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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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eine Tatortbegehung gemacht und rekonstruierte nun, was sich abgespielt haben musste. Giancarlo, der seine Medizin nicht genommen hatte und bis obenhin vollgepumpt war mit allem, was er hatte auftreiben können – man hatte Spuren von Ecstasy und Kokain in seinem Blut gefunden –, war während eines halluzinatorischen Anfalls, bei dem er sich für den toten Vater hielt, bei Gioia eingedrungen und hatte sie umgebracht. Etwas anderes war so gut wie ausgeschlossen. Der Hausmeister hatte ihn hinaufstürzen sehen und sich Sorgen gemacht, dann hatte er die abgehackten Schreie gehört und die Polizei gerufen, derweil war Serena eingetroffen und ebenfalls hinaufgelaufen, doch für Gioia war es zu spät. Nelly betrachtete das Urlaubsfoto aus dem vergangenen Sommer. Gioia und Gemma lächelnd im Badeanzug an einem Strand auf Sardinien. Zwei sympathische Mädchen mit kurzem, dunklem Haar und hellen Augen. Nelly konnte sie unmöglich auseinanderhalten, sie waren wie zwei Klone. Und jetzt war eine tot, und die andere blieb allein zurück. Valeria klopfte an die Tür und sagte, Gemma sei da. Nelly ließ die Fotos in der Schublade verschwinden.
    Gemma Innocenti hatte nur wenig Ähnlichkeit mit dem lächelnden Mädchen auf dem Sommerfoto. Ungeschminkt, mit zusammengepressten Lippen und eingefallenen, starren Augen kam sie herein und nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz. Hin und wieder blinzelte sie, eine Art Tick. Sie starrte Nelly feindselig an.
    »Was wollt ihr denn noch von mir? Ihr habt mich schon tausendmal ausgefragt, ich bin’s leid. Könnten Sie nicht so freundlich sein und mich in Frieden lassen?«
    Ihr Mund begann zu zittern. Nelly versuchte, sich ein verständnisvolles Lächeln abzuringen. Die Welt war für dieses Mädchen zum zweiten Mal zusammengebrochen, und es blieb allein zurück.
    »Ich verstehe Sie, Signorina Innocenti. Und ich möchte mich entschuldigen. Ich wollte nur ein paar unklare Details mit Ihnen ...«
    »Unklare Details? Das Einzige, was hier unklar ist, ist das durchgeknallte Hirn dieses elenden Mörders. Ansonsten erscheint mir alles klar wie Kloßbrühe. Er hat Gioia abgeschlachtet, die ihn immer in Schutz genommen und behauptet hat, er würde keiner Fliege was zuleide tun, der arme Junge sei krank, er könne doch nichts dafür, wenn er nicht mehr sauber tickt. Ich hoffe, Sie lochen ihn ein und schmeißen den Schlüssel weg. Wenn der rauskommt, bringe ich ihn persönlich um. Ich schwöre, ich bringe ihn um.«
    Die Stimme des Mädchens war grell und hysterisch geworden. Einen Moment lang sagte keiner etwas. Doch Nelly ließ nicht locker.
    »Ich würde nur gerne wissen, ob Gioia und Giancarlo sich in der letzten Zeit vor ... vor der Tat gesehen haben.«
    »Bevor er sie umgebracht hat? Nein, ich hab’s schon tausendmal gesagt. Sie hatten keinen Kontakt mehr, ich dachte, es wäre vorbei. Ich hätte sie mir schnappen und wegbringen sollen, weit fort ... Ich hätte sie retten können.«
    Gemma war den Tränen nahe. Sie konnte die Hände nicht stillhalten.
    »Giancarlo hat gesagt, Gioia hätte ihn an diesem Tag angerufen, sie sei völlig verängstigt gewesen.«
    »Aber sicher. Sie hat ihn angeblich angerufen, weil sein Vater kommen wollte, um sie zu holen. Sein toter Vater!« Gemma zog ein angewidertes Gesicht. »Und ihr hört auf das Gefasel dieses Irren?«
    »Wir wollen nur verstehen, was genau passiert ist und ob hinter diesem Verbrechen vielleicht noch etwas anderes steckt.«
    Gemma sprang auf. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Jetzt reicht’s. Was wollt ihr, ihn laufen lassen? Genügt es nicht, dass er seinen beschissenen Anwalt hat, der ihn nach ein paar Jahren wegen Geisteskrankheit raushaut? Es reicht, ich will nichts mehr hören!« Sie stürzte hinaus und schlug die Tür zu. Nelly seufzte. Die Verdammten ... Und wenn Giancarlo mit dieser Bezeichnung recht gehabt hatte? Mit einem leicht flauen Gefühl im Magen, das sie immer befiel, wenn es um die Pisus ging, klappte sie die Akte zu. In allen drei Fällen ließ die Sachlage keine anderen Hypothesen zu. Der Tod des Vaters Giacomo ein Unfall. Der des Sohnes ebenfalls. Die Tat Giancarlo Pisus ein im Wahnsinn verübtes Verbrechen.
    Auf dem Schreibtisch lag die noch ungelesene Zeitung. Sie überflog die Schlagzeilen und blätterte zum Lokalteil. In der Stadt wurde wieder ein Film gedreht. In letzter Zeit war Genua zur beliebten Location für Regisseure und Produktionsfirmen geworden. In diesem Fall war vom Regisseur die Rede. Nelly zuckte

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