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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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als hätte sie nie aufgehört zu singen. Ihr Herz öffnete sich der Musik, und dieses wunderbare Gefühl ließ ihr die Tränen aus den Augen strömen. Sie schloss die Lider, sperrte die begeisterten Gesichter und das bierselige Lächeln ihres Publikums aus. Nur sie und die Musik – so, wie es immer gewesen war.
    Doch allzu bald ging der Augenblick vorüber und das Lied war zu Ende. Das Publikum applaudierte wild. Das war mehr, als sie erwartet hatte.
    »Das war verdammt gut«, übertönte die raue Stimme des Keyboarders den Lärm der Menge.
    Rosamund stieg wie im Traum von der Bühne hinab und schlängelte sich zwischen den Stühlen, Tischen und Beinen hindurch zu Gary. Hände griffen nach ihr, Stimmen beglückwünschten sie. Dann setzte wieder Musik ein, und ein Mann sang eine rockige Country-und-Western-Ballade. Die Menge pfiff und begann zu klatschen.
    Rosamund setzte sich. Gary nahm ihre Hand und umschloss sie mit der seinen. »Du warst wunderbar«, hauchte er. »Mein Gott, was für eine Stimme.« Er ließ seinen Blick über das Publikum schweifen. »Die können gar nicht einordnen, was zu hören sie gerade die Ehre hatten.«
    Sie merkte, dass er dachte, sie könnte enttäuscht über die Reaktionen sein, und versuchte, sie zu trösten. Wusste er nicht, dass das Publikum nichts damit zu tun hatte? Dass sie nur wegen dieses Gefühls in ihrem Herzen sang?
    »Du bist wundervoll«, sagte er, als könnte er nicht anders. »Ich dachte, ich hätte geträumt damals, als ich dich in Melbourne singen hörte. Ich konnte nicht glauben, dass jemand so singen kann. Aber es war kein Traum.«
    Rosamund spürte, wie der Zustand der Entrücktheit langsam nachließ. Zuerst empfand sie das Wiedereintauchen in die wirkliche Welt wie einen Faustschlag in den Magen. Sie war aufgestanden und hatte gesungen, hatte die Uhr zurückgedreht, hatte etwas getan, was Mark hasste – wieder einmal. Rosamund begann zu zittern und rang nach Luft. Garys Griff wurde fester, und sie klammerte sich an seine Hand wie an ein Bungee-Seil, an dem sie gerade dreißig Meter in die Tiefe gesprungen war.
    »Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich gemacht habe.«
    »Hast du aber. Und du hast es gut gemacht, sehr gut sogar. Meine Güte, Rose, du hast eine tolle Stimme. Ich habe eine richtige Gänsehaut bekommen.«
    Sein Gesicht strahlte, und seine Augen glänzten. Er meinte alles genauso, wie er es sagte. Rosamund fühlte, wie ihr Selbstbewusstsein wuchs.
    »Wenn du mich weiterhin so lobst, werde ich arrogant und unausstehlich.«
    »Das kannst du ruhig versuchen.«
    Sein Gesichtsausdruck verriet ihn. Verriet, was er für sie empfand. Verwirrt wandte Rosamund sich ab und starrte in Richtung Bühne. Gary bestellte ihr einen Drink, und sie kippte ihn in einem Zug hinunter. Der Alkohol sollte ihre aufgewühlten Gefühle dämpfen, tat es aber nicht. Sie war zu aufgekratzt. Wie ein ausgebüxter Hund, der ohne Leine losrannte, wohin seine Beine ihn trugen. Es kümmerte sie nicht, was passieren würde – sie genoss das Gefühl der Freiheit.
    Sie warteten das Ende der Vorstellung ab, bevor sie das Lokal verließen. Die Luft draußen war schneidend kalt, weiße Atemwölkchen standen in der Luft. Gary legte seinen Arm um ihre Schultern, und Rosamund ließ es zu. Die anderen Gäste zerstreuten sich lachend und rufend. Ein Motor heulte auf, Türen schlugen, doch das alles berührte Rosamund nicht. Sie schritt mit Gary in schweigendem Einvernehmen dahin.
    Er öffnete die Autotür und hielt sie auf. Als sie einsteigen wollte, neigte er sich zu ihr. »Rose.«
    Seine Lippen fühlten sich warm an in der Kälte. Die Wärme, die während des Singens ihr Herz erfüllt hatte, strömte nun durch ihren Bauch in den Unterleib. Sie schob ihre Hände unter sein Jackett, schlang die Arme um seine Taille und presste sich gegen ihn. Die harte Wärme seines Körpers pulsierte durch die Kleidung an ihrem.
    »Komm mit zu mir«, flüsterte er. Sein Atem kitzelte an ihrem Ohrläppchen.
    »Ich kann Kerry nicht allein lassen.«
    Er seufzte und rieb seine Wange zärtlich an ihrer. »Du weißt, was das bedeutet? Ich muss mit zu dir.«
    Sie verstand, warum er darauf nicht gerade scharf war. »Vielleicht solltest du das lieber nicht machen«, wisperte sie und begann, an seinem Ohr zu knabbern.
    Er stöhnte, halb im Spaß und halb im Ernst. »Ach, Rose, ich werde es riskieren müssen.«
    ***
    Bertie war abgereist. Alice hatte nicht gesehen, wie er abfuhr, dafür aber Meggy. Sie erzählte, er

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