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Der Flug der Adler

Der Flug der Adler

Titel: Der Flug der Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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weigerte sich, seine Wochenenden für etwas anderes
zu opfern. Abe Kelso mußte da natürlich seinen Einfluß
geltend machen. Harry schaffte mit Hängen und Würgen den
Abschluß und ging daraufhin nach Harvard, während sein
Bruder zur gleichen Zeit das Offizierspatent als Leutnant der Luftwaffe
erhielt.

    Das Dritte Reich setzte seinen unaufhaltsamen Aufstieg fort,
    wobei das gesamte europäische
Machtgefüge durcheinandergeriet. Niemand in England wollte einen
offenen Konflikt. Die verheerenden Verluste des Ersten Weltkriegs
saßen noch tief im Bewußtsein der Menschen fest. Harry
quälte sich durch die Uni, Europa quälte sich in den
Faschismus, und die Welt sah tatenlos zu.
    Und dann kam der Spanische Bürgerkrieg, und alle nahmen
    sie daran teil, Galland und Max, die mit
He-51-Doppeldeckern die Front überflogen. Allein bei Max waren es
zweihundertachtzig Kampfeinsalze. Er kehrte 1938 mit dem Eisernen Kreuz
zweiter Klasse zurück und wurde zum Oberleutnant befördert.

      Er arbeitete eine Zeitlang im
Oberkommando in Berlin, glänzte auf dem gesellschaftlichen
Parkett, wo er ständig als Begleiter seiner Mutter gesehen wurde.
Und er war ein Liebling des inzwischen allmächtigen Göring. Und dann kam Polen.
      Während des achtundzwanzig Tage
währenden Blitzkriegs, der dieses Land zerstörte, festigte
Max Kelso seine eigene Legende. Er schoß zwanzig Flugzeuge ab,
erhielt das Eiserne Kreuz erster Klasse und wurde zum Hauptmann
befördert. Während des nun folgenden »Sitzkriegs«
mit England und Frankreich arbeitete er wieder beim Oberkommando in
Berlin.

    In jener Zeit der Euphorie, mit Europa im
Klammergriff, hielt man in Deutschland alles für möglich.
Max' Mutter gehörte zur Hautevolee der Gesellschaft, aber Max
hatte sein höchsteigenes Image kreiert: keine weißen
Jacketts, nichts Elegantes. Er zeigte sich stets in Kampfmontur: weite
Hosen, mit Fliegerjacke und Schiffchen, und dazu kamen all die
Auszeichnungen. Goebbels, der kleine, verkrüppelte
Propagandaminister der Nazis war stets ganz hingerissen. Max tauchte
mit Göring bei den wichtigen gesellschaftlichen Empfängen
auf, auch solchen mit Hitler, und war stets in Begleitung seiner
bezaubernden Mutter. Man taufte ihn den Schwarzen Baron. Gelegentlich
hatte er eine Affäre mit einer Frau, jedoch ging es nie über
eine solche hinaus. Er schien mit dieser verschlossenentrückten
Miene und dem blaßblonden Haar immer etwas abseits zu stehen, und
aus dem politischen Tagesgeschäft hielt er sich gänzlich
raus. Er war kein Nazi. Er war Kampfpilot, nicht mehr und nicht
weniger.

      Was Harry betraf, der gerade seinen
Harvard-Abschluß machte, so verbrachte dieser seine Tage in
Langeweile. Abe hatte versucht, ihn mit den Töchtern ihm
entsprechenden Familien zusammenzubringen, aber, genau wie sein Bruder,
schien auch er abseits zu stehen. Im September 1939 war in Europa der
Krieg ausgebrochen. Mittlerweile war es Ende November. Harry trat in
den Salon und traf dort Abe an, der mit ein paar Zeitschriften am Kamin
saß.
      »Nimm dir einen Drink«, sagte Abe. »Du wirst ihn nötig haben.«

      Harry, damals einundzwanzig, schenkte
sich einen Scotch mit Wasser ein, und ging zu seinem Großvater
hinüber. »Um was geht's?«
      Abe reichte ihm eine Zeitschrift, in
der eine Nahaufnahme eines dunklen, verschlossenen Gesichts unter dem
Schiffchen der Luftwaffe abgebildet war. Dann eine weitere,
nämlich eine Ausgabe von Signal, der Zeitschrift der deutschen Streitkräfte. »Der Schwarze Baron«, sagte Abe nur.
      Max stand in Fliegerausrüstung,
eine Zigarette in der Hand, neben einer Me 109 und unterhielt sich mit
einem Mechaniker, der einen schwarzen Overall trug.
      »Lametta wie ein Weihnachtsbaum«, sagte Harry. »Ist das nicht toll? Genau wie Vater.«
      »Die Aufnahmen sind aus Spanien
und Polen«, sagte Abe. »Himmel, Harry, Gott sei Dank nennt
er sich Baron von Halder anstatt Max Kelso. Kannst du dir vorstellen,
wie das auf der Titelseite von Life aussehen würde? Mein Enkel als Nazi?«

    »Er ist kein Nazi«, sagte Harry.
»Er ist Flieger. Er ist dort, wir sind hier.« Er legte die
Zeitschrift beiseite. Abe fragte sich, was jetzt wohl in Harry vorgehen
mochte, aber wie gewöhnlich behielt dieser seine Gedanken für
sich – obwohl, irgend etwas ging hinter
diesen Augen vor sich, das merkte Abe sofort. »Wir haben schon
länger nichts mehr von Mutti gehört«, sagte Harry
schließlich.

      »Werden wir auc h nicht. Ich
habe ständig

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