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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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Wir sehen uns morgen ... vielleicht. Kein Grund zur Eile. Er ist bis Sonntagabend in der Stadt, da bleibt noch genug Zeit.
    Sie schob die Torte ins Tiefkühlfach, stellte die Flaschen weg und sah, dass Mau den Katzen schon etwas zu fressen gegeben hatte. Allein zu sein erschien ihr auf einmal unerträglich. Sie stopfte seine dreckigen Sachen in die Waschmaschine, stellte sie an und griff zum Telefon, um Tano anzurufen. Der Abend war noch nicht verloren. Nichts, sein Handy war ausgeschaltet. Sie versuchte es auf dem Festnetz. Keine Antwort. Wo hast du dich verkrochen, elender Mistbock? Hast dir sofort eine Alternative gesucht, die dir den Freitagabend versüßt, was? Du verlierst wirklich keine Zeit. Etwas, das rasender Eifersucht gefährlich nahe kam, krampfte ihr den Magen zusammen. Sie konnte unmöglich zu Hause bleiben. Nicht heute Abend. Sie duschte rasch, rieb sich mit einem ayurvedischen Öl ein, das ein Vermögen gekostet hatte, stieg ohne allzu große Mühe in eine Jeans, die ihr vor vier Jahren gepasst hatte, schlüpfte in eine weite, bunte Bluse – aus Brasilien, wie das Etikett verriet –, zog sich den schwarzen Parka über und trat in den Trubel der Genueser Freitagnacht hinaus.
     
    Piazza delle Erbe empfing sie mit einer Umarmung aus Licht, Geräuschen und Menschen, und nach ein paar tiefen Atemzügen löste sich der Knoten auf, der ihr die Kehle zugeschnürt hatte. Die Luft war ungewöhnlich lau, und der Platz wimmelte vor Pärchen und Grüppchen jeden Alters. Allein ging man offenbar nicht aus, stellte Nelly grimmig fest, vielleicht war es polizeilich verboten. Es war fast zehn Uhr, sie stellte sich in Bertos Bar an den Tresen und bestellte einen Bourbon plus das übliche Knabberzeug. Das Lokal war voll, Stimmengewirr und Gelächter mischten sich mit der Musik, umfingen sie wohlig wie der Alkohol und versöhnten sie mit dem Leben. Der Barmann musterte sie verstohlen, dann fand er interessantere Beobachtungsobjekte und wurde von der Arbeit abgelenkt. Die Kneipe war eng, und Nelly musste sich an die Wand quetschen, um nicht von dem Strom der Gäste, die sich die Treppe hinauf- und hinunterdrängten, überrannt zu werden.
    Sie gab sich ihrer Lieblingsbeschäftigung hin und beobachtete die Leute. Der große, hagere, fast glatzköpfige Mann, der das zierliche, hübsche dunkle Mädchen an sich drückte, das lachend den Kopf zurückwarf, die lärmende Freundesgruppe, Studenten älteren Semesters oder angehende Künstler, Regisseure, Fernsehreporter, Tänzerinnen, Schauspielerinnen, Fotografen auf der Jagd nach Erfolg, die in der Altstadt wohnten und sie interessant und lebenswert machten. Was würde ich machen, wenn ich jetzt zwanzig wäre? Wieder Polizistin werden? Keine Ahnung ... Na, so was?! Wie vom Donner gerührt starrte sie auf die graumelierte Mähne des Mannes, der sich, umringt von einer bunten Schar Männer und Frauen, an ihr vorbeidrängte. Als hätte er ihren Blick gespürt, drehte er sich zu ihr um. Seine Augen flackerten erstaunt.
    »Hallo, sind Sie nicht Sandras Freundin, die Kommissarin. Nelly, richtig?«
    »Ganz genau. Guten Abend, Signor Pisu. Wie spricht man Starregisseure an, mit Maestro?«
    Sie lachte. Sie fühlte sich leicht und lebendig, als Teil eines organischen Ganzen. Der Puls der Freitagnacht. Er musterte sie verblüfft und versuchte, die attraktive, relaxte Frau mit dem Bild in Einklang zu bringen, das er sich bei ihrem ersten Treffen von ihr gemacht hatte. Lachend versuchte er, die kurze Verlegenheit zu überspielen.
    »Alceo. Nennen Sie mich ruhig Alceo, durch Sandra sind wir ja fast verwandt, nicht wahr?«
    Wieder lachte er, froh darüber, seine Schlagfertigkeit zurückgewonnen zu haben. Der Rest der Gruppe warf ihnen mehr oder weniger gleichgültige Blicke zu und drängte sich die schmale Treppe hinauf.
    »Ganz allein, Nelly?«
    »Sieht so aus.«
    »Na, dann gesellen Sie sich doch zu uns. Und wenn wir uns duzten? In unserer Branche siezt man sich nicht.«
    »Sehr gern«, hörte Nelly sich zu ihrer eigenen Überraschung antworten. Sie folgte ihm zur Treppe. Sieh mal einer an, was mir heute Abend passieren muss. Damit habe ich nun wirklich gar nicht gerechnet, aber vielleicht tut die Abwechslung ganz gut. Mal sehen, wie diese Filmfritzen so sind.

X
     
    Mit angestrengt gerunzelter Stirn ließ Nelly jede Minute dieses Freitagabends Revue passieren. War ihr etwas entgangen? Und wenn ja, was? Sie schloss die Augen, lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück und rief sich

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