Der Frauenkrieg
drohenden, wütenden Ausdruck.
»Oh! sie sind wahre Narren in Eurer Stadt,« sagte Canolles, indem er noch zu lächeln versuchte; »bin ich denn seit einer Stunde ein Gegenstand des Mitleids oder des Hasses geworden, daß mich die einen beklagen und die andern bedrohen?«
»Oh, mein Herr,« antwortete der Sergeant, »die, welche Euch beklagen, haben nicht unrecht, und die, welche Euch bedrohen, könnten wohl recht haben.«
»Wenn ich nur wenigstens verstände ...«
»Ihr werdet sogleich verstehen,« erwiderte der Sergeant.
Man langte vor dem Tore des Gefängnisses an und ließ Canolles mitten unter dem Volke, das sich zu versammeln anfing, aussteigen. Nur hieß man ihn, statt ihn in sein gewöhnliches Zimmer zu führen, in einen mit Wachen gefüllten Kerker hinabgehen.
»Ich muß doch am Ende erfahren, woran ich mich zu halten habe,« sagte Canolles zu sich selbst.
Er zog daher zwei Louisdor aus der Tasche, näherte sich einem Soldaten und drückte sie ihm in die Hand.
»Nimm, mein Freund,« sagte Canolles, als er nichts annehmen wollte, zu ihm, »denn die Frage, die ich an dich richten will, kann dich in keiner Beziehung gefährden.«
»So sprecht, Kommandant,« erwiderte der Soldat und steckte vorläufig die zwei Louisdor in die Tasche.
»Nun, ich möchte gern die Ursache meiner plötzlichen Verhaftung erfahren.«
»Wißt Ihr denn nichts von dem Tode des armen Herrn Richon?«
»Richon ist tot!« rief Canolles und stieß einen Schrei des tiefsten Schmerzes aus, denn man erinnert sich, daß sie eine innige Freundschaft verband. »Mein Gott! Ist er erschossen worden?«
»Nein, mein Kommandant, man hat ihn gehängt.«
»Gehängt!« murmelte Canolles erbleichend und die Hände faltend; und er schaute seine düstere Umgebung und die wilde Miene seiner Wächter an und fügte hinzu: »Gehängt! Teufel! das könnte wohl meine Heirat auf unbestimmte Zeit vertagen!«
Sechzehntes Kapitel
Frau von Cambes hatte ihre Toilette, eine einfache, reizende Toilette, beendigt; sie warf eine Art von Mantel über ihre Schultern und machte Pompée ein Zeichen, ihr voranzugehen: es war beinahe Nacht, und da sie zu Fuße weniger bemerkt zu werden glaubte, als in einer Karosse, hatte sie Befehl gegeben, ihren Wagen am Ausgang der Karmeliterkirche in der Nähe einer Kapelle warten zu lassen, in der sie getraut werden sollte. Pompée stieg die Treppe hinab, und die Vicomtesse folgte ihm.
Unten an der Treppe, als die Vicomtesse an dem Saale hinschritt, in dem ein gewaltiger Lärm herrschte, begegnete sie Frau von Tourville, die den Herzog von Larochefoucault, sich eifrig mit ihm besprechend, nach dem Kabinett der Prinzessin fortzog.
»Oh! ich bitte, Madame, nur ein Wort,« sagte sie: »was hat man beschlossen?«
»Mein Plan ist angenommen,« rief Frau von Tourville triumphierend.
»Und worin bestand Euer Plan, Madame? ich kenne ihn nicht.«
»Die Repressalien, meine Liebe, die Repressalien!«
»Verzeiht, Madame, aber ich bin unglücklicherweise nicht so mit den Kriegsausdrücken vertraut, wie Ihr; was versteht Ihr unter Repressalien?« – »Das ist ganz einfach, liebes Kind.«
»So erklärt Euch doch.«
»Nicht wahr, sie haben einen Offizier der Herren Prinzen gehängt?« – »Ja; nun?«
»Nun, wir wollen in Bordeaux einen Offizier der königlichen Armee suchen und ihn ebenfalls aufhängen.«
»Großer Gott!« rief Frau von Cambes erschrocken, »was sagt Ihr da, Madame?«
»Herr Herzog,« fuhr die Witwe fort, ohne daß es schien, als bemerkte sie Claires Schrecken, »hat man nicht bereits den Gouverneur verhaftet, der auf Saint-George kommandierte?«
»Ja, Madame,« antwortete der Herzog.
»Herr von Canolles ist verhaftet?« rief Claire.
»Ja, Madame,« erwiderte der Herzog mit kaltem Tone; »Canolles ist verhaftet oder wird es werden; der Befehl ist in meiner Gegenwart gegeben worden, und ich habe die mit der Ausführung beauftragten Leute abgehen sehen.«
»Man wußte also, wo er war?« fragte Claire mit einer letzten Hoffnung.
»Er war in dem kleinen Hause unseres Wirtes, des Herrn Präsidenten Lalasne, wo er, wie man mir sagt, mit großem Erfolg das Ringspiel betrieb.« Claire stieß einen Schrei aus; Frau von Tourville wandte sich erstaunt um; der Herzog schaute die junge Frau mit unmerklichem Lächeln an.
»Herr von Canolles ist verhaftet!« sagte die Vicomtesse; »mein Gott, was hat er denn getan, was hat er mit dem furchtbaren Ereignis zu tun, das uns trostlos macht?«
»Was er damit zu tun
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