Der Flug der Libelle

zuverlässig an! «
    Thomas schob langsam den Gashebel für die Hauptrak e ten nach vorn. Er und die übrige Brückenmannschaft wu r den in ihr Geschirr gedrückt. Von den unteren Decks hörte man jämmerliches Stöhnen.
    »Das ist bloß ein halbes g «, sagte Thomas grinsend. »Wir gehen auf drei g kurz vor dem Eintritt in die Atmosphäre. «
    Die Raketenmotoren ergossen einen mächtigen Feue r schein über das unten im Schatten liegende Roche-Gebirge und wurden dann zu einer maßvolleren Schubleistung g e drosselt, als der riesige Zylinder durch die Meilen der Luf t hülle glitt. Die Reibung der kalten und dünnen Atmosphäre half mit, die Energie der herabstürzenden Massen von ach t zig Tonnen unschädlich zu machen.
     
    Der gewichtige, kopflastige Rumpf des Raketenschiffs › A d ler ‹ trieb auf einer tosenden Auspufflamme sanft nach unten. Die auf der fernen › Prometheus ‹ verbliebenen Mi t glieder der Mannschaft hatten sich vor Videoschirmen ve r sammelt, welche die Landung auf Roche durch das Quartett der Fer n sehkameras verfolgten, die von den vier Seiten des Landers hinunterblickten. Das Fahrzeug driftete einwärts, während Thomas sich nach einem guten Landeplatz u m schaute. Er blickte auf den Boden vor sich und bediente die Steuerung s organe. Red verfolgte gleichzeitig alle vier V i deoszenen auf ihrem unterteilten Bildschirm. Jack machte dazu über ihren Imp laufend Bemerkungen.
    »Zweihundert Meter … viereinhalb nach unten … etwas Staub wird aufgewirbelt … vier voraus … etwas nach rechts schieben … Kontaktlicht … Triebwerk stop! «
    Es gab eine Pause. Danach brach die Mannschaft des Lichtseglers in Hochrufe aus, als Thomas ’ jubelnde Stimme kräftig und laut durchkam:
    » › Prometheus ‹ ! Hier Rochewelt Basis. Der › Adler ‹ ist g e landet! «
     

Flug
     
    Ein ruhender Klumpen milchweißer Gallerte ruhte in dem dunklen Ozean von Eau. Klar◊Weiß◊Pfiff war ein geschic k ter Surfer und war auf der letzten Ringwelle die ganze Strecke den Wasserberg hinauf geritten. Es hatte seine Pos i tion auf der Vorderfront der Welle gehalten, halbwegs zw i schen einem erzwungenen Tauchen und einem erzwungenen Sturz seit fast einer achtel Rotation, während die anderen Mitglieder des Schwarms unterwegs zurückgefallen waren. Brüll☼Heiß☼Rot, gewöhnlich der beste Surfer des Rudels, war an einer Welle zu hoch gestiegen, um den Rest gleich zu Beginn des Rennens auf die Plätze zu verweisen, dabei aber in drei Stücke zerfallen und so schon beim Start ausgefallen. Warm ● Amber ● Hall und Bitter○Grün○Zisch hatten mi t gehalten, mußten aber schließlich doch unfreiwillig tauchen, so daß Klar◊Weiß◊Pfiff übrig geblieben war, um die letzte Hälfte auf der Flanke einer Woge zu bezwingen, die größer war als viele der Felsklüfte auf dem Boden des Ozeans.
    Es war aufregend gewesen, mit einem Tempo dahinzusu r fen, das noch hoch genug war, um die akustischen Echos von den unteren Streuschichten in einen hohen Diskant zu verzerren. Jetzt war aber der Spaß vorbei, und Zeit zum Nachdenken gekommen. Zeit, um tief und klar zu überlegen. Klar◊Weiß◊Pfiff wunderte sich oft selbst über die Art se i ner Gedanken. Die meisten anderen im Schwarm, und übe r haupt die meisten anderen im Ozean, hatten alle die gleiche Art zu denken. Meistens in Zahlen. Manche über Anor d nungen von Zahlen. Manche über alle Zahlen zwischen null und eins. Manche über die Zahlen, die keine waren, es aber werden konnten.
    Klar◊Weiß◊Pfiff fühlte sich allein. Es wußte alles über Zahlen – genug, um allein zu forschen. Aber damit war es nicht zufrieden. Die Zahlen mußten auch etwas bedeuten. Es fühlte sich beschwingt aber auch leicht pervertiert, als es die Zahlen den Lichtern am Himmel zuzuordnen versuchte.
    Klar◊Weiß◊Pfiff suchte das Wasser ringsum ab. Es kon n te nichts sehen außer dem steinigen Boden ganz weit unten. Es fühlte sich sicher, nicht gesehen zu werden; aber trot z dem ließ es nur heimlich einen Ausläufer aus dicker, milc h weißer Gallerte hochsteigen, dessen Ende über dem Zentra l teil seines Körpers im Wasser schwebte. Durch Konzentrat i on wurde das Ende des Anhängsels dicker und bekam eine scheibenförmige Gestalt. Es blieb aber milchig wie der Rest des Fortsatzes. Dann zog Klar◊Weiß◊Pfiff, gegen das sex u elle Vergnügen ankämpfend, aber trotzdem fröhlich in pe r versem Selbstgenuß, verführerisch sein Weiß aus der klaren Gelatine-Linse zurück,