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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Augenblick war vorbeigegangen.
    »Weißt du, dass Mark mir erzählt hat, ein Bordell sei eine gute Investition?«
    »Was du nicht sagst.« Kerry hatte die Falten energisch glatt gestrichen.
    Zeit, das Thema zu wechseln. »Ist der Hund aufgetaucht?«, hatte Rosamund in neutralem Tonfall gefragt.
    »Das Futter war heute Morgen wieder verschwunden, aber ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Vielleicht mästen wir die Rattenpopulation in unserem Garten.« Rosamund hatte gezögert. Sie hätte Kerry zu gern gefragt, ob sie etwas von dieser Mord- und Selbstmord-Theorie wusste. Nun, es hatte keinen Zweck, darum herumzureden.
    »Hat Großmutter jemals etwas von einem Mord auf Colonsay erzählt?«
    Kerry hatte große Augen gemacht. »Du meine Güte, nein! Ein Mord auf Colonsay? Wer hat dir denn so was erzählt?« Ihre Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. »Doch nicht etwa Enderby Munro? Ach, Rosamund, ich habe gehört, er sei in den letzten Jahren sehr seltsam geworden. Auf das, was er erzählt, würde ich jedenfalls nichts geben.«
    »Ich wollte, das könnte ich«, hatte Rosamund geseufzt.
    Dann hatte sie eine Tasse Tee mit in die Bibliothek genommen und gedachte nun, den Rest des Tages mit Adas Unterlagen zu verbringen. Vielleicht brachten Enderbys Offenbarungen ja neue Aspekte ans Licht. Sie war immer noch geneigt, die ganze Sache als das Hirngespinst eines Verrückten abzutun, wie Kerry es vorgeschlagen hatte. Aber vielleicht folgte sie damit nur ihrem eigenen Wunschdenken. Rosamund wusste einfach, dass sie Enderbys Aussagen überprüfen musste, so widerwärtig die Vorstellung auch sein mochte.
    Die Fotos zu betrachten kam ihr mit einem Mal viel schmerzlicher vor. Ambrosine, die elegante Frau in ihrer modischen Kleidung im Stil der Zeit – war sie wirklich eines gewaltsamen Todes gestorben? Und Cosmo, der das Kinn vorreckte, wenn er lächelte – war er ein Mörder? Was hatte er gemacht? Danach hatte sie Enderby nicht gefragt. Hatte er sie erschossen oder erstochen? Sie im Affekt mit eigener Hand erschlagen? Rosamund klappte das Album energisch zu. Mit zitternden Händen trank sie den Rest ihres Tees.
    Ihr Blick fiel auf den roten Terminkalender, und sie nahm ihn erneut zur Hand. Ihr lief es kalt den Rücken hinunter. »Sie sagt, sie hört Stimmen und eine Lady schreien … das Wissen um die Tragödie, die sich in diesem Haus abspielt, ohne dass ich davon etwas mitbekomme, ist für mich kaum zu ertragen. Was sie wohl hört? Ich habe sie gefragt, und sie glaubt, dass jemand sie beim Namen ruft. Doch ich weiß es besser. Es besteht keine Notwendigkeit, die Büchse der Pandora zu öffnen.«
    Es war leicht, dachte Rosamund, diese Sätze als Bestätigung von Enderbys Theorie zu sehen.
    Von diesem Standpunkt aus erschien auch Meggys Brief mit seinen Andeutungen und Hinweisen auf verborgene Geheimnisse in einem neuen Licht. Und noch etwas fiel Rosamund auf, was ihr beim ersten Lesen entgangen war: Meggy hatte an Ada geschrieben wie eine Dienstmagd an ihre Herrschaft, doch unterschwellig schwang im Ton des Briefes eine Drohung mit.
    Sonst gab es jedoch nichts, was ihr Interesse erregt hätte. Ein paar Rechnungen für längst aussortierte Kleidungsstücke. Ein Brief der Historischen Gesellschaft wegen einer Gedenkfeier zu Cosmos fünfzigstem Todestag. Ein Gebetbuch, in dem die Lieblingsabschnitte mit dunkelroter Tinte markiert worden waren. Eine Quittung für ein paar handgenähte braune Männerreitstiefel über zehn Guineen, ausgestellt für Mrs Ambrosine Cunningham im Dezember 1900.
    Rosamund lächelte, als sie das Papier glatt strich. Ein Weihnachtsgeschenk für Cosmo? Vielleicht waren das die Stiefel, mit denen er nach dem Totschlag an seiner Frau Colonsay verließ?
    Schnell legte sie den Zettel auf die Seite und nahm das letzte Papier aus dem Karton. Es war eine Geburtstagskarte, die Rosamund vor langer Zeit aus rosa Pappe und gepressten Blumen gebastelt hatte. »Für Großmutter Ada. Die allerbesten Glückwünsche. In Liebe, Rosamund.«
    Ein unerwartetes Gefühl stieg aus ihrem Unterbewusstsein empor, ein Gefühl der Freude. Ihre Kindheit in Colonsay war nicht nur unglücklich gewesen, es hatte auch gute Zeiten gegeben.
    Rosamund saß in der aufkommenden Dunkelheit und gab sich den Gedanken an die Vergangenheit hin, bis sie sich an ihre Verabredung erinnerte. Sofort stürmte sie die Treppen hinauf, um sich umzuziehen.
    Gary ging mit ihr in eine der Kneipen im Ort. Mit frisch gewaschenen Haaren fühlte sich Rosamund in ihrer

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