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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Kerrys ausgestreckter Handfläche befand. Der Knopf war gesäubert worden, und das Muster trat nun deutlicher hervor. Es handelte sich offensichtlich um eine Blüte. Eine Rose, deren geschwungene Blütenblätter einen unregelmäßigen Kreis formten. An was für einer Art Kleidungsstück mochte es solche Knöpfe geben?
    »Ziemlich pompös.«
    Kerry schien ihre Gedanken zu lesen.
    Draußen klapperte wieder der Arbeiter mit der Leiter vorbei. Fred Swanns Mannschaft schien sich auf den Feierabend vorzubereiten. Hastig klopfte Rosamund sich den Staub ab. Es war schon spät, der Abend dämmerte. Und die Luft fühlte sich auf einmal ziemlich kühl an.
    »Ich denke, ich gehe in die Badewanne.«
    In der Küche war es viel wärmer und roch nach Essen. Rosamund spülte ihren Becher aus und sah ihr Spiegelbild im Fenster über dem Spülstein.
    »Die wilde Frau von Colonsay«, wisperte sie. »Wenn Mark mich so sehen würde.«
    »Vielleicht sollten Sie Mr Markovic anrufen«, sagte Kerry hinter ihr. Rosamund drehte sich um und sah sie misstrauisch an. Kerry senkte den Blick und kümmerte sich auf einmal geschäftig um einen der Töpfe auf dem Herd.
    »Nein«, entgegnete Rosamund schließlich ruhig. »Nein, das glaube ich nicht.«
    Oben im Bad wusch sie zuerst ihr Haar, leerte dann eine halbe Flasche Badeöl ins Wasser und versank darin. Moschusduft und Dampf erfüllten den Raum jedes Mal, wenn sie heißes Wasser nachfüllte. Rosamund schloss die Augen, lehnte ihren Kopf gegen den kühlen Rand der Wanne und entspannte ihren Körper. Marks Gesicht schlich sich in ihre Gedanken, doch sie verdrängte es wieder. Stattdessen widmete sie sich erneut dem Cunningham-Stammbaum.
    Ada hatte trotz ihrer unglücklichen Jugend wahrscheinlich ihre Scheibe vom Glück erwartet. Sie war erwachsen geworden, hatte sich verliebt und – Rosamund musste ihre Fantasie spielen lassen – ihren Verlobten dann geheiratet. Aber der war als Soldat in Frankreich gefallen, und Ada hatte den gemeinsamen Sohn Simon allein großziehen müssen. Sie waren auf Colonsay geblieben, und Ada hatte sich Mrs Cunningham nennen lassen. Ihr Ehename war in Vergessenheit geraten. Rosamund erinnerte sich verschwommen, dass er Evans gelautet hatte. Der Name Cunningham war für Ada stets von großer Bedeutung gewesen, und diejenigen, die Cosmo gekannt hatten, erwarteten von ihr auch nichts anderes.
    Damals war Geld in Colonsay noch kein Problem gewesen. Es hatte genug davon gegeben, um ihren Sohn auf eine gute Schule zu schicken. Aber Simon hatte keinen besonderen Ehrgeiz bewiesen. Vielleicht hatte Ada auch einfach zu viel von ihm erwartet. Rosamund fragte sich, wer in den Augen seiner Tochter je Cosmo das Wasser hätte reichen können. Dann war der Zweite Weltkrieg gekommen und damit eine Gelegenheit für Simon, Ehre einzulegen. Das war ihm auch ziemlich gut gelungen. Nach dem Krieg jedoch hatte sein Leben offenbar jeglichen Halt verloren.
    Simon hatte spät geheiratet. Fast zu spät – er war bei Rosamunds Geburt bereits fünfzig Jahre alt gewesen. Vielleicht hatte seine Kindheit unter den Fittichen von Ada Cunningham seinen Wunsch nach einer eigenen Familie geschwächt. Janet, seine Frau, war jung und hübsch gewesen, aber labil. Geld hatte sie nicht mitgebracht. Ada hatte sie nicht leiden können, und Rosamund hatte das immer wieder zu spüren bekommen.
    »Schwäche ertrage ich nicht«, hatte Ada gesagt. »Mein Bruder Bertie war auch schwach. Da ist es besser, boshaft zu sein.«
    Dann war zuerst Simon und danach Janet gestorben. Rosamund war mit Ada allein zurückgeblieben. Und jetzt war nur noch Rosamund übrig. Die Letzte der Cunninghams. Was für ein Vermächtnis!
    »Keine glückliche Familie«, murmelte Rosamund und legte sich einen Waschlappen aufs Gesicht. Glückliche Familie? Was für ein Witz! Die Cunninghams waren eine der unglücklichsten Familien, die sie kannte.
    Ein leiser Knall ertönte über ihrem Kopf, in der Decke, auf dem Dachboden. Rosamund fuhr hoch. Das Wasser schwappte über die Wannenränder, der Waschlappen rutschte von ihrem Gesicht. Die graue Decke über ihr sah ziemlich unauffällig aus, aber sie ließ sich nicht täuschen. Rosamund hielt den Atem an.
    Sie musste nicht lange warten. Da war der Knall wieder, immer noch leise, aber fester, eindringlicher. Unten klingelte das Telefon.
    Rasch atmend stand Rosamund auf, griff nach ihrem Bademantel und wickelte sich darin ein. Ihr nasses Haar klebte an Armen und Schultern. Sie rutschte auf den Wasserlachen

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