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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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unterbreche ihn. Was der Senator hat, werde ich nie erfahren.
    »Rufen Sie den Senator an oder wen auch immer und sagen Sie, dass Nicola Sangiorgi in der Lobby ist und darum bittet, hochkommen zu dürfen.«
    Der Name veranlasst ihn dazu, sein Verhalten ein wenig zu ändern. Allerdings besteht immer noch die Möglichkeit, dass es sich um eine banale Namensgleichheit handelt, und dagegen möchte er sich absichern.
    »Sind Sie mit dem Senator verwandt?«
    »Allerdings.«
    Dann lasse ich im Kopf eine Zeit von mehr als zehn Jahren verstreichen.
    »Ich bin sein Sohn.«
    Es ist eine Ewigkeit her, dass ich diese Worte zuletzt ausgesprochen habe. In meinen Ohren fallen sie mit einem dumpfen Knall auf eine Marmorplatte. Ich glaube, auch in denen des Rezeptionisten, denn er schaut mich plötzlich anders an.
    »Würden Sie mich bitte einen Augenblick entschuldigen?«
    »Natürlich.«
    Er begibt sich ans andere Ende des Tresens. Dort nimmt er einen Hörer, wählt eine interne Nummer und spricht mit jemandem. Es muss eine wichtige Person sein, denn er nickt ständig ergeben mit dem Kopf.
    Als er zurückkehrt, ist sein Benehmen ausnehmend höflich.
    »Würden Sie so freundlich sein und hier warten, Signor Sangiorgi?«
    »Aber natürlich bin ich so freundlich, hier zu warten.«
    Vermutlich ist er so mit seinen guten Manieren beschäftigt, dass er nicht einmal merkt, dass ich mich über ihn lustig mache. Ich trete ein paar Schritte zurück. In der Luft liegt ein angenehmer Duft, die Wärme des Samts überall, der üppige Prunk der Vergoldungen. Trotzdem spürt man auch hier dieses Gefühl des Provisorischen, das kein Hotel, nicht einmal das schönste der Welt, zu kaschieren vermag. In was für einem Stoff auch immer man schläft, auf was für einem Holz auch immer man sitzt, wie teuer auch immer der Champagner, den man trinkt, oder die Frau, die man einlädt, ein Hotelzimmer bleibt stets ein Hotelzimmer.
    Ein Typ mittleren Alters, nicht sehr groß, graumeliertes Haar, angegrauter Bart und brauner Anzug
    Gott, wie ich Braun hasse
    taucht hinter einer Säule auf und lässt den Blick schweifen. Er sieht mich und kommt in meine Richtung. Eine Gruppe Ausländer, die soeben das Hotel verlassen wollen, laufen ihm in den Weg, und er lässt ihnen den Vortritt. Die Frauen tragen Abendkleid, die Herren Smoking. Vielleicht gehen sie in die Scala, was weiß ich. Ich hätte Lust, sie alle mit Scheiße zu bewerfen, so lange, dass hinterher alles braun ist, selbst das Gesicht dieses Typen, der jetzt auf mich zukommt.
    Als er vor mir steht, muss er den Kopf heben, um mich anzuschauen. Zu passen scheint ihm das nicht.
    Er spricht mit sizilianischem Akzent, und ich bin es schon lange nicht mehr gewöhnt, meinen Namen so ausgesprochen zu hören.
    »Sind Sie Nicola Sangiorgi?«
    »Höchstpersönlich.«
    Er streckt mir die Hand hin.
    »Sehr erfreut. Ich bin Enrico Della Donna. Der Senator, Ihr Vater, ehrt mich mit seinem Vertrauen.«
    Er könnte auch sagen: Ich bin sein Sekretär und lecke ihm den Hintern, wann immer er will.
    Ich erwidere den Händedruck ohne jede Begeisterung. Fast bin ich mir sicher, dass die Begeisterung auf seiner Seite noch sparsamer ausfällt.
    »Sie haben sich verändert, im Vergleich zu den Fotos, die ich im Hause Ihres Vaters gesehen habe. Sie sind reifer geworden, ein richtiger Mann.«
    Diese Feststellung scheint mir nach keiner Antwort zu verlangen. In jedem Fall würde ich ihm auch keine geben.
    »Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Ich will ihm folgen. Also tue ich es.
    Della Donna geht mir voraus durch einen mit Teppichboden weich ausgepolsterten Flur. Die Tapeten sind farblich auf den Boden abgestimmt und glänzen.
    Sein Schritt ist der eines Sklaven. Meiner ist der ruhige eines Flüchtlings, der keine Angst mehr hat.
    »Von dem Herrn Senator habe ich gehört, dass Sie in Lateinamerika arbeiten. Es ist immer lobenswert, wenn sich jemand aus eigener Kraft bewährt. Nicht viele Menschen in Ihrer Situation haben den Mut, den schwierigsten Weg zu wählen.«
    Wir erreichen das Ende des Flurs. Der Herr, den der Senator, mein Vater, mit seinem Vertrauen ehrt, führt nun eine seiner wichtigsten Aufgaben aus. Er drückt auf den Fahrstuhlknopf.
    Und redet weiter.
    »Sie sind vermutlich nach Italien zurückgekehrt, weil Sie erfahren haben, was für ein Unglück Ihrem Onkel zugestoßen ist. Wirklich eine schreckliche Geschichte. Wir sind hier in Mailand geblieben, um darauf zu warten, dass die Behörden den Weg für die Beerdigung

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