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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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wegen der vielen Monate, die er nicht nach Hause kommen würde. Vielleicht wollte er auch nur frische Luft schnappen.
    Die Stufen zum Dachboden hatten in der Mitte eine Vertiefung von den vielen Füßen, die in all den Jahren über sie hinauf- und hinuntergestiegen waren. Oben angekommen, blieb Alice stehen und sah sich um.
    Der ausgestopfte Pfau. Berties Geheimversteck. Seine Schatzkiste und sein Vogelbestimmungsbuch. Er musste es absichtlich vergessen haben. Hatte gewusst, dass er es nicht mehr brauchen würde. Aber woher sollte er von seinem Tod wissen?
    Plötzlich ging ihr ein Licht auf. Es war, als ob Bertie direkt vor ihr stand und mit ihr sprach. Er hatte es gewusst, weil sein Tod geplant war. Er wollte lieber sterben, als an den Ort zurückzukehren, an dem er sich so unglücklich fühlte. Lieber das, als seiner Familie weiterhin Verdruss und Enttäuschungen zu bereiten.
    In seinem Brief hatte er sich als klein und unscheinbar, als wertlos bezeichnet. So sah Bertie seinen Platz in der Welt der Cunninghams.
    In ihrer Trauer und Wut nahm Alice das Buch und warf es durch den lang gestreckten Raum, so fest sie konnte. Es prallte von einer Wand ab. Das Geräusch des Aufpralls trieb sie zu weiteren Taten an. Völlig außer sich, ergriff sie einen kaputten Stuhl und warf ihn ebenfalls durch die Gegend. Er überschlug sich polternd und zerbrach in tausend Stücke.
    Es gab viele Dinge, die sie werfen und zerbrechen konnte. Mit jedem Stück wallten die Gefühle in ihr auf wie Milch auf der heißen Herdplatte. Sie war froh, als sie endlich kamen, um nachzusehen, was diesen Lärm verursachte. Als sie sie dazu brachten, damit aufzuhören. Allein hätte sie das nicht gekonnt.
    ***
    »Besser?«
    Rosamund nickte. Sie saß in ihrem Bett, die Hände fest um eine Tasse mit heißem, süßem Tee gelegt, eine Steppdecke um die Schultern geschlungen und mit ein paar Kissen im Rücken. Kerry hatte den Tee gebracht und beobachtete Rosamund beunruhigt dabei, wie sie ihn trank. Gary hatte die Steppdecke und die Kissen herbeigeschafft. Er war zuständig für die notwendigen Streicheleinheiten und das Händchenhalten, von denen Rosamund fand, dass sie beides brauchte.
    »Ich hätte nicht dort hinuntergehen sollen.« Sie versuchte, die ganze Angelegenheit ruhig und besonnen zu betrachten. An gewisse Dinge erinnerte sie sich besser nicht. Sie schauderte, und Gary tätschelte ihre Knie.
    Kerry räusperte sich. »Vielleicht bist du schlafgewandelt«, meinte sie. »Oder du hast geträumt. Das Schlafwandeln, das hattest du schon als Kind. Erinnerst du dich? Wir haben dich dann immer dort unten gefunden.«
    Rosamund und Gary starrten sie mit offenem Mund an. Kerry ging in Verteidigungshaltung. »Das ist doch nichts Ungewöhnliches. Viele Leute machen das.«
    »Aber – in genau jenem Zimmer?« Rosamund brachte nur ein Flüstern zustande.
    »Ja, da bin ich mir ganz sicher. Mrs Ada nannte es das Empfangszimmer, benutzte es aber nie. Es gehörte zu den Räumen ihrer Mutter.«
    »Ihrer Mutter? Ambrosine? Dann ist es also dort geschehen.« Rosamund schüttelte ungläubig den Kopf. »Dort hat er sie umgebracht.«
    Sie hob den Kopf und sah Gary an. Es war nun klar, dass ihre letzten Zweifel verschwunden waren.
    »Willst du morgen immer noch nach Melbourne fahren?«, fragte er sanft.
    Sie nickte. »Mehr denn je. Ich muss wissen, was damals passiert ist. Sonst kann ich hier nicht bleiben, und das ist es, was ich will. Hier leben, Gary. Nicht wie Ada zurückgezogen in die Vergangenheit. Ich brauche ein Colonsay, in dem Frieden herrscht. Und ich spüre, dass Colonsay selbst das auch so will.«
    ***
    Mr Parkin war sehr wütend. Mira Parkin hatte ihre Tochter darauf vorbereitet, doch jetzt bekam Alice es mit voller Wucht zu spüren. Wenn er wütend war, wurde er bleich und ganz still und seine Augen glänzten wie Achat.
    Sie wusste nicht, was Cosmo ihm mitgeteilt hatte, aber es musste ziemlich nah an die Wahrheit herankommen. Sie war die Treppe hinabgestürzt und dann auf dem Dachboden Amok gelaufen. Sie führten Letzteres auf Ersteres zurück und gingen davon aus, sie hätte kurzzeitig den Verstand verloren. Aber in den Augen ihres Vaters war solch ein undankbares und undiszipliniertes Verhalten für einen Dienstboten einfach unentschuldbar.
    Mira zeigte hingegen Mitgefühl.
    »Wie geht es deinem Kopf, Alice? Möchtest du noch etwas trinken? Hier, nimm.«
    Überschattet wurde Alice’ Fehlverhalten von Berties Tod. Sogar das Sonnenlicht hat seinen hellen

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