Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
entrüstet, sondern amüsiert zu sein.
Jana schüttelte eilig den Kopf und beeilte sich mit einer Verteidigung.
»Nein, nein«, stotterte sie. »Ich wollte nicht allein weiterreisen.«
»Was wolltet Ihr dann?«, fragte Tom mit versteinerter Miene.
»Ich …« Jana schämte sich fürchterlich und kam sich erbärmlich vor. Wie sollte sie den Männern erklären, was sie eben getan hatte, wenn sie es selbst kaum begreifen konnte.
»Warum durchsucht Ihr meinen Reisesack?«, wiederholte Tom seine Frage.
Jana seufzte schwer: »Ich musste wissen, warum Ihr nach Barinas reist.«
Tom sagte nichts, sondern wartete auf weitere Erklärungen, während Richard seine Flasche aus seiner Jackentasche herausholte und sich auf sein Schlaflager fallen ließ.
»Das verspricht ein unterhaltsamer Abend zu werden«, meinte er.
Jana versuchte ihn zu ignorieren und sah hilfesuchend Tom an. Sie hoffte inständig, dass der freundliche, kleine Mann ihr verzeihen würde.
»Conrad und ich wollten auch nach Barinas«, begann sie und sagte dann: »Ich besitze eine Karte, die Eurer ähnlich ist.«
Jana beschloss, den Männern die Wahrheit zu sagen. Sie wollte keine weiteren Geschichten erfinden. Im Moment fühlte sie sich auch ohne Lügen erbärmlich.
»Mein Vater hat mir die Karte kurz vor seinem Tod geschickt. Er hat sie einem Seemann abgekauft, der sie wiederum einem Jesuiten gestohlen hat.«
»Ein Seemann, sagt Ihr?« Interessiert setzte sich Richard auf und stellte die Flasche weg.
»Hat Sir Raleigh nicht von einem Seemann gesprochen?«, mischte sich nun Tom ein.
»Ja, das hat er. Es scheint, als wäre Jana im Besitz der Originalkarte.« Richard lachte, als hätte er gerade einen besonders gelungenen Scherz gemacht.
»Eure Karte ist bloß eine Kopie?«, fragte Jana erstaunt. Das würde erklären, warum auf Toms Karte ein anderer Städtename eingetragen war. Wer immer die Kopie gezeichnet hat, hatte sich geirrt.
Richard erklärte: »Sir Walter Raleigh hat sie aus dem Gedächtnis angefertigt. Dementsprechend ungenau wird sie sein. Viele der Städtenamen hatte er nicht mehr im Gedächtnis, und auch bei den wenigen, die sich auf der Karte befinden, war er sich nicht sicher, ob sie stimmen. Ich habe in London nach einer verlässlichen Karte der Neuen Welt gesucht, um die fehlenden Städtenamen einzutragen. Aber alles, was ich auftreiben konnte, waren die ungenauen Aufzeichnungen irgendeines Kaufmanns. Deshalb habe ich den einen Städtenamen auch dreimal durchgestrichen und wieder neu geschrieben. Wir haben gehofft, dass sich eine Lösung für unser Problem finden würde, sobald wir hier wären.«
»Ihr habt es gehofft«, verbesserte Tom ihn. »Ich wollte nach weiteren, genaueren Karten suchen.«
»Und war es notwendig?«, fragte Richard.
Tom schmollte, und Richard gab selbst die Antwort: »Nein, es wäre völlig vergebene Liebesmühe gewesen. Das Problem hat sich auf wundersame Weise selbst gelöst.«
»Purer Zufall«, murrte Tom.
Statt zu antworten, ließ Richard sich lautstark zurück auf sein Bett plumpsen. Eine kurze Pause entstand, dann wandte sich Tom wieder Jana zu: »Warum habt Ihr mich nicht nach der Karte gefragt? Es war nicht recht, dass Ihr einfach meine Sachen durchwühlt habt.«
Er war sichtlich enttäuscht. Janas Karte schien ihn weniger zu interessieren als die Tatsache, dass sie ihn hintergangen hatte.
»Hättet Ihr mir denn ehrlich geantwortet?«, fragte Jana.
»Natürlich«, sagte Tom ernst.
»Ihr kennt den braven Tom nicht. Niemand ist ehrlicher als er«, sagte Richard, der nun doch zu seiner Flasche griff, doch sie war leer.
»Spart Euch Euren Spott«, sagte Tom verärgert.
»Es tut mir aufrichtig leid, dass ich Eure Sachen durchwühlt habe. Ihr habt recht, das hätte ich nicht tun dürfen«, sagte Jana betroffen.
Tom neigte den Kopf zur Seite und schien sich etwas zu beruhigen, während Richard die Situation immer noch unterhaltsam fand und grinste.
»Hört endlich auf, Euch über mich lustig zu machen«, zischte Tom verärgert.
Richard erhob sich und streckte dem Diener ergeben beide Hände entgegen. »Immer mit der Ruhe«, beschwichtigte er. »Meine Flasche ist leer, und ich werde mir Nachschub besorgen. In der Zwischenzeit könnt ihr beide euch mit Entschuldigungen überhäufen, euch streiten oder vertragen, was auch immer. Aber wenn ich zurückkomme, würde ich gerne schlafen. Also klärt die Sache bis dahin.«
»Was meint Ihr damit?«, fragte Tom verärgert.
»Wir haben die ungenaue Karte,
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