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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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schließlich noch andere Frauen … und äußerst reizvolle und entgegenkommende obendrein …«
    Charmaine fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. »Aber trotzdem waren Sie während der ersten Tage nach Johns Rückkehr wütend auf ihn.«
    Paul schüttelte den Kopf. »Damals hatte er es darauf angelegt, mich zu provozieren. In meiner Wut habe ich vielleicht überreagiert. Ich verstehe allerdings bis heute nicht, warum John die Beziehung mit Colette so weit getrieben hat. Das mache ich ihm zum Vorwurf. Nun gut, er war mit ihr verlobt, und mein Vater hätte sich niemals einmischen dürfen. Aber nachdem er es getan und Colette ihre Wahl getroffen hatte, hätte John die Sache auf sich beruhen lassen müssen. Stattdessen hat er sie gepeinigt. Er hasste meinen Vater so sehr, dass er Colette in diese unmögliche Situation gebracht hat.«
    »Und Colette hatte keinen freien Willen? John hatte alles unter Kontrolle?«
    Paul rieb sich die Stirn. »Nun gut, Charmaine, weder Colette noch John haben mich jemals über Einzelheiten aufgeklärt. Ich weiß nicht, wann ihre Affäre begann und wie lange sie dauerte. Aber ich weiß, dass es John nicht an anderen Möglichkeiten mangelte. Es gab genügend Frauen, die ihm sofort zu Füßen gesunken wären, und zwar bereitwilligst. Er hätte ihnen nur Tag und Uhrzeit nennen müssen. Warum also musste er eine Affäre mit einer verheirateten Frau – ja, schlimmer noch, mit der Frau seines Vaters – beginnen? Er hat meinen Vater tief verletzt, und das nicht nur physisch. Was für ein Gefühl ist das wohl – Hörner aufgesetzt zu bekommen? Und das im eigenen Haus, von seinem eigenen Sohn? Stellen Sie sich nur vor, wie viele Menschen im Haus von dem Skandal wussten.«
    Wer mit dem Schwert lebt, wird durch das Schwert umkommen , dachte Charmaine. »Aber John hat Colette geliebt.« Während sie den Satz sagte, hatte sie den Eindruck, als ob Paul überrascht sei.
    »Dann weiß ich nicht, was Liebe ist. Oder ich habe noch nicht genug geliebt, um zu wissen, ob man darüber den Verstand verlieren kann.«
    Charmaine war zu enttäuscht, um etwas darauf zu erwidern, und so schwiegen sie eine ganze Zeit. Aber dann dachte sie über seine Äußerung nach und begriff zum ersten Mal, weshalb Paul Johns Verhalten so verachtete. Er sah die Sache eher unpersönlich – als ob man eine Frau durch eine andere ersetzen könnte.
    Sie goss ihnen noch Tee ein, weil sie das Gespräch nicht an einem solchen Punkt beenden wollte. »Ihr Vater hat mich nach dem Mittagessen ins Arbeitszimmer rufen lassen.«
    Fragend sah Paul sie an. »Ins Arbeitszimmer?«
    »Ja. Und nach Arbeit sah es dort auch aus. Von heute an will Ihr Vater die Samstage immer mit seinen Töchtern verbringen. Ich habe an diesen Tagen frei«, ergänzte sie und lachte.
    Paul grinste. »Dann werde ich in der Woche wohl noch etwas mehr arbeiten müssen, damit ich an den Samstagen auch frei habe.«
    An diesem Abend nahm Frederic am Dinner der Familie teil, aber trotz aller Mühen wollte es ihm nicht gelingen, gelöst und herzlich zu erscheinen. Auch die Unterhaltung mit den Mädchen verlief recht einsilbig. Mit einem resignierten Lächeln überließ er seine Töchter schließlich ihren trüben Gedanken.
    Bevor die Mahlzeit vorüber war, klagte Yvette über Müdigkeit und Bauchschmerzen und entschuldigte sich. Sie versprach, sofort in ihr Zimmer zu gehen, doch als Charmaine nach oben kam, war das Mädchen nirgendwo zu finden. Offenbar hatte die letzte Woche auch einem so willensstarken Mädchen alles abgefordert.
    Nach kurzer Suche im Haus fand Charmaine das Mädchen drüben im Stall. Sie hockte, das Kätzchen im Arm, in Phantoms Box auf einem Strohhaufen und weinte.
    »Diesmal hat Johnny Phantom mitgenommen, Mademoiselle«, schluchzte sie. »Also kommt er nie mehr zurück. O Gott! Ich will meinen Bruder wiederhaben! Ich will ihn wiederhaben!«
    Charmaine fand nicht den Mut, Yvette Hoffnungen zu machen. Als sie das letzte Mal auf Wunder gehofft hatte, hatte das Schicksal sie verlacht. Sie hatte aufgehört, an Wunder zu glauben. Stattdessen sank sie neben Yvette auf die Knie und zog sie in die Arme, damit sie sich in Ruhe ihren Kummer von der Seele weinen konnte.

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