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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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von unseren asiatischen Nachbarn überrannt. Das war einer der Gründe für mich, den Staatenbund zu unterstützen, Marling. Ich möchte ein starkes Heimatland für uns Angelsachsen, in dem wir unsere europäischen Traditionen pflegen können. Um das zu erreichen, müssen wir fremde Einflüsse fernhalten, sonst sind wir verloren.«
    Cosmo zog an seiner Zigarre; mit halb geschlossenen Lidern beobachtete er durch die Rauchwolken Mr Marling und wartete auf eine Antwort.
    Alice schloss die Vorhänge zum Garten, der ruhig im Dunkeln lag. Es war kaum zu glauben, dass in der letzten Nacht heftige Regenschauer gegen die Fensterscheiben geprasselt hatten. Die Sturmböen hatten Bäume umgeknickt, Blätter von den Zweigen gerissen und überall feuchte Blütenblätter verstreut. Der Gärtner hatte die Schäden jedoch rasch beseitigt. Hinter Alice prasselte das von ihr entzündete Feuer anheimelnd im Kamin und wärmte die Bibliothek.
    Mr Marling rückte sich in seinem Sessel zurecht; sein blondes Haar hob sich hell vom dunklen Leder ab. Über ihm an der Wand hing das frisch polierte Schwert, das der alte Soldat Cosmo aus Dankbarkeit geschenkt hatte. Cosmo goss Brandy aus der Karaffe in ein Glas und reichte es dem anderen Mann. Mr Marling nahm einen genießerischen Schluck und strich sich über die makellosen Hosen. Der Schein des Feuers fiel auf die Gesichter der Männer, ließ hier einen Knopf aufleuchten und da die polierte Kappe eines Schuhs. Der kräftige, gut aussehende Cosmo trug sein dickes graues Haar aus der breiten Stirn zurückgekämmt. Er lachte das laute, befreite Lachen eines Menschen, der es gewohnt war, seinen Willen durchzusetzen. Mr Marling schien zurückhaltender, vorsichtiger. Er lächelte abwartend.
    »Meinen Sie nicht, Sir, dass die anderen Völker uns auch etwas zu bieten haben? Wie Sie ja schon sagten, braucht der Norden dringend Arbeitskräfte. Jeder weiß, dass Chinesen und Indonesier mit dem heißen tropischen Klima besser zurechtkommen als die Angelsachsen, die viel zu kultiviert für diese Art Arbeit sind. Und ich bin mir sicher, dass wir ihnen bezüglich Intellekt und Kreativität überlegen sind. Ich finde es bemerkenswert, dass diese Völker mit keinerlei Einsicht in ihre beschränkten Fähigkeiten gesegnet zu sein scheinen. Nehmen wir beispielsweise die Chinesen. Denken sie wirklich, dass der Bau einer über achttausend Kilometer langen Mauer eine herausragende Leistung ist? Sie machen Seide aus Würmern, stellen durchscheinend feines Porzellan her und erfanden das Schießpulver. Ja, und? Sie sollen seit Tausenden von Jahren in einer Gesellschaft leben, die fast schon zivilisiert zu nennen ist. All das kann doch nur Zufall sein, oder?«
    Cosmo grunzte und nahm einen Schluck von seinem Brandy. Die Männer beäugten einander misstrauisch. Alice ging auf, dass Mr Marling die Mittel der Ironie bemühte und dass Cosmo das sehr wohl verstanden hatte.
    »Und was ist mit unseren Ureinwohnern?«, fuhr Mr Marling fort. »Mit den Aborigines? Wir können sie schwerlich dahin zurückschicken, woher sie gekommen sind, denn sie stammen aus Australien. Was sollen wir mit ihnen machen, Sir?«
    Sein besorgter Tonfall konnte niemanden täuschen. Cosmo runzelte die Stirn. »Ihnen fehlt offensichtlich die richtige Einsicht in die Zusammenhänge, Mr Marling, sonst wäre Ihre Wortwahl nicht so frivol. Schauen Sie nur Jonah an, einen meiner Arbeiter. Er ist zur Hälfte weiß und wie ein Weißer erzogen worden. Wann auch immer ich bei ihm eine Unart der Ureinwohner entdecke, lasse ich sie ihm sofort mit der Peitsche austreiben, denn er müsste es besser wissen. Und er ist mir dafür dankbar, Sir. Wo wäre er denn jetzt, wenn es mich nicht gäbe? Denken Sie einmal gründlich darüber nach, Mr Marling.«
    Mr Marling schien über Cosmos Worte nachzusinnen. Alice ging in ihren neuen Stiefeln zufrieden durch die Bibliothek und schloss die Tür hinter sich. Jonah geschah es recht, wenn er Prügel bezog, dachte sie bei sich. Der geheimniskrämerische Jonah. Warum nur mochten ihn Meggy und die anderen so sehr? Nein, wirklich, wenn einer Schläge verdiente, dann er.
    ***
    Gary Munro schaffte sein Werkzeug in eines der Schlafzimmer im Westflügel. Es war dort nicht aufgeräumt und sehr staubig, aber das schien ihm nichts auszumachen. Rosamund und Kerry beobachteten ihn dabei, wie er sich umsah und nickte, als ob der blättrige Putz und die Löcher in der Tapete nicht existierten. Die schlierigen Fenster spiegelten die drei

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