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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Kopf.
    Yvette nickte. »Weißt du denn nicht mehr, dass du mir das einmal gezeigt hast?«
    »Das ist richtig. Du bist ganz schön gerissen.«
    Charmaine war erstaunt und zugleich wütend. »Yvettes Lauschaktion am Samstag war also meine Schuld, aber diesen Vorfall finden Sie großartig, nur weil Sie die Idee dazu geliefert haben. Ist das so?«
    John lachte nur und wandte sich an Yvette. »Ein guter Rat an meine kleine Spionin: Mach ruhig so weiter, aber lass dich nie erwischen! Wenn Paul die Sache mit dem Glas herausfindet, wird er dich zusammen mit den Säufern im Keller des Versammlungshauses einsperren!«
    »Wohin allerdings Sie gehören!«, schimpfte Charmaine.
    »Was soll das denn heißen?«, fragte John.
    »Sie sollten besser nachdenken, bevor Sie den Kindern Ihre miesen Tricks beibringen. Das könnte eines Tages auf Sie zurückfallen.«
    »Das muss ich mir merken!« Mit gespieltem Ernst tat er, als ob er Papier und Feder aus der Tasche zöge und notierte: »Miss Ryan, die absolute Autorität, was Moral und Tugend betrifft, rät mir, mein Tun zu überdenken, sonst …«
    »Sonst was?«, fragte Yvette.
    »Sonst wird Paulie mir eine Abreibung verpassen. Ist das so richtig, Mademoiselle?«
    Charmaine runzelte die Stirn, sagte aber nichts, da ihre Mahnung offenbar nicht auf fruchtbaren Boden gefallen war.
    Als sie auch weiterhin beharrlich schwieg, lachte John leise und verabschiedete sich von den Kindern. Dann wandte er sich zu ihr um, zog die Kappe vom Kopf und presste sie auf sein Herz. »Ich danke Ihnen sehr, dass ich an diesem Picknick teilnehmen durfte, Miss Ryan. Ich bin sicher, dass Sie den Nachmittag ebenso genossen haben wie ich. Doch bitte verlangen Sie nicht, dass ich länger bleibe, als mir das möglich ist.«
    Genossen , fürwahr! Angesichts der absurden Feststellung hätte sie beinahe laut gelacht. Sie seufzte erleichtert, als er sich endlich zum Gehen wandte und auch die Kinder ihn nicht umstimmen konnten. Kaum dass er zwischen den Bäumen verschwunden war, brachen sie ebenfalls auf und machten sich auf den Rückweg.

2
    Samstag, 26. August 1837
     
    Der Tag war noch kaum eine Stunde alt, als Charmaine und die Kinder bereits wieder das Haus verlassen hatten. Spät am Abend hatte George den Kindern verraten, dass Chastity in Kürze ihr Fohlen bekommen würde, und so waren sie schon beim ersten Tageslicht auf den Beinen und bestürmten Charmaine, sie endlich in den Stall zu bringen. Dort konnten sich die Zwillinge vor Freude und Glück kaum beruhigen, doch Pierre war des Spektakels nach einiger Zeit müde.
    Zur Abwechslung ging Charmaine mit dem Kleinen nach draußen, und als sie ihn in großen Kreisen durch die Luft wirbelte, lachte er ausgelassen. Schwindlig und völlig erschöpft sanken sie schließlich ins Gras, und Charmaine herzte den Kleinen und küsste ihn zärtlich auf das Köpfchen. Rasch krabbelte Pierre weg, war blitzschnell wieder auf den Beinchen, strahlte Charmaine an und forderte mit geröteten Wangen: »Noch mal.« Und schon drehte er ihr den Rücken zu und reckte die Ärmchen in die Luft.
    »Aber, Pierre, dir wird nur schlecht werden«, wandte sie schwer atmend ein.
    »Bitte! Nur noch ein Mal!«, bettelte er und sah aus braunen Augen zu ihr empor.
    »Das hast du beim letzten Mal auch gesagt.« Sie stach ihn mit dem Finger in den kleinen Bauch und kitzelte ihn bei jedem Wort. Pierre wand sich und lachte. »Na gut.« Seufzend stand Charmaine auf. »Aber es ist wirklich das letzte Mal, einverstanden?«
    Er zuckte nur die Schultern und legte den Kopf schief, sodass man ihm einfach nichts abschlagen konnte. Lachend drückte Charmaine den Jungen an sich, und dann wirbelte sie ihn erneut herum, dass sein Jauchzen von der Fassade des Hauses widerhallte. Als sie ihn absetzte, neigte er den Kopf zur Seite und sah sie an. Und mit einem Mal schlang er die Arme um Charmaines Beine und drückte sie so fest, wie sie es zuvor mit ihm gemacht hatte.
    Unwillkürlich traten Charmaine die Tränen in die Augen. »Ich liebe dich, mein Kleiner – so sehr!«
    Als sie ihn losließ, erspähte er einen Schmetterling. Sofort hopste er von Blüte zu Blüte hinter ihm her und betrachtete ihn genauer, sobald er sich auf der nächsten Blume niedergelassen hatte. Charmaine sank auf die Wiese, und ihre Blicke folgten dem Jungen bei seinem sorglosen Tun.
    Verdutzt kehrte John in sein Schlafzimmer zurück. Fröhliches Kinderlachen hatte ihn aufgeweckt und auf die Veranda gelockt. Mit angehaltenem Atem hatte er

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