Der Flug der Libelle
lassen. «
»Fein! « sagte Karin und setzte ihren Helm wieder auf. »Schleuse mich durch! «
Es gab einen Augenblick der Panik, als aus zwei Öffnu n gen in der Decke der Luftschleuse Wasser herabklatschte. Karin duckte sich unter den donnernden Strahlen und sah durch ein überströmtes Visir auf den schäumenden Wirbel am Boden. Ihre Füße waren kalt, und sie fühlte die Wärme der Stiefelheizung, als ihr Anzug den Wärmeverlust ausz u gleichen suchte.
Nach einer Minute stand ihr das Wasser von Eau bis zur Taille. Der Auftrieb ihres Anzugs begann, ihre Füße vom Fußboden zu heben. Sie griff nach Sprossen in der Wand, um nicht von dem Schwall weggeschwemmt zu werden.
»Laß etwas Luft aus meinem Anzug ab! « brüllte sie. »Ich schwimme hoch. « Sie hörte ein Zischen aus ihrem Ruc k sack, und das Wasser drückte hart auf die runzlige Glanzf o lie, die ihren Anzug bedeckte. Diese glasartige Folie war wie Metall und so flexibel wie Plastik, so undurchdringlich au f grund ihrer nichtkristallinen Struktur. Nur knapp einen Mi l limeter stark, konnte sie allem widerstehen, außer der Spitze eines Messers. Unter Druck wurde sie aber runzlig. Das ka l te Wasser wirkte durch die Heizschicht des Anzuges hi n durch und ließ Karin frösteln. Das Wasser gurgelte hinein, und die Luft strömte hinaus, bis die Tür schließlich geöffnet werden konnte. Ein riesiger, vibrierender Luftballen brach hinaus und bahnte sich einen Weg zur Oberfläche. Karin folgte ihm nach draußen nach.
»Laß die Schleuse offen und das Licht an! « sagte Karin. Sie schwamm in die sich verbreiternde Lichtsäule und langte dann nach dem Permalicht an ihrem Gürtel. Der Lichtspeer glitt nach oben und beleuchtete die Luftschraube recht gut. Es gab eine schwarze Lücke dort, wo eines der Blätter feh l te. Das Blatt daneben war verbogen und zerfetzt.
Karin besah sich das Schreckensbild von zerknautschtem Hochleistungsstahl. Es erinnerte sie an Arielles Mund und war ebenso verheerend für die der › Zauberlibelle ‹ innewo h nende Schönheit. Karin trat nach unten und beugte sich so weit vor, daß ihre Brustkamera auf die Szene gerichtet war. Zugleich zog sie ihren Holovisor herunter, um das Bild so zu verfolgen, wie es im Sucher der Elektrokamera erschien. Es war unscharf. Die Kameralinse war dafür konstruiert, an der Grenzfläche von Luft und Vakuum zu arbeiten, aber nicht von Wasser und Luft.
»Kannst du das ausgleichen? « fragte sie Jill.
Sofort rutschte das unscharfe Bild in den richtigen Focus, als Jill einige Bits so einstellte, daß der Brechungsindex von Wasser ebenso berücksichtigt war, wie der sich langsam ä n dernde Bildabstand.
»So! « sagte Jill.
»Jetzt brauche ich eine Ansicht von oben «, sagte Karin. Sie strampelte an die Oberfläche und packte das hintere E n de des Flügels. Sie steckte ihren Helm aus dem Wasser hi n aus und sah, kurz bevor er von einem Wellenschwall übe r schwemmt wurde, wie über Roche die Morgendämmerung anbrach. In dem roten Licht hob sich als Silhouette der Weihnachtszweig ab, der eine Elektrokamera trug und vo r sichtig über den vom Wasser überspülten Flügel zurüc k kroch.
»Diese Seite habe ich schon «, sagte Jill.
Karin biß ihre klappernden Zähne zusammen und ließ sich unter die Wellen sinken. Ein paar Schwimmstöße, und sie war wieder in der Schleuse. Diesmal als Wasserschleuse. Kräftige Pumpen sogen ihr das Wasser unter den Stiefeln ab.
»Wir müssen die Stiefel und den Rucksack mit Ballast beschweren, damit der Anzug aufgeblasen bleiben kann und ein Kontakt von Armen und Beinen mit dem kalten Anzug vermieden wird «, sagte sie.
»Eine gute Idee «, meinte Jill. »Jetzt drehen Sie sich um, damit ich Ihnen den Rücken abtrocknen kann! «
Als Karin sich unter den heißen Luftstrahlen hin und her drehte, konnte sie sehen, wie von dem glänzenden Metal l film ihres Anzugs Dampf aufstieg. Die ihm eingebaute Kü h lung setzte ein. Karin wollte sich gerade darüber beklagen, daß es zu heiß wurde, da schaltete die Apparatur um. Ein paar Minuten später war sie im Innern des Flugzeugs. Da stand George mit einem traurigen Gesicht.
»Es sieht nicht gut aus. Der Propeller ist hin. Ein Blatt ist hoffnungslos verbogen und ein anderes ganz weg. «
»Kannst du das verbogene richten und den Rest rotieren lassen? «
»Vielleicht «, sagte Karin. »Aber dann ist es nicht ausg e wuchtet . Ich könnte noch ein Blatt entfernen und so aus dem sechsflügligen einen dreiflügligen Propeller
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