Der Flug der Libelle
drehte. Thomas stand hinter ihnen, um sie nicht zu behindern, und schoß mit seiner 70mmElektrokamera ein Bild nach dem anderen. Während die Wissenschaftler an Daten interessiert waren, bemühte sich Thomas , das rasch wechselnde Farbenspiel einzufangen, das besonders prächtig war, wenn sie sich d i rekt über dem Vulkan befanden und in die lodernden blauen Eingeweide des riesigen Planeten schauen konnten. Sechs Jahre später war es einer dieser Schnappschüsse, nicht Bi l der von James und den Planetenforschern , welche als Tite l bild für »National Geographic « ausgesucht wurde.
Sie überflogen zum fünfundzwanzigstenmal den Südpol von Gargantua. George analysierte einige Infrarotaufna h men, als er hinter sich die Anwesenheit von etwas Bedrohl i chem spürte.
»Sind Sie und die Schönheitskönigin immer noch nicht fertig ? « fragte eine tiefe Stimme. »Zwar bin ich hier nur der Kommandant der Expedition, dessen Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, daß solche Zauberkünstler wie Sie sich wohl fü h len und auch genug zu essen haben; aber leider muß ich noch einige Planeten mehr besichtigen. «
George schaute Arielle an. Die betrachtete ihre Fingern ä gel. Von dem ständigen Tippen auf den Bildschirm und dem Drücken der Tasten während der letzten sechsunddreißig Stunden waren zwei abgebrochen. George wandte sich Ji n jur zu und versuchte ein schüchternes Lächeln. »Schätze, wir sind beinahe fertig. Jederzeit, General Jones. «
Jinjur ging zurück zu ihrem Kontrolltisch. George konnte das › Stampfen ‹ der schweren Stiefel beinahe fühlen, wenn sie bei zwei Prozent Schwerkraft auf den weichen Teppic h boden traten . Er beschäftigte sich wieder mit seiner Kons o le, um, wenn möglich, noch ein paar Daten einzuholen, ehe sie weg mußten.
Jinjur betätigte ihre Konsole. Auf dem Schirm erschien das Radarbild, mit dem Thomas gerade arbeitete.
»Haben Sie eine Umlaufbahn für Rochewelt, Thomas? « fragte sie.
»James und ich haben den Orbit von Rochewelt ziemlich fest. Aber wir sind jetzt auf etwas gestoßen, das einige Fr a gen aufwirft «, antwortete Thomas von rechts. »Rochewelt hat eine stark elliptische Umlaufbahn mit einer Periode, die genau ein Drittel der von Gargantua beträgt. Ihr Orbit führt sie in der Periapsis bis auf 4,6 Gigameter an Barnard heran und entfernt sie in der Apoapsis bis auf 32 Gigameter von ihm. Einmal in je drei Umläufen kommt Rochewelt Garga n tua bis auf 6 Gigameter nahe. «
»Das ist knapp außerhalb von Gargantuas Mondsystem! Klingt wichtig «, sagte Jinjur.
»James und ich meinen, daß einer der beiden Teile von Rochewelt ein Mond von Gargantua gewesen sein muß, während der zweite ein anderer Mond auf elliptischer U m laufbahn war oder sogar ein Eindringling von außerhalb. Klarheit darüber kann nur ein Besuch dort bringen. «
»Diese Eierköpfe mit ihrer Fixierung auf Brustdrüsen h a ben unseren wissenschaftlichen Zeitplan völlig durcheina n der gebracht «, schimpfte Jinjur. »Besteht irgendeine Mö g lichkeit, den Zeitverlust wettzumachen, oder können wir gleich Rührei aus ihnen machen? «
»Sieht nicht gut aus «, sagte Thomas. »Rochewelt ist g e rade auf dem Weg nach draußen, und wir befinden uns noch imme r t ief in der Senke von Gargantuas Gravitationspote n tial – und das in einem Segelschiff mit zu wenig Masten a n stelle einer Motorjacht. Es ist unmöglich, Rochewelt bei der nächsten Annäherung zu ereichen. Wir müssen sie unte r wegs irgendwo anders in diesem System erwischen. «
»Na schön «, sagte Jinjur. Sie schaute zu George und Ar i elle hinüber. »Habt ihr euch nun sattgesehen? Vergeßt nicht, wir kommen wieder her, sobald wir uns einen vorläufigen Gesamtüberblick verschafft haben. «
George drückte noch ein paar Tasten auf seiner Konsole. Während James diesen Befehlen folgte und noch etwas mehr Information aus den Bildern von Gargantua zu gewinnen suchte, schaute George Arielle an. Sie zuckte resignierend mit den Schultern.
»Alles zu Ihrer Verfügung, Jinjur «, sagte George. E r schöpft stand er auf. Etwas stolpernd, da die Beine beim langen Sitzen steif geworden waren, ging er zum Aufzug und ins Bett. Arielle ging auch zu Bett; aber vorher holte sie sich noch auf der Krankenstation Pflaster für ihre eingeri s senen Fingernägel. Dann ging sie auch noch in die Komb ü se, um sich etwas zum Essen zu nehmen: zwei Portionen Protokäse mit echtem Knoblauch aus Nels hydroponischen Gärten, zwei Algenshakes mit
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