Der Fluch von Colonsay
Atem im Gleichklang mit seinem. Allmählich wurde ihr Puls langsamer, die Schweißtropfen auf ihrer Haut trockneten. Seine Finger strichen sanft über ihr Schlüsselbein.
»Rose«, flüsterte er. Das schien alles zu sagen. Sie lächelte und schloss die Augen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren ruhte sie in sich, was sich angesichts der derzeitigen Turbulenzen in ihrem Leben seltsam anfühlte. Gary schlang seine Arme um ihre Taille, zog sie nah heran und seufzte zufrieden.
Rosamund kuschelte sich an seinen Körper. Sie ignorierte den leisen Zweifel, der an ihr nagte. Ihre Beziehung war noch jung, brauchte Zeit, sich zu entwickeln. Gary war ganz anders als Mark. Er hielt sie in den Armen, das schien ihm zu genügen.
Fast schon eingeschlafen, hörte sie ein leises Kratzen in der Nähe der Tür. Mäuse. »Verschwindet, ihr Mäuse«, murmelte sie schläfrig. Gary umfasste sie enger, sein Atem wärmte ihre Schulter.
Schön, dachte sie. Und schlief ein.
17
Alice’ Kopf schmerzte.
Sie versuchte ihre Augen zu öffnen, aber es war zu hell. »Alice? O Alice, du hast uns aber erschreckt!«
Die Stimme klang vertraut. Allmählich kam ihre Wahrnehmung zurück. Sie lag auf dem Sofa mit dem Knopfpolster, es roch nach Politur und Blumen. Man hatte sie in Ambrosines Empfangszimmer getragen.
»Wir haben nach dem Arzt geschickt«, fuhr die Stimme fort – Alice fiel ein, dass sie zu Adas Kindermädchen gehörte. »Bleib ruhig liegen, bis er da ist.«
Alice erinnerte sich verschwommen an ihren Sturz. In ihrem Kopf ging alles durcheinander, und das Nachdenken schmerzte zu sehr. Sie ließ sich treiben, genoss das seltene Gefühl des Nichtstuns und Herumliegens, während andere sich um sie sorgten. Fühlte Ambrosine sich so, wenn sie sich mit Kopfschmerzen in ihr Schlafzimmer zurückzog?
Es klopfte an der Tür, und leise Stimmen waren zu hören. Um sie herum ging das Leben im Haus weiter wie gewohnt, nur Alice war wie auf einer kleinen Insel dem Alltag entrückt worden.
Sie musste eingeschlafen sein. Als sie erwachte, beugte sich der Arzt über sie. Er hob ihre Augenlider an und blickte ihr tief in die Pupillen. Dann untersuchte er die Beule an ihrer Schläfe. »Es ist anscheinend kein irreparabler Schaden entstanden«, sagte er zu einer Person, die außerhalb von Alice’ Blickfeld hinter ihm stand. »Trotzdem sollte man kein Risiko eingehen. Ich lasse etwas Medizin da, und sie sollte ein bis zwei Tage nur leichte Dinge essen. Nichts Scharfes und nichts, was den Blutfluss anregt.«
»Ja, Doktor.«
Mrs Gibbons. Sie blickte dem Arzt über die Schulter, ihr Vollmondgesicht war gerötet und sie schien aufgeregt. Überrascht fragte Alice sich, warum ihr kleiner Unfall die Frau so mitnahm. Sie konnte es kaum glauben.
»Leichte Arbeiten kann man ihr übertragen. Vielleicht wird sie ja nach den Ereignissen des heutigen Tages gebraucht.«
»Sicher, Sir.« Die Augen der Köchin füllten sich mit Tränen. Sie schnüffelte ein wenig und wischte sie mit dem Ärmel weg. »Der arme Junge, ach, der arme liebe Junge.«
»Aber, aber, Mrs Gibbons. Regen Sie sich nicht auf. Ihre Herrin braucht sie. Sie dürfen sie nicht enttäuschen.«
Sie nickte und zog ein letztes Mal das Wasser in der Nase hoch. »Ich weiß, Sir. Ich werde tun, was ich kann.«
»Gut, sehr gut.« Der Arzt wandte sich wieder Alice zu. »Tja, mein Mädchen, du hast einen ziemlichen Schlag abbekommen, aber du wirst dich wieder erholen. Bleib für heute im Bett. Ich gebe dir ein Mittel, das dir beim Schlafen hilft. Mund auf. Das war es auch schon.«
Die Medizin schmeckte sehr süß, aber Alice schluckte sie gehorsam hinunter. Sie versuchte zu verstehen, was geschehen war, aber die Gedanken brummten in ihrem Kopf wie ein Bienenschwarm durcheinander.
»Was ist geschehen?«, flüsterte sie und hörte verwundert, dass sie klang wie Mrs Gibbons, wenn sie zu viel von ihrem Kräutertonikum erwischt hatte.
Die Köchin bedachte sie mit einem bösen Blick. »Es ist alles deine Schuld, Alice. Wäre er heute Morgen nicht zurück zur Schule geschickt worden, dann könnte er noch am Leben sein.«
Angst durchzuckte sie. Das Zimmer begann sich um sie zu drehen.
»Mrs Gibbons!« Der Tonfall des Arztes war scharf, aber seine Augen ruhten warm und mitfühlend auf ihr. »Das war absolut unnötig und stimmt überdies nicht, Alice. Aber es ist richtig, dass wir schlechte Neuigkeiten haben. Ich weiß, sie werden dich genauso traurig machen wie uns alle. Bertie ist ums Leben gekommen. Er sprang
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