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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Crassus hatte bestimmt nicht seine eigene Opposition finanziert. Damit blieben die beiden Männer übrig, die durch eine Ausschaltung Crassus' am meisten zu gewinnen hatten: Pompeius und Caesar. Zwar hatten sie bei ihrem Treffen in Lucca alle Differenzen bereinigt, doch kein Mensch hielt das für etwas anderes als ein politisches Manöver, um die Verhältnisse vorübergehend zu stabilisieren, solange zwei der großen Drei in auswärtigen Angelegenheiten und der dritte mit der immens wichtigen Getreideverteilung beschäftigt waren.
    »Kannst du mir sonst noch etwas über Capito sagen?« fragte ich. »Bekam er ungewöhnlichen Besuch, wurde er in Gesellschaft von Ausländern gesehen, oder hat er sich sonst irgendwie merkwürdig verhalten?«
    »Senator, ich habe ihn kaum gesehen, außer auf dem Forum, wenn wir mit dieser einen Frage befaßt waren. Ich war viel zu beschäftigt, um mich privat mit ihm zu treffen. Seine Begeisterung für ausländische Religionen und Magie war allgemein bekannt, doch im öffentlichen Leben Roms wimmelt es ja von Spinnern.«
    »Das ist leider nur allzu wahr, Tribun«, stimmte ich ihm zu.
    »Ich danke dir für deine Hilfe.« Wir standen beide auf.
    »Das ist eine üble Geschichte«, sagte Gallus. »Ich hoffe, du findest den Mörder. Er war trotz allem amtierender Tribun und hätte nicht angerührt werden dürfen.« Er zupfte die Falten seiner Toga zurecht. »Abgesehen davon, bin ich froh, daß der Mistkerl tot ist.«
    Ich ging zum Forum zurück und nahm am Stand eines Straßenhändlers einen Imbiß ein.
    Als ich meinen Weg über das Forum fortsetzte, grüßte ich zwar einige Bekannte, blieb jedoch nicht stehen, sondern stieg den unteren Hang des Capitols zum Tabularium hinauf, dem Hauptarchiv des römischen Staates. Dort suchte ich den Freigelassenen auf, der für die Unterlagen des Censors verantwortlich war.
    »Wie kann ich dir behilflich sein, Senator?« fragte er. Er war von Sklaven umgeben, die ausnahmsweise einmal beschäftigt aussahen, weil in jenem Jahr eine Volkszählung durchgeführt wurde.
    »Ich brauche die Bewerbungsunterlagen des verstorbenen Tribuns Ateius Capito«, erklärte ich. Die Eignung der Kandidaten für ein Amt wurde von den Censoren überprüft, also mußte Capito bei ihnen eine Erklärung über sein Alter, seinen Besitz und seine militärische und politische Laufbahn hinterlegt haben.
    Während ich wartete, sah ich den Sklaven und Freigelassenen bei der Erledigung der lästigsten Pflicht zu, die uns die Verfassung auferlegte. Zum Glück gab es nur alle fünf Jahre eine Volkszählung. »Hier bitte, Senator«, sagte der Archivar und reichte mir eine kleine Papyrusrolle.
    Viel gab sie nicht her. Ateius erklärte, daß er über den Mindestbesitz zur Qualifikation für den Ritterstand verfügte, in den ihn die Censoren Cornelius Lentulus und Gellius Publicola vor fünf zehn Jahren aufgenommen hatten. Er hatte die erforderliche Anzahl von Feldzügen bei den Legionen mitgemacht. Er war hauptsächlich im Osten stationiert gewesen, in Makedonien, wo er in den Kriegen gegen Mithridates und Tigranes und ihren Erben gekämpft hatte. Vielleicht hatte Ateius in diesen Jahren seine Vorliebe für seltsame, ausländische Religionen und Zauberei entwickelt.
    Andere Wahlämter hatte er nicht innegehabt, aber das war auch nicht erforderlich, um das Amt eines Tribuns zu bekleiden.
    Er hatte jedoch im Stab diverser amtierender Magistraten gedient, inoffiziell, wie es damals durchaus üblich war. Es bestand keine Notwendigkeit, diese Tätigkeiten in seiner Erklärung anzugeben, aber wie so viele unserer geringeren politischen Lichter hatte er sich offenbar gedrängt gefühlt, mit seinen mächtigen Bekannten zu prahlen. Einer von ihnen fiel mir sofort ins Auge: Vor drei Jahren hatte Ateius als Assistent des Aedilen Marcus Aemilius Scaurus gearbeitet, Veranstalter wunderbarer Spiele und Geißel aller Magier, die seinen Preis nicht zahlen konnten.
    Ich gab dem mürrischen Freigelassenen die Schriftrolle zurück und betrat die Säulenhalle, die sich über dem oberen Treppenabsatz des Tabulariums spannte. An jenem Tag hatte man gute Sicht über das Forum, das klare Winterlicht ließ die geweißten Togen der Kandidaten leuchten, die taten, was auch ich hätte tun sollen. Dort unten standen die Praetoren und Konsuln, die Aedilen, Tribunen und Quaestoren des kommenden Jahres, darunter meiner Meinung nach kaum ein ehrlicher Mann. Cato, der als Praetor kandidierte, natürlich ausgenommen. Er war der

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