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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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und all der anderen Adeligen respektiere ich die Institutionen Roms.« Er wandte sich an die Menge. »Meine Freunde, ich werde zurückkehren, sobald ich diesem Mann hier den Kopf zurechtgerückt habe.«
    Wir gingen die Straße hinunter, bis wir außer Sicht- und Hörweite waren. Ein paar Ecken weiter gab es einen kleinen' Park um den Schrein des Genius loci, der hier in der traditionellen Form einer Schlange dargestellt war, die sich an einer stämmigen Säule hochschlängelte. Verwelkte Girlanden hingen um den Sockel, und Tauben pickten nach den Brot- und Obstopfern, welche die Menschen aus der Nachbarschaft dargebracht hatten. Ich nahm auf einer Steinbank Platz, und Gallus setzte sich neben mich.
    »Tribun, in der Notsitzung des Senats, die Pompeius nach Crassus' Abreise einberufen hat, hast du erklärt, daß du keinerlei Kenntnis von Ateius' schändlichen Plänen hattest.«
    »Und ich habe nichts als die Wahrheit gesagt«, beteuerte er.
    Hier, abseits der Menge, sprach er vernünftig wie ein Staatsdiener zum anderen. »Nach dem Lustrum bin ich mit Pompeius und meinen Mittribunen zum Tempel der Vesta gegangen und habe all das vor ihrem heiligen Feuer beschworen.«
    »Sehr gut. Ich muß ein paar Dinge über den Tribunen Ateius wissen«, erklärte ich ihm.
    »Ich kannte ihn nur aus unserem gemeinsamen öffentlichen Amt«, sagte er, eifrig bemüht, sich von dem Mann zu distanzieren.
    »Das ist im Grunde auch das, was ich wissen will. In welchen Fragen habt ihr zusammen gearbeitet?«
    »Nun, natürlich bei der Ablehnung von Crassus als syrischer Oberbefehlshaber. Jeder weiß, welchen Schaden Rom nehmen wird, wenn...«
    »In welchen anderen Fragen?« drängte ich weiter.
    »Es gab keine anderen Fragen. Nicht für Ateius Capito!« »Willst du damit sagen, daß ihr beide fast ein ganzes Amtsjahr nur damit verbracht habt, gegen Crassus zu opponieren?«
    »Natürlich nicht! Ich habe mit Peducaeus beim Wiederaufbau der Flußwerften zusammen gearbeitet und eine Petition an den Pontifex Maximus gerichtet, die Saturnalien um einen Tag zu verlängern und den Kalender zu reformieren, der sich mittlerweile in einem erbärmlichen Zustand befindet. Und dann gab es die Frage der Landreform und der Landkommissare zu regeln...«
    Ich hob eine Hand, um seinen Wortschwall zu bremsen.
    Dieser Tage klagte ein jeder über zuviel Arbeit.
    »Ich sehe, daß du dich im Dienst am Volk völlig verausgabt hast, wie man es von einem Tribun erwarten kann. Hat sich Ateius Capito um keine dieser dringenden Angelegenheiten gekümmert?«
    Er rutschte verlegen auf seinem Platz hin und her. »Nun, eigentlich nicht. Für Ateius gab es nur Crassus.«
    »Was ist mit all den Bittstellern, die sein Haus belagern? Wie hat er sich ihrer Unterstützung versichert?«
    »Der überwiegende Teil dieser Menschen stiehlt einem Tribun nur die Zeit. Häufig wollen sie bloß, daß man ihren Klagen lauscht. Wenn sie wirkliche Probleme haben, sind sie oft so unwichtig, daß ein Freigelassener sie mit ein paar Münzen aus der Welt schaffen kann. Darum hat sich Ateius' Stab gekümmert. Die wenigen, die ein ernsthaftes Anliegen vor zu bringen hatten, wurden zu anderen Tribunen geschickt. Er war unter seinen Kollegen nicht besonders beliebt.«
    »Kam das niemandem merkwürdig vor?« fragte ich. »Das Amt des Tribuns ist nur eine Stufe in der politischen Karriere.
    Jeder halbwegs vernünftige Mann nutzt sie, um Kontakte zu knüpfen, Gefallen zu erweisen, von denen er später profitieren kann, und vielleicht sogar, um sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen ein wenig zu bereichern. Wie hat Ateius denn dieses doch recht kostspielige Amt finanziert, wenn er nur damit beschäftigt war, sich den reichsten Mann der Welt zum Feind zu machen?«
    »Ateius stammte aus einer wohlhabenden Ritterfamilie«, erwiderte Gallus, »du hast sein Haus ja gesehen.«
    »Ach, komm schon«, sagte ich ärgerlich. »Hör auf damit. Du weißt genauso gut wie ich, daß er die benötigte Unterstützung kaufen mußte, wie und womit auch immer. Das erfordert sehr viel mehr als das Vermögen auch einer wohlhabenden Ritterfamilie. Wenn er nicht sein eigenes Geld ausgegeben hat, wessen dann?«
    »Er hat das Silber recht großzügig verteilt«, räumte Gallus ein. »Aber ich habe ihn nicht danach gefragt. Der Kreis der potentiellen Geldgeber ist sehr begrenzt, weißt du.« Die letzten Worte waren kaum vernehmlich, als würde er auch das wenige nur sehr widerwillig äußern.
    Ich wußte genau, was er meinte.

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