Der Frauenkrieg
Jaulnay verhaftet hat, nunmehr Gouverneur der Insel Saint-George ist?« – »Ich habe die vollkommene Gewißheit.«
»Herr von Mazarin hat eine eigene Art, seine Gouverneure in ihre Gouvernements zu führen,« sagte Frau von Cambes.
»Ja,« meinte die Prinzessin, »dahinter steckt sicher etwas.«
»Allerdings,« erwiderte Lenet, »Fräulein Nanon von Lartigues.«
»Nanon von Lartigues,« rief die Vicomtesse von Cambes, der eine furchtbare Erinnerung das Herz zerriß.
»Diese Dirne!« sagte die Prinzessin verächtlich.
»Ja, Madame.« antwortete Lenet. »Das Mädchen, das Eure Hoheit zu sehen sich weigerte, als es sich um die Gunst, vorgestellt zu werden, bewarb, und das die Königin, in den Gesetzen der Etikette weniger streng als Ihr, empfangen hatte, weshalb das Mädchen Eurem Kammerherrn antwortete, die Frau Prinzessin von Condé sei vielleicht eine größere Dame als Anna von Österreich, aber Anna von Österreich besitze sicher mehr Klugheit, als die Prinzessin von Condé.«
»Ihr hättet sie vielleicht an der Stelle Ihrer Hoheit ehrfurchtsvoll empfangen?« sagte Frau von Tourville mit spitzigem Tone.
»Nein, Madame,« erwiderte dieser, »ich hätte sie lachend empfangen und würde sie erkauft haben.«
»Wenn es sich nur darum handelt, sie zu erkaufen, so ist es immer noch Zeit.«
»Es ist allerdings immer noch Zeit; nur wird es zu dieser Stunde für unsere Börse zu teuer sein.«
»Wieviel kostet sie?« fragte die Prinzessin.
»Fünfmalhunderttausend Livres vor dem Kriege.«
»Aber jetzt?« – »Eine Million.«»Um diesen Preis würde ich Herrn von Mazarin erkaufen.«
»Wohl möglich,« sagte Lenet; »die Waren sinken manchmal im Laufe der Dinge im Preise.«
»Aber, wenn man sie nicht erkaufen kann, so muß man sie festnehmen,« sagte Frau von Tourville, die stets für die gewaltsamen Mittel war.
»Madame, Ihr würdet damit Ihrer Hoheit einen wahren Dienst erweisen, aber es wird schwer zu erreichen sein, da man gar nicht weiß, wo sie ist. Doch, wir wollen zuerst in Bordeaux einziehen, später werden wir auch nach der Insel Saint-George gelangen.«
»Nein, nein,« rief Claire, »ziehen wir zuerst nach der Insel Saint-George.«
Dieser aus der Tiefe des Herzens quellende Ausruf ließ die Frauen sich nach ihr umwenden, während Lenet Claire so aufmerksam, wie vorher Herr von Larochefoucault, aber mit mehr Wohlwollen anschaute.
»Bist du denn toll?« rief die Prinzessin, »du hörst doch, daß Lenet sagt, der Platz sei uneinnehmbar.«
»Das ist möglich,« entgegnete Claire, »aber ich glaube doch, daß wir ihn nehmen werden. Laßt mich nur das Abenteuer versuchen. Scheitere ich, so versucht es auf Eure Weise.«
»Wie!« rief die Prinzessin erstaunt, »du willst nach der Insel Saint-George gehen?« – »Ich gehe.«
»Allein?« – »In Begleitung von Pompée.«
»Und du fürchtest dich nicht?« – »Ich gehe als Parlamentär, wenn Eure Hoheit die Gnade haben will, mir ihre Instruktionen zu übergeben.«
»Oh! das ist neu,« rief Frau von Tourville; ich wußte nicht, daß man sich so schnell zum Diplomaten modeln kann.«
»Wie unzulänglich ich auch sein mag, Madame,« antwortete Claire, »so werde ich es doch versuchen, wenn es mir die Frau Prinzessin erlauben will.«»Sicher wird es Euch die Frau Prinzessin erlauben,« sagte Lenet, der Prinzessin einen Blick zuwerfend, »und ich bin sogar überzeugt, daß, wenn es auf der Welt eine Person gibt, die bei einer solchen Unterhandlung durchzudringen vermag, Ihr dies seid...«
»Und was wird denn die Frau Vicomtesse tun, was ein anderer nicht zu tun vermöchte?« – »Sie wird mit Herrn von Canolles verhandeln, was ein Mann nicht tun würde, ohne zum Fenster hinausgeworfen zu werden.«
»Ein Mann, das mag sein,« versetzte Frau von Tourville, »aber eine Frau...«
»Geht eine Frau nach der Insel Saint-George,« sagte Lenet, »so ist es besser, wenn es die Frau Vicomtesse unternimmt, da sie zuerst den Gedanken gehabt hat.«
In diesem Augenblick trat ein Bote bei der Frau Prinzessin ein, der einen Brief vom Parlament von Bordeaux überbrachte.
»Ah!« rief die Prinzessin, »ohne Zweifel die Antwort auf meine Frage.«
Die beiden Frauen näherten sich, neugierig und teilnahmsvoll. Lenet aber blieb mit seinem gewöhnlichen Phlegma an seinem Platze; ohne Zweifel wußte er bereits, was der Brief enthielt.
Die Prinzessin las mit gierigen Blicken.
»Sie fordern mich, sie rufen mich, sie erwarten mich!« rief sie.
»Ah!« rief Frau von
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