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Der Frauenmörder

Der Frauenmörder

Titel: Der Frauenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Bettauer
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erscheinen konnte. Und nun liegt er seit einem Jahr unbeweglich beim Kommissionär, kaum daß von den fünftausend gedruckten Exemplaren dreihundert gekauft wurden. Und auch die kann der unglückliche Sortimenter, der sich auf fünfundzwanzig Stück eingelassen hat, wahrscheinlich nicht anbringen. Denn wer soll für ein Buch in solcher Ausstattung, dessen Autor unbekannt ist, einen verhältnismäßig großen Betrag ausgeben?"
    Krause nickte. "Pech, entschiedenes Pech! Denn der Roman ist ein Meisterwerk, darüber läßt sich nicht streiten. Spielt Selbsterlebtes dabei mit, wenn die Frage erlaubt ist?"
    Hartwigs Gesicht wurde hart und abweisend. "Der Ehekampf im Elternhause, das Unglück meiner einzigen Schwester, die sich das Leben nahm, weil sie die Fessel nicht länger ertragen wollte, schlechte Ehen meiner Freunde — das ist mir genug Erlebnis."
    "Also werden Sie wohl zu den ewigen Junggesellen gehören?"
    "Ich? Durchaus nicht! Ich wollte, ich könnte recht bald — aber, wenn Sie mein Buch gut gelesen haben, so müssen Sie doch wissen, daß ich kein Feind der Ehe an sich, sondern nur ein Feind der Ehe, wie sie geworden ist, bin! Ein freies Zusammenleben mit voller Achtung der gegenseitigen Unabhängigkeit, Zusammenleben, aber nicht Aneinanderkleben, nicht, mein Mann', sondern 'mein Gefährte', nicht, 'meine Frau', sondern 'meine Freundin' — unter solchen Bedingungen könnte auch eine Ehe zwischen harmonischen, abgeklärten Menschen glücklich sein."
    "Fräulein Fröhlich hat mir von einem Schauspiel erzählt, das Sie geschrieben haben?" Hartwig errötete über und über. "Hat die Gute auch darüber gesprochen? Wenn es Sie interessiert, werde ich Ihnen gelegentlich eine Abschrift geben. Das Original liegt derzeit am Kleist-Theater. Das vierte, dem ich es eingereicht habe. Natürlich wird es auch der Direktor des Kleist-Theaters, Herr Hohlbaum, genau so wenig lesen wie die anderen. Im Volkstheater lag das Stück vier Monate; als ich drängte und persönlich vorsprach, lobte der Direktor das Stück über den grünen Klee und erklärte, es unbedingt in zwei oder drei Jahren aufführen zu wollen. Nur hatte, wie ich sofort erkannte, der Kerl mein Stück noch gar nicht gelesen, sondern meinte ein ganz anderes. Hätte ich genügend Geld, so würde ich das Stück, es heißt 'Drei Menschen', auf meine Kosten irgendwo in einem besseren Provinztheater herausbringen lassen. Na, vielleicht wird sich das machen lassen!"
    Krause wurde schwankend, kannte sich nicht aus, Mitleid, Sympathie, Grauen durchströmten ihn. Motiv zur ruchlosen Tat der Auslöschung von fünf Menschenleben? Ehrgeiz, Geltungssucht, Drang zu werden um jeden Preis. Machen es Feldherren anders? Und doch — so geht es nicht! Keine Sentimentalität, sondern Rächer sein, wie es im angenommenen Namen liegt.
    Und nun zugreifen!
    "Herr Hartwig, in einem Ihrer Feuilletons, noch stärker aber in Ihrem prachtvollen Roman deuten Sie verwegenes Denken an. Das Recht des Wertvollen, über der Menge Stehenden, sich durchzusetzen. Um jeden Preis, auch über Leichen hinweg. Ist das nicht rein persönlich gedacht? Sie sind ein Seltener, Wertvoller. Und in Gefahr, zugrunde zu gehen, weil Ihnen zu viel des Minderwertigen und Widerwärtigen entgegensteht. Sie sind einer, der an Wert sicher Legionen Unzulänglicher, Belangloser aufwiegt. Wären Sie imstande, aus solchem Bewußtsein die Konsequenzen zu ziehen? Sagen wir zum Beispiel, Menschen umzubringen, wertlose, lächerlich überflüssige Menschen, weil deren Tod Ihnen materielle Vorteile brächte?"
    Hartwig verfärbte sich. Ein tückischer, hilfloser Zug trat in sein hübsches, offenes Gesicht, er schielte und die Augen flackerten unruhig.
    "Ich verstehe nicht recht, was Sie da meinen," kam es stoßweise, gekeucht heraus.
    "Sie verstehen mich nicht, Herr Hartwig? Nun, ich meine, ob Sie sich wirklich das Recht, das höhere, sittliche Recht zusprechen, fünf oder vielleicht mehr arme, dumme Frauen umzubringen, um Ihr Drama in der Provinz aufführen lassen zu können?"
    Hartwig sprang auf, umklammerte die Stuhllehne, stierte Krause an, heiser kam es aus seiner Kehle:
    "Was soll — wer sind Sie — was bedeutet —"
    "Das bedeutet, daß ich Sie verhaften muß Herr Hartwig, obwohl mir Ihr Roman wirklich ganz außerordentlich gefallen hat und ich wirklich nicht genau weiß, ob nicht am Ende Ihr Drama wertvoller ist als die fünf Mädchen, die Sie an sich gelockt, ermordet und beraubt haben!"
    Totenstille! Zwei Männer standen

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