
»Das brauchst du mir nicht zu sagen. Sag das dem da«, antwortete Pablo und zeigte auf Balam, dermit dem Dolch in der Hand leise Beschwörungsformeln murmelte.
(aus Johns Notizbuch)
Während ihres Gesprächs hatte John einen Plan gefasst. Es war gar nicht schwer gewesen. Ganz ähnlich hatte einer seiner Romanhelden auch einmal Gefangene befreit und warum sollte es nicht auch hier klappen?
»Hört zu!«, sagte John und sah Lea und Pablo entschlossen an. »Wir machen es so! Lea, du kappst das Kabel des Generators. Pablo startet den Pickup und ich …« – John holte die Nachtsichtbrille aus seiner Tasche. – »… gehʼ da rein und hole Mama und Papa raus.«
»Du? Aber …«, versuchte Lea zu widersprechen.
»Kein Aber. Pablo ist der Einzige von uns, der fahren kann«, widersprach John. »Und du? Du kennst dich mit Tieren und Pflanzen aus. Aber wenn es um Abenteuer und Krimis geht, bin ich der Experte von uns beiden. Zumindest theoretisch.«
»Theoretisch könnte das klappen und praktisch ist es wahrscheinlich unsere einzige Chance«, sagte Pablo. Er reichte John seine Machete. »Nimm die, vielleicht kannst du sie brauchen.«
In der Pyramide hatten die Indios in der Zwischenzeit den Kreis um Leas und Johns Eltern noch enger gezogen. Die Kinder mussten sich schnell entscheiden, jetzt zählte jede Sekunde.
»Einverstanden«, erklärt Lea. »Aber ich gehʼ rein.«
»Vergiss es«, erwiderte John. »Das ist diesmal mein Job.«
Lea sah ihren Bruder lange an, dann nickte sie und huschte in Richtung Generator davon.
Auch Pablo verabschiedete sich schweigend. Er sprang die Treppen der Pyramide hinunter und schlich geduckt zu dem kleinen Lastwagen. John sah ihnen nach, bis die beiden ihre Ziele erreicht hatten. Dann zog er die Nachtsichtbrille auf. Sobald Lea die Leitung des Generators gekappt hatte und in der Pyramide das Licht ausging, würde er losschlagen.
In diesem Augenblick hörte er Balam sagen: »Macht euch bereit, mit eurem Opfer das Weiterleben der Erde zu sichern.«
Während Pablo auf den Fahrersitz des Lastwagens kletterte, stand Lea vor dem Generator, der lautvor sich hin tuckerte. Sie musste den Stecker des Kabels ziehen, das den Strom in die Pyramide leitete, damit John unbemerkt in die Kammer eindringen konnte. Sie hatte die Hand schon ausgestreckt, da bemerkte sie den Hundertfüßler, der genau auf dem großen, roten Stecker saß. Lea kannte das Tier aus ihren Büchern. Es war ein Riesenskolopender, eines der aggressivsten und giftigsten Tiere des ganzen Regenwaldes.
Lea zögerte. Aber das war nicht der Moment, um zu zögern. Von der Pyramide blickte John zu ihr herab. Er konnte von dort oben nicht erkennen, warum sie nicht einfach den Stecker zog.
Lea hielt die Luft an. Mit bloßer Hand wischte sie den Hundertfüßler mit einer schnellen Bewegung zur Seite. Sie hörte, wie er im Laub landete und schnell davonkroch. Dann – endlich – griff sie nach dem
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