Der Flug der Libelle
Anzugsimp.
»Ja «, kamen gedämpfte Antworten.
»Wir sind in den Ozean gestürzt. Öffnet eure Kojentür erst, wenn ich nach Lecks gesucht habe! « Sie schaute zu Richard auf. Der holte langsam und vorsichtig tief Atem und hielt ihn dann an. Karin nahm seinen Anzug aus dem Schrank und half ihm bei dem harten Teil. Dann ging sie auf dem steil geneigten Deck nach vorn.
Arielle bewegte das Steuer ruckartig im Rhythmus der Wellen und zündete die Richtungskontrolldüsen im Ve r such, die › Zauberlibelle ‹ in die Lüft hochzubringen. Als K a rin herankam, schaute sie sich um. Karin war über den A n blick entsetzt, den das Gesicht der früheren Schönheitskön i gin bot. Arielles Oberlippe war ein zerfetzter blutiger Stre i fen, der über eine Lücke in ihren Zähnen herunterhing.
»Wir wind abgewürzt « sagte sie mit kläglicher Stimme. »Und mit Jill ift waf paffiert. «
»Ich bin OK «, kam Jills Stimme, ruhig und beherrscht. »Ich kann auf meinem Radar nichts sehen. Das liegt natü r lich an dem Wasser, das das Radom überflutet. Sie können auch mit dem Versuch aufhören, die Gebläse und Raketen zu starten, Arielle. Der linke Gebläsepropeller ist gebrochen. Selbst wenn wir uns aus dem Wasser erheben könnten, wü r den wir nicht genug Geschwindigkeit erreichen, um die D ü sen klar zu machen. «
»Was ist mit dem Schiffskörper, Jill? « fragte Karin.
»Im Treibstofftank des linken Flügels ist ein kleines Leck, aber ich lasse durch einen Minizweig dafür sorgen, daß es abgedichtet wird. Keine Anzeichen, daß der für die Lebenserhaltung wesentliche Rumpf gebrochen wäre. «
Richard kam in seinem Schutzanzug nach vorn. Als er Arielle sah, wurde er blaß und ging zurück, um den Kasten für Erste Hilfe zu holen. Der Weihnachtszweig nahm ihm den ab und führte Arielle unter die Dusche, um sie abz u waschen und ihre gerissene Lippe mit einem Neohaut pflaster zu versorgen. Unter dem Pilotensitz kam ein Imp hervor mit einem großen weißen Zahn und einer blutigen Wurzel daran.
Karin öffnete ihren Helm und schnupperte die Luft. Die roch komisch, mit einem ätzenden Hauch von Angst. Der Geruch ließ aber nach, als die Ventilatoren der Klimaanlage wieder ihrer Aufgabe nachkamen, die Elektronik kühl zu halten. Karin und Richard gingen zum Heck, Karin hörte von der Dusche jammernde Töne und bückte sich, um den durchnäßten und blutbefleckten Overall davor aufzuheben. Sie tat ihn in die sonische Waschmaschine, klopfte dann an die schalldichten Türen und sagte David und George, daß es sicher wäre herauszukommen.
Karin war gerade dabei, ihren Helm aufzusetzen, da nahm Richard ihn ihr ab und sagte: »Das mache ich schon. Du und Jill, ihr müßt einen Weg finden, uns hier herauszubringen. «
»Bist du sicher, daß das linke Gebläse kaputt ist? « fragte Karin Jill.
»Beide Gebläse waren in der stärksten Vorwärtsposition, um Geschwindigkeit zu halten, als der linke Flügel einen Wellenkamm traf. Unmittelbar danach wurde der akust i sche Sensor im Antriebswellenschacht des Gebläses überl a stet. Es folgte eine rasche Reaktion des Elektromotors, w o durch der Antriebsstrom gefährlich hochgejagt wurde. Ich habe dann den Motor ausgeschaltet. «
»Dann ist er also blockiert. Ich gehe besser nach draußen und sehe ihn mir einmal an. «
»Obwohl wir noch schwimmen, ist der Ausgang der Luf t schleuse unter Wasser. Ich rate davon ab, hinauszugehen. «
Das ließ Karin einen Moment innehalten. »Richard hat gezeigt, daß unsere Anzüge mit Wasser fertig werden kö n nen. «
»Meine Luftschleuse ist nicht für Flüssigkeiten konstr u iert «, sagte Jill, jetzt in ihrem strengen Ton.
Karin kannte ihren Computer.
»Wenn ich nicht aus der Luftschleuse hinausgehen kann, kann ich das Gebläse nicht reparieren. Die Besatzung wird dann drin bleiben müssen, bis die Lebenserhaltungssysteme aussetzen. Danach werden wir alle sterben. «
Es gab eine Pause. Keine volle Sekunde lang, aber doch einen merklichen Bruchteil davon.
»Die Reinigungssysteme der Luftschleuse können so u m gestellt werden, daß sie auch Flüssigkeiten zu bearbeiten imstande sind «, sagte Jill. »Die Durchlaufzeit wird doppelt so lang sein, weil ich zweimal durchsäubern muß. Einmal mit überhitzter Luft, um alle restlichen Tropfen und Flüssi g keitsfilme verdampfen zu lassen, und dann noch einmal, um vor Öffnung der inneren Tür die Reinheit sicherzustellen. Während der Heißluftphase müssen Sie Ihren Anzug mit voller Kraft kühlen
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