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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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freigeben. Hätten Sie Bescheid gesagt, hätte ich verfügt, dass man Sie mit dem Wagen vom Flughafen abholt.«
    Ich weiß nicht, wie viel er über mich und meine Geschichte weiß, weil ich nicht weiß, wie weit das Vertrauen geht, mit dem man ihn ehrt. Die Logik seiner Worte scheint hier und da wenig wasserdicht, aber es gibt auch keinen anderen Menschen auf der Welt, der so sehr bereit ist, an alles zu glauben, was man ihm vorsetzt, wie der Aktentaschenträger eines Politikers.
    Wir betreten den Aufzug, und sofort senkt sich wegen des sonderbaren Ritus, der in sämtlichen Aufzügen des Planeten zelebriert wird, Schweigen herab. Die Wände sind aus Holz, die dunkleren Leisten dazwischen scheinen aus Wurzelholz zu sein. Gegenüber von der Tür hängt ein Spiegel, der die Abbilder der Passanten empfängt und begrüßt.
    Die Kabine bleibt auf dem angeforderten Stockwerk stehen.
    Della Donna tritt hinaus, um mir voranzugehen.
    Ich bleibe drinnen und hebe entschuldigend die Hand.
    »Einen Moment bitte.«
    »Bitte sehr.«
    Ich stecke die Hand in die Tasche und ziehe einen Schlüsselbund heraus.
    Ich wähle den spitzesten Schlüssel aus.
    In Seelenruhe und mit sicherer Hand ritze ich zwei Sprüche in das glänzende Holz.
    Luca ist ein Arsch.
Mary ist eine Nutte.
     
    Wer das liest, muss auf die Aussage vertrauen, denn an die zugehörigen Telefonnummern erinnere ich mich nicht mehr.
    Della Donna gibt keinen Kommentar ab. Sicher tut er es in seinem Kopf. Das steht ihm frei, das kostet schließlich nichts. Würde man alle einsperren wollen, die mal davon geträumt haben, jemanden umzubringen, müsste man den gesamten Stiefel in ein Gefängnis verwandeln.
    Wir schreiten den Korridor entlang, bis wir an eine Tür ohne Nummer gelangen. Bei Suiten ist das so üblich. Der Mann klopft diskret an und wartet nicht auf eine Antwort aus dem Inneren. Er öffnet die Tür und lässt mich eintreten. Leise und diskret schließt sich die Tür wieder.
    Mein Vater steht mitten im Zimmer.
    Er ist groß, aufrecht, unbeugsam. Ich habe jemanden vor mir, der mein Ebenbild sein könnte, wenn ich sein Alter hätte. Die schwarzen Augen mustern mich ohne jede Neugier, dieselbe Neugier, die auch mir abgeht. Ich müsste etwas empfinden, Erinnerungen haben, Bilder vorbeiziehen sehen. Ich müsste ihm eine Hand hinhalten oder in die Hand spucken, die er mir hinhält, wenn er es denn täte. Tatsächlich spüre ich nichts. Ich habe in den letzten Tagen zu viel Blut gesehen, um noch den Ruf des Blutes zu spüren. Dies ist nicht eine Begegnung zwischen einem Vater und einem Sohn. Es ist lediglich die Zusammenführung zweier Personen, die sich früher oder später wiederbegegnen mussten.
    Uns trennen wenige Meter, aber eine gewaltige Distanz.
    Sein Ton ist wie immer. Er fragt nicht. Er verlangt zu erfahren.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Versucht Ihr mir weiszumachen, dass Euch das interessiert?«
    Ich habe mit sizilianischem Akzent gesprochen und ihn mit Ihr angeredet, so wie er angeblich früher seinen Vater. Keine Reaktion. Er kommt näher. Irgendwann ist er nur noch einen Schritt von mir entfernt. Die Ohrfeige erfolgt ohne Vorwarnung und trifft meine gesamte Wange. Aber ich bin kein Junge mehr. Es tut nicht mehr weh.
    Ich hebe den Kopf, und schließlich lächele ich.
    »Es ist ziemlich leicht, sich zu verstecken, wenn einen niemand sucht.«
    Senator Amedeo Sangiorgi verliert nicht die Fassung. Sein Verhalten hat sich nicht verändert. Sein Ton ist gleichbleibend fest. Er fordert immer noch zu wissen.
    »Warum bist du gegangen?«
    »Weil ich Angst hatte.«
    »Vor wem?«
    »Vor allem. Besonders vor dir.«
    Er hört meine Worte, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Als wäre es einer der vielen haltlosen Einwände, die im Parlament von den Oppositionsmitgliedern vorgebracht wurden. Er geht zu einem Tischchen, auf dem ein Kübel mit einer Flasche Mineralwasser steht. Nachdem er sich eingeschenkt hat, trinkt er und stellt das Glas dann vorsichtig auf die Holzfläche zurück, als wäre er von ihrer Belastbarkeit nicht ganz überzeugt.
    »Daraus ergibt sich eine logische Frage. Warum bist du zurückgekommen?«
    »Ich bin zurückgekommen, um mit dir über das Chaos und den Zufall zu reden.«
    Als er zu mir aufschaut, steht ein Fragezeichen in seinen Augen. Neugier ist es immer noch nicht. Er fragt sich lediglich, ob sein Sohn vielleicht den Verstand verloren hat. Dann rührt er sich und begibt sich zu einer karmesinroten Samtcouch. Er breitet die Arme aus und legte sie

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