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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hatte sie nicht in Flammengeister verwandelt. Das war sein einziger Trost für seinen Verlust.
    Dann erkannte er zwei Gestalten, die am Fußende des Bettes standen. Bei einer handelte es sich um eine Frau in Weiß – eine Krankenschwester. »Doktor«, sagte sie, als er seinen Blick auf sie zu heften versuchte, »er kommt zur Besinnung.«
    Der Arzt war ein Mann mittleren Alters in braunem Anzug. Das Fleisch unter seinen Augen war eingesunken, als wäre er aller menschlichen Pein überdrüssig geworden, aber die Lippen unter seinem angegrauten Schnurrbart drückten Sanftheit aus. Er trat an der Seite des Bettes näher, berührte für einen Moment Covenants Stirn, hob dann Covenants Lider und leuchtete ihm mit einer winzigen Stablampe in die Pupillen. Mühsam starrte Covenant in das Licht. Der Arzt nickte und steckte das Lämpchen weg. »Mr. Covenant?« Covenant schluckte; seine Kehle war trocken. »Mr. Covenant ...« Der Arzt senkte sein Gesicht nahe zu Covenant herab und sprach mit ruhiger, gefaßter Stimme. »Sie sind im Krankenhaus. Man hat sie eingeliefert, nachdem sie vor ein Polizeiauto gelaufen sind. Sie waren fast vier Stunden lang bewußtlos.« Covenant hob den Kopf und nickte, um zu zeigen, daß er den Arzt verstand. »Gut«, sagte der Arzt. »Ich bin froh, daß Sie zu sich kommen. Nun wollen wir uns mal für ein Momentchen unterhalten. Mr. Covenant, der Polizeibeamte, der am Steuer des Wagens saß, sagt aus, er habe sie nicht angefahren. Er behauptet, er habe rechtzeitig gebremst – Sie wären bloß vors Auto gefallen. Aufgrund meiner Untersuchung neige ich dazu, ihm beizupflichten. Ihre Hände sind ein bißchen zerschrammt, und an der Stirn haben Sie eine Beule. Aber zu so was kann's natürlich kommen, wenn man fällt.« Er zögerte für einen Sekundenbruchteil. » Hat er sie angefahren?« erkundigte er sich dann. Gleichgültig schüttelte Covenant den Kopf. Die Frage kam ihm unwichtig vor. »Na, ich nehme an, es ist auch wirklich sehr gut vorstellbar, daß Sie durch den Aufprall mit dem Kopf aufs Straßenpflaster ohnmächtig geworden sind. Aber warum sind Sie denn überhaupt gestürzt?« Auch dem maß er keine Bedeutung bei. Mit einem matten Wink seiner Hand tat er die Frage ab. Dann versuchte er sich im Bett aufzusetzen. Das gelang ihm, ehe der Arzt ihm helfen oder ihn hindern konnte; er war nicht so schwach wie zunächst befürchtet. Der Gefühllosigkeit in seinen Fingern und Zehen mangelte es irgendwie an Überzeugungskraft, als müsse sie verschwinden, sobald die Blutzirkulation wieder in Schwung geriet. Nerven regenerieren sich nicht ... Gleich darauf fand er seine Stimme wieder und fragte nach seinen Kleidern. Der Arzt betrachtete ihn aufmerksam. »Mr. Covenant«, sagte er, »wenn Sie's wollen, entlasse ich Sie nach Hause. Ich vermute, ich sollte Sie für ein bis zwei Tage zur Beobachtung dabehalten. Aber ich habe wirklich nichts Ernsthaftes an Ihnen feststellen können. Und über alles, was mit Leprose zusammenhängt, wissen Sie mehr als ich.« Covenant entging keineswegs der Ausdruck von Ekel, der übers Gesicht der Krankenschwester glitt. »Und wenn ich ganz ehrlich sein soll ...« Die Stimme des Arztes klang plötzlich scharf wie Säure. »... ich möchte keinen Streit mit dem Personal austragen müssen, um zu gewährleisten, daß Sie anständig versorgt werden. Fühlen Sie sich einer Entlassung gewachsen?« Zur Antwort begann Covenant mit unbeholfenen Fingern an dem eintönig weißen Krankenhauskittel zu fummeln, den er trug. Mit einem Ruck stand der Arzt auf und trat zu einem Spind; mit Covenants Kleidung kam er zurück. Covenant widmete ihr eine Art von VBG. Die Kleidungsstücke waren von seinem Sturz auf der Straße staubig und abgewetzt; im übrigen sahen sie allerdings genauso aus wie zu dem Zeitpunkt, als er sie zuletzt getragen hatte, so wie noch während der ersten Tage nach dem Abmarsch des Aufgebots. Genau so nämlich, als wäre nichts geschehen.
    Sobald er angezogen war, unterschrieb er die Einverständniserklärung für seine Entlassung. Seine Hand war so kalt, daß er seine Unterschrift kaum zustande bekam. Aber das Aufgebot hatte überlebt. Zumindest dafür war sein Handel gut gewesen. Anschließend fuhr ihn der Arzt in einem Rollstuhl zu einem Ausgang. Außerhalb des Gebäudes begann der Arzt plötzlich zu reden, als versuche er, sich auf umständliche Weise dafür zu entschuldigen, daß er ihn nicht im Krankenhaus behielt. »Als Leprakranker zu leben, das muß die Hölle

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