Der Fotograf
Fastfood-Restaurants, Tankstellen oder Motels halt – überall dort, wo Douglas Jeffers vorbeigekommen oder kurz eingekehrt sein könnte, so dass ihn möglicherweise jemand auf dem Foto wiedererkannte.
Sie bezweifelte allerdings, ob jemand in diesem Fall irgendetwas wusste, was ihnen weiterhalf. Immerhin hatte Martin Jeffers recht, wenn er sagte, dass sie zumindest die grobe Richtung abschätzen konnten, wenn auch nur ein einziger Zeuge bestätigte, dass Douglas da gewesen sei.
Sie war skeptisch. Er war skeptisch. Doch beide räumten sie insgeheim ein, dass sie sich viel besser fühlten, wenn sie etwas unternahmen – selbst wenn es nahezu sinnlos war –, statt dazusitzen und zu warten.
Und beide wünschten sich nur eines: irgendein noch so dürftiges Verbindungsglied, das sie Douglas Jeffers näher brachte. Wenn sie an den gleichen Ort gelangten wie zuvor der Gejagte, so war es, als nähmen sie Witterung auf.
Trotzdem kam sich Detective Barren ein wenig albern vor. Die Erfolgsaussichten, das wusste sie, waren minimal. Andererseits war ihr dieser Teil der Polizeiarbeit nie unangenehm gewesen. Einige Kollegen hassten es, mühselig immer und immer wieder dieselben Fragen zu stellen, um irgendwo im Heuhaufen die Nadel zu finden, statt einfach voranzupreschen. Sie dagegen unterschätzte nicht, wie sehr sie ihren Erfolg genau dieser Hartnäckigkeit verdankte, und ihr machte es nicht das Geringste aus, eine Frage nach der anderen zu stellen.
Bei Martin Jeffers lag der Fall ähnlich; ein Großteil seiner Arbeit bestand darin, unendlich oft dieselben Erinnerungen, dieselben Umstände, dieselben Fakten durchzukauen, bis sie dank seiner schieren Ausdauer ihre unheilvolle Macht verloren.
Es war bereits später Nachmittag, als Jeffers fragte: »Wie wär’s, wenn wir es beim Polizeirevier versuchten? Nur mal sehen, ob er da reingegangen ist?«
»Das hab ich mir für zuletzt aufgehoben«, antwortete sie.
»Wir sind durch«, entgegnete er. »Falls er hier gewesen ist, dann hat er offensichtlich keinen Wirbel gemacht.«
»Ich glaube nicht, dass er hier war«, gab sie zu. »Womit natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass er jederzeit noch auftauchen kann.«
Jeffers nickte.
»Aber ich habe immer noch einen Beruf und Patiententermine, wenn ich nach der achtstündigen Fahrt wieder in New Jersey bin. Wenn Sie noch länger bleiben wollen …«
»Nein«, wehrte sie ab. Wir ziehen das zusammen durch, dachte sie. »Nein, wir bleiben zusammen, bis …«
Er fiel ihr ins Wort: »Bis wir die Sache geklärt haben.«
»Richtig.«
»Gut, dann zum Polizeirevier.«
Martin Jeffers suchte die Adresse des Präsidiums heraus, während Detective Barren das Foto noch einem letzten Tankwart zeigte, einmal mehr ohne Erfolg. Sie ließen sich von dem Mann den Weg beschreiben und fuhren durch eine Reihe deprimierender Straßen, eine so heruntergekommen wie die andere.
Das Polizeipräsidium befand sich im schmutzigsten Teil der Stadt. Detective Barren merkte, dass viele Streifenwagen in der Gegend unterwegs waren, und schloss daraus, dass es nicht mehr weit sein konnte. Auf der linken Seite entdeckte sie ein großes rotes Klinkergebäude.
»Da«, meinte sie und zeigte mit dem Finger darauf.
Martin Jeffers zögerte.
»Das ist es nicht«, erklärte er. »Das ist neu, ich meine, relativ neu. Der Bau, den ich in Erinnerung habe, war alt.«
Er parkte vor dem Gebäude. »Sehen Sie sich den Eckstein an.«
Sie drehte sich um und folgte seinem Blick. ERRICHTET 1973 stand auf dem grauen Stein an der Ecke.
»Gehen wir rein und fragen«, schlug er vor.
Drinnen erstrahlte die moderne, wenn auch schon ein wenig abgenutzte Einrichtung unter der hellen Neonbeleuchtung. Sie wandten sich an einen diensthabenden Sergeant, und Detective Barren zückte ihre Marke. Der Sergeant war ein korpulenter Mann, der wahrscheinlich gerne Innendienst schob und ebenso geübt Konflikten wie einem Straßeneinsatz aus dem Weg ging.
»Miami«, sagte der Mann recht freundlich. »Mein Schwager betreibt in Fort Lauderdale eine Bar. Hab ihn mal besucht, aber zu viel junges Gemüse da unten, wenn Sie mich fragen. Puh. Und heiß! Also, Detective aus Miami, was kann ich für Sie tun? Was hat Manchester, das Sie interessieren könnte?«
Dabei dehnte er den Vokal zu einem so breiten Öhh, dass Detective Barren schmunzeln musste.
»Zweierlei«, antwortete sie. »Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen? Und hat es im Stadtzentrum von Manchester nicht mal eine alte Polizeiwache
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