Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
kehren und sein Geheimnis lüften könnte? Oder hatte er Angst vor der Gewalt, die schon seinen einstmaligen Schüler Ateius Capito ereilt hatte? Ich vermutete letzteres und konnte es ihm kaum verdenken. In die Machtspiele bedeutender Römer verwickelt zu sein war, als wäre man zwischen zwei riesige Mühlsteine geraten.
    Im Haus fand ich nichts von Interesse, also ging ich wieder hinaus und schloß die Tür hinter mir. Eine weitere viel versprechende Spur, die im Sand verlief. Es gab nicht einmal irgendwelche Nachbarn, die ich hätte befragen können. Es wäre interessant gewesen zu erfahren, wann er sein Haus verlassen hatte, gleich nach meinem Besuch, oder als er die Nachricht von Ateius' Tod erhalten hatte.
    Auf dem Weg zurück in die Stadt grübelte ich über diese Wendung der Ereignisse. Crassus, selbst Pontifex und Augur, aber nicht Mitglied des Kollegiums der Fünfzehn, denen die Aufsicht über die Sibyllinischen Bücher oblag, hatte diese Bücher höchstpersönlich konsultiert, um sie wegen der römischen Unterstützung für Ptolemaios zu befragen. Dafür mußte er eine Art Übersetzer gebraucht haben, und wer hätte diesen Dienst besser erfüllen können als der berühmte Ariston von Cumae, ein Mann, der aus der Heimat der Sibylle stammte?
    Wahrscheinlich hatte Crassus sich bei Ariston eine ihm passende Deutung bestellt. Natürlich bestand die Möglichkeit, daß die Bücher tatsächlich gesagt hatten, daß wir Ptolemaios nicht mit einer Armee heimführen sollten, doch das bezweifelte ich. Sicher hatte Ariston Crassus' Bestechungsversuchen oder Drohungen nach gegeben. Hier in Rom lebte er einfach, doch soviel ich wußte, hatte er sich einen prachtvollen Altersruhesitz in Cumae gekauft.
    Ich wandte meine Schritte südwärts Richtung Via Sacra. Es gab einen Schauplatz, den ich im Zuge meiner Ermittlungen noch nicht aufgesucht hatte.
    Das Haus des Ateius Capito war noch voller als bei meinem ersten Besuch. Bis auf die Straße hinaus standen die Menschen, die die Alpträume der höheren Verwaltungsbeamten bevölkern: die permanent Unzufriedenen, die offenbar nie arbeiten, aber zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Krakeelen, Diskutieren und Randalieren bereitstehen. Einige Tribunen waren auch da, um sie in einem Zustand beseelter Empörung zu halten.
    Als ich näher kam, stießen sich einige Männer gegenseitig an und warfen einander bedeutungsvolle Blicke zu. Ich habe keine Ahnung, was Menschen mit solcher Mimik zu übermitteln hoffen, aber sie scheinen Spaß daran zu haben. Vielleicht gibt es ihnen ein Gefühl von Wichtigkeit.
    »Du bist hier nicht willkommen, Senator«, sagte ein Tribun; es war Gallus, der stramme Streiter an Ateius' Seite im Kampf gegen Crassus' Parthischen Krieg.
    »Warum sollte ich auch?« verlangte ich zu wissen. «Ich bin zum Judex mit praetorianischen Vollmachten ernannt worden.
    Da brauche ich kein Willkommen.« »Du bist einer von ihnen!« rief ein schmalgesichtiger Bursche.
    »Einer von wem?« sagte ich. »Ein Bürger?«
    »Du bist ein Adeliger!« pöbelte der Mann zurück.
    »Ach, haltet doch die Klappe, alle miteinander!« brüllte ich.
    »Ich bin nicht von irgendeinem Praetor ernannt worden! Ich bin von Titus Annius Milo ernannt worden! Ich nehme an, der Name ist euch bekannt.« Jetzt erstarb das Geknurre. Vielleicht waren sie nicht direkt Anhänger von Milo, aber wie die meisten Straßenschläger fürchteten sie ihn.
    »Es besteht kein Grund zur Aufregung«, sagte Gallus widerwillig. »Was willst du hier, Senator?«
    »Ich möchte mit Ateius' marsischem Freund Sextus Silvius sprechen«, erklärte ich.
    Die Männer, die neben der Tür standen, sahen sich an. »Er ist nicht hier«, sagte einer von ihnen.
    »Ach so?« sagte ich. »Wo könnte er denn sein?«
    »Wir... das wissen wir nicht. Einige der engsten Freunde des Tribuns haben die Stadt verlassen. Wer ist denn überhaupt noch sicher, wenn selbst ein Tribun ermordet werden kann?« Die Männer sahen sich gegenseitig Zustimmung und Unterstützung heischend an. Offensichtlich wußten sie nicht, was sie tun sollten. Die Anführer von Ateius' kleiner Factio waren verschwunden.

    »Wahrscheinlich sind sie auch ermordet worden!« sagte ein anderer Türsteher. Das Gemurre erhob sich aufs neue.
    Ich drehte mich um. »Tribun Gallus! Ich möchte mit dir unter vier Augen sprechen. Folge mir.«
    »Du hast kein Recht, mir Befehle zu geben, Senator«, ereiferte er sich für sein Publikum. »Aber im Gegensatz zur Factio des Crassus, des Pompeius

Weitere Kostenlose Bücher