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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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geschminkten Lippen und ging.
    Rosamund sah ihm nach, bewunderte sein Aussehen. Ihre Augen folgten ihm, bis er in der Menge der Menschen und Autos verschwunden war.
    ***
    Alice beäugte Petershams rotberockten Rücken. Der alte Soldat stapfte die Straße Richtung Colonsay entlang, mit dem üblichen Blumenstrauß in seiner schwieligen Hand. Alice wunderte sich über seine Dummheit. Kümmerte sich die selbstsüchtige Ambrosine etwa um ihn oder überhaupt einen anderen Menschen?
    Man erzählte sich, sie sei nach dem Tod ihres Sohnes er-krankt. Alice bezweifelte das jedoch. Cosmo, ebenfalls in tiefer Trauer, war zu den Parlamentssitzungen nach Melbourne zurückgekehrt. Seine Frau blieb in Colonsay zurück. Allein. Vielleicht hatte sie es darauf angelegt. Jedenfalls stattete ihr gerade Mr Marling einen Besuch ab.
    Gestern war er in den Ort gekommen, um Alice zu besuchen. Er bezirzte Mira und überzeugte sogar Mr Parkin mit seinem Charme. Anscheinend konnten sogar Männer mit ausgefallenen Westen empfindsam sein. Er wollte Alice immer noch malen, und sie hatte sich überzeugen lassen. Mit schneller Hand zeichnete er ein paar Skizzen von ihr und redete dabei ununterbrochen.
    »Du musst sehr traurig sein wegen Bertie«, warf er ein, als sie endlich völlig entspannt dasaß.
    »Ja, das bin ich«, entgegnete Alice und war wieder auf der Hut.
    Er sah sie neugierig an. So, als ob er genau wüsste, was sie fühlte. Sie bezweifelte jedoch, dass dem so war. Niemand wusste das.
    »Mrs Cunningham hat mich gebeten, mich nach deiner Gesundheit zu erkundigen«, fuhr er fort. »Schau nicht so überrascht drein, Alice. Glaubst du etwa, man hätte dich vergessen?«
    Sie fragte sich, ob er wohl wusste, was sie in jener Nacht nach Berties Tod getan hatte. Wahrscheinlich schon. Mr Marling wusste alles, und was er nicht wusste, fand er ganz schnell heraus.
    Dann änderte sich die Richtung des Gesprächs. »Jedes Mal, wenn ich zu Besuch bin, erzählt mir Cunningham, wie dein Vater ihm das Leben gerettet hat.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Mr Cunningham bei jedem Ihrer Besuche in Colonsay weilte.«
    Seine Augen ruhten auf ihr. Obwohl er lächelte, wusste sie, dass ihre Botschaft angekommen war. »Natürlich hast du recht. Er erzählt mir die Geschichte natürlich nur, wenn er da ist.«
    »Warum wollen Sie mich eigentlich malen, Mr Marling? Ich bin weder hübsch noch ungewöhnlich. Ich bin eine Dienstmagd und kann Ihnen kein Geld zahlen. Also warum? Ich verstehe es nicht.«
    »Du bist ungewöhnlich, Alice. Ich finde das jedenfalls. Und deswegen möchte ich dich malen. Fühlst du dich deswegen gar nicht geschmeichelt? Ich dachte eigentlich, dass du das wärst. Meggy oder Mrs Gibbons würden sich jedenfalls sehr geschmeichelt fühlen, wenn ich sie fragte.«
    Sie rang sich ein Lächeln ab. »Vielleicht sollten Sie das ja tun, Sir.«
    Er lachte. »Ich glaube nicht. Ihr Leben interessiert nur sie selbst, nicht mich. Du bist anders, Alice. Du bist mir ein Mirakel.«
    Sie schwieg, denn sie kannte das Wort nicht und hatte derzeit auch keine Gelegenheit, es in dem dicken Lexikon in Colonsay nachzuschlagen. Mit fest zusammengepressten Lippen deutete sie an, dass ein weiteres Gespräch nicht in ihrem Interesse lag.
    Henry Marling lächelte und zeichnete weiter.
    ***
    Die Nationalgalerie des australischen Bundesstaates Victoria lag in der St Kilda Road. Rosamund ging zu Fuß dorthin. Obwohl sie zum Einkaufen früher dauernd die Innenstadt aufgesucht hatte, konnte sie sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal dort gewesen war.
    Mark schätzte schöne Dinge, traute aber seinem eigenen Urteilsvermögen nicht. Deswegen überließ er solche Käufe anderen. Er hatte nie gelernt, Kitsch von Kunst zu unterscheiden, und wollte sich nicht lächerlich machen. Sonst war er zwar auf seine einfache Herkunft ziemlich stolz, in mancher Hinsicht aber eben auch verletzlich.
    Der spitze Turm aus Stahlgeflecht, der das Arts Center krönte, ragte jenseits des Yarra River empor. Auf dem Fluss war heute viel Verkehr – Ausflugsboote und schwimmende Restaurants trieben auf seinen Fluten. Rosamund überquerte ihn auf der Princess Bridge mit den viktorianisch anmutenden Laternenpfählen. Ein ganz in Schwarz gekleideter Mann mit langem grauem Haar spielte Saxofon. Sie warf ihm ein paar Münzen in den Hut. Die Cafés und Restaurants an der South-bank füllten sich zur Mittagszeit. Rosamund ging an ihnen vorüber, um schnell zum Museum zu kommen.
    Am Eingang nahm sie sich einen

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