Der Flug der Adler
ein Glas Wein kommen. Als der Oberkellner vorbeikam, zog er ihn beiseite. Er zeigte kurz seinen Dienstausweis.
»Gesehen?«
Der Oberkellner machte große Augen. »Gibt es irgendein Problem, Constable?«
»Wie heißen Sie?«
»Franco.«
»Also, Franco. Wenn Sie mir sagen, was ich wissen will, werde ich Ihren Laden nicht schließen lassen. Capisce?« Franco nickte beflissen. »Sehen Sie die beiden Männer und die Frau dort am Fenster? Wer sind sie?«
»Die Dame ist Mrs. Dixon, Mrs. Sarah Dixon. Der größere
der beiden Herren ist Senhor Rodrigues von der portugiesischen Botschaft. Sie kommen bereits seit Jahren hierher. Sie wohnt in der Nähe.«
»Und der andere?«
»Hab ich noch nie gesehen.«
Lacey klopfte Franco auf die Schulter. »Gut gemacht. Und nicht ein Wort, verhalten Sie sich normal. Verstanden?«
»Völlig, Constable.«
Lacey wandte sich um, ging hinaus und sah Parry auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Parry gab ihm den Film. »Alles in Ordnung?«
»Ja. Bleiben Sie hier, folgen Sie ihnen anschließend und geben Sie telefonisch Bescheid. Ich nehme den Film mit ins Yard und lasse ihn entwickeln.« Er machte kehrt, blieb kurz stehen und wandte sich noch einmal um. »Himmel, mir ist gerade eingefallen, wo ich die Frau schon mal gesehen habe.«
Munro saß am Kamin in seiner Wohnung am Haston Place, trank einen heißen Grog und blätterte gerade ein paar Akten aus dem Büro durch, als das Telefon klingelte. Er ging ran.
»Munro.«
»Carter, Sir.«
»Es ist zehn Uhr, Jack. Ich wollte heute früh ins Bett. Muß morgen um sechs im Büro sein.«
»Wir haben ein Problem, Herr Brigadegeneral.«
Dies war eine Wendung, die sie nur in äußerst kritischer Lage benutzten. »Wie groß?« sagte Munro.
»Sehr groß, Sir. Chief Inspector Riley und einer seiner Helfer sind bei mir. Ich glaube, Sie sollten uns kurz vorbeikommen lassen.«
»Ich erwarte Sie, Jack.«
In dem Restaurant unterhielten sich Sarah, Fernando und Joel bei einem Kaffee mit gedämpfter Stimme über die Lage der Dinge. Fernando sagte zu Sarah: »Hast du damit ein Problem?«
»Eisenhower zu beseitigen?« Sie schüttelte den Kopf. »Der Mann bedeutet mir nichts. Um ehrlich zu sein, als es neunzehnvierzig so aussah, als würden die Deutschen in England einmarschieren, hatte ich das Gefühl, als würde bald der Traum eines jeden Iren wahr.«
»Sarah, ich liebe dich«, sagte Fernando, »aber ich will es dir trotzdem sagen: Wenn Hitler in England eingefallen wäre, hätte er die Panzer sofort nach Irland weiterrollen lassen, glaub mir.«
»Vielleicht, aber das ändert nichts an der gegenwärtigen Lage. Für den Deutschen da, der sich als sein eigener Bruder ausgibt, werden wir alles tun, was ihm hilft. Du erkundigst dich nach portugiesischen Schiffen im Themsehafen. Er braucht bei seiner Flucht Unterstützung.«
»Er wird nirgendwohin fliehen«, sagte Fernando. »Wenn er Eisenhower umbringt, geht er mit drauf. Egal, wir wissen ja noch nicht mal, wann er ankommt.«
»Bald«, sagte sie. »Gehen wir. Ich muß morgen sehr früh zur Arbeit. Kommst du noch mit hoch, Fernando?«
Er beugte sich vor und küßte sie. »Joel ist erst einen Tag hier. Ich bleibe bei ihm, damit er sich hier leichter eingewöhnen kann.«
Er zahlte die Rechnung, und sie brachen auf. Sie spazierten gemeinsam die Westbourne Grove hoch und brachten Sarah zu ihrem Wohnblock. »Gute Nacht, Liebling«, sagte Sarah. »Wir sprechen uns bald.«
Parry, der im Hauseingang gegenüber stand, fotografierte alles mit seiner Spezialkamera, ohne zu blitzen. Sarah ging, und die Brüder schlenderten die Westbourne Grove hinunter.
»Du magst die Frau, was?« sagte Joel, als sie den Queensway
hinaufgingen.
»Ob ich sie mag? Ich liebe sie«, sagte Fernando. »Ich würde sie morgen heiraten, wenn die Dinge anders lägen.«
»Sie heiraten? Sie ist zehn Jahre älter als du.«
Als sie die Stufen zur U-Bahn-Station Bayswater hinuntergingen, sagte Fernando: »Ich war schon immer ganz verrückt nach Frauen, jede Menge Sex, und der Sex mit ihr ist ganz in Ordnung, aber es ist mehr als das. Sie ist mehr wert als alle Schlampen zusammen, mit denen ich ins Bett gestiegen bin.«
»Ihr könntet keine Kinder haben.«
Sie standen auf dem Bahnsteig, und Fernando sagte: »Du magst Männer, Joel, und das ist deine Sache, aber die Liebe, die ich für diese Frau empfinde, das ist meine Sache.«
Der
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