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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Schild eines Holiday Inn, das sich grell vom Dunkel der New-Hampshire-Nacht absetzte. Er deutete in die Richtung und fragte: »Wie wär’s damit? Heute Abend können wir sowieso nichts mehr machen, und wir sind beide schon viel zu lange auf …«
    Sie nickte. Während ein Teil von ihr die Müdigkeit nicht wahrhaben wollte, verlangte ein anderer, dass sie sich fügte. »In Ordnung.«
    Jeder füllte sein eigenes Meldeformular aus und zahlte mit eigener Kreditkarte, was den Nachtconcierge zu verwundernschien. Als er ihnen die Schlüssel reichte, zog Detective Barren plötzlich das Foto von Douglas Jeffers heraus und hielt es dem Mann unter die Nase.
    »Den schon mal gesehen?«, fragte sie. »Ist der irgendwann in den letzten Wochen hier abgestiegen?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Das Gesicht sagt mir nichts«, erklärte der Mann.
    »Sehen Sie mal in Ihrem Gästeverzeichnis nach«, forderte Martin Jeffers ihn auf. »Unter Douglas Jeffers. Das ist mein Bruder.«
    »Das darf ich nicht …«, wandte der Angestellte ein.
    Detective Barren zückte ihre Marke.
    »Doch, dürfen Sie«, erklärte sie.
    Er warf einen Blick auf die Marke.
    »Wir haben kein Verzeichnis«, sagte er. »Ist alles auf Computer, und die Namen werden jede Woche gelöscht …«
    »Versuchen Sie’s trotzdem«, drängte Martin Jeffers.
    Der Mann nickte und tippte etwas ein.
    »Fehlanzeige«, meinte er.
    »Ist der mit anderen Holiday-Inn-Computern vernetzt?«, frag te Detective Barren.
    »Ja, ist er«, bestätigte der Hotelangestellte. »Allerdings nur mit den drei in dieser Gegend.«
    »Dann versuchen Sie’s da mal«, forderte sie ihn auf.
    »Also«, zögerte er, »ich bin nicht sicher, ob ich weiß, wie das geht, aber ich will’s gern versuchen.« Er betätigte die Tastatur und machte einen klickenden Lärm, indem er eine Reihe Buchstaben- und Ziffernkombinationen ausprobierte. »Hey!«, rief er plötzlich.
    »Der Name!«, schlussfolgerte Martin Jeffers.
    »Nein, nein, nein, tut mir leid«, wehrte der Concierge ab.
    »Ich habe nur rausgefunden, wie’s geht. Jetzt überprüfe ichdie Namen.« Wieder tippte er einige Tasten. »Nicht in den letzten acht Tagen«, erklärte er.
    »Danke, dass Sie’s versucht haben«, meinte Detective Barren. »Steckt der Kerl in Schwierigkeiten?«, wollte der Mann hinter der Theke wissen.
    »Könnte man so sagen«, antwortete Detective Barren. »Aber im Moment gilt er nur als vermisst.«
    Der Mann nickte.
    Martin Jeffers trug ihr die Reisetasche ins Zimmer. Sie ließ es zu, damit er glaubte, es handle sich um harmloses Gepäck. Hätte sie darauf bestanden, es selbst zu tragen, hätte er daraus geschlossen, dass sie darin ihre Waffe aufbewahrte. Wahrscheinlich war es auch so nicht schwer zu erraten. Vielleicht ahnte er aber auch nichts, und sie hatte einen Vorsprung gewahrt.
    An der Tür zu ihren Zimmern sahen sie einander an.
    »Wollen Sie sehen, ob Sie was zu essen finden?«, fragte Martin Jeffers.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Gut.«
    Sie standen schweigend da.
    »Ich muss Ihr Wort haben«, sagte er.
    »Was denn?«
    »Versprechen Sie mir, dass Sie nicht ohne mich losfahren, sobald ich über diese Schwelle trete.«
    Sie musste schmunzeln. Genau das hatte sie befürchtet.
    »Wenn Sie mir dasselbe versprechen.«
    Er nickte. »Dann sind wir uns einig?«
    Auch sie nickte.
    »Was halten Sie davon, um neun zu starten?«, schlug er vor.
    »Und den Empfang um einen Weckanruf zu bitten?«
    »Für acht«, legte sie fest. »Bis dann.«
    Wie auf Kommando öffneten beide ihre Türen und traten in ihre Zimmer. Es war ein seltsames Ballett, bei dem sich die Partner nicht sehen, wohl aber dank der dünnen Wände hören konnten. Sie verharrten beide und horchten angestrengt auf Geräusche von nebenan. Dann postierte sich jeder von ihnen in der Mitte des Zimmers; jeder lauschte misstrauisch auf die Geräusche des anderen, lief noch ein paarmal lautstark und geschäftig hin und her, dann sanken beide in ihre Betten.
     
    Manchester war einmal eine florierende Industriestadt gewesen, die sich immer noch etwas von ihrem rauhen, schweißgetränkten Flair erhalten hatte, und die wuchtigen Fabriken sowie andere Ziegelbauten verschwanden nur zum Teil hinter dem üppigen, spätsommerlichen Grün. Detective Mercedes Barren und Martin Jeffers frühstückten schweigend zusammen, bevor sie sich bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg durch die Stadt begaben. Sie redeten wenig und folgten keinem Plan; sie fuhren einfach durch die Straßen und machten an

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