Der Frauenmörder
brünett, mittelgroß, wie man sagt, hübsch und habe nebst schöner Aussteuer auch Vermögen in der Höhe von 20.000 Mark, über die ich jederzeit verfügen kann. Da ich ohnedies im Begriff bin, nach Berlin zu fahren, so könnten wir uns bald treffen und dann sehen, ob wir zu einander passen. Bitte mir unter "Lebensglück 24", postlagernd Dorotheerstraße nach Berlin zu schreiben.
Und ähnlich, ganz ähnlich, wenn auch in anderer Schrift und mit anderen Redewendungen schrieb die Möller und die Müller und die Cohen. Sie alle betonten das Alleinstehen, waren überzeugt davon, daß — behaupteten, wie man sagt, hübsch zu sein, sprachen von zehntausend oder zwölftausend oder noch weniger Mark, von Aussteuer und Ersparnissen, von Sehnsucht und Willen zur Treue und zum Glück.
Tiefatmend lehnte sich Krause zurück, bedeckte die Stirne mit der Hand, lächelte sein schiefstes. hämischestes Lächeln, sprang dann auf, steckte die fünf verräterischen Briefe in die Brusttasche, brachte den Schreibtisch in tadellose Ordnung und zog sich leise mit seiner Beute in sein Zimmer zurück, nachdem er die Wohnungstüre wieder aufgesperrt.
Im Zimmer der Frau Armbruster aber ging er mit langen Schritten auf und ab, blieb von Zeit zu Zeit beim Fenster, wenn man die Öffnung in den finsteren Hof Fenster nennen konnte, stehen, betrachtete diesen oder jenen Brief von neuem, schnitt Grimassen, entwickelte unerhörte und überraschende Falten im Gesicht, versank minutenlang in tiefes Brüten, um dann wieder auf und ab zu stelzen.
Bis er hörte, wie draußen die Wohnungstüre mit dem Drücker geöffnet wurde, Männerschritte im Vorraum laut wurden, um im Zimmer des Herrn Hartwig zu verhallen.
Krause wartete eine Minute, nahm dann Hut und Stock, schlich lautlos hinaus, verließ die Wohnung, wartete auf dem Korridor wieder einen Augenblick, zog die Klingel und sagte, bevor noch Herr Hartwig ihm öffnete, in sich hinein:
Das Spiel kann beginnen! — —
Unterhaltung mit einem Mörder
" I st Herr Thomas Hartwig zu Hause?"
"Bin ich selbst. Mit wem habe ich das Vergnügen?"
"Mein Name ist Recher, verzeihen Sie, wenn ich störe, aber —"
"Oh, Herr Recher! Ich bin ja auf Ihren Besuch vorbereitet, da ich heute mittag zufällig mit Fräulein Fröhlich zusammengetroffen bin. Bitte nur näher zu treten."
Platzanweisung, Zigarettenangebot, das dankend angenommen wird.
"Fräulein Fröhlich hat mir erzählt, daß Sie sich für meine Arbeiten interessieren. Kommt selten vor und ist daher um so schmeichelhafter! Und meinen Roman hat die Dame Ihnen auch angehängt. Na, lesen müssen Sie ihn ja nicht, beim Antiquar werden Sie aber keine zehn Pfennige für ihn bekommen."
Herr Hartwig lachte hell und fröhlich und nicht nur sein Mund lachte, sondern auch seine blauen, kindhaft anmutenden Augen hinter dem Kneifer. Herr Krause aber lachte wesentlich weniger frei, sondern etwas gezwungen mit.
"Übrigens, Herr Recher, irgendwo muß ich Sie schon gesehen haben!"
"Jawohl, auch Sie kommen mir bekannt vor. Halt, sind wir nicht gestern, jeder ein schreiendes Kind auf dem Arm, einander in der Elsässerstraße gegenübergestanden?"
"Richtig, das war es!" Und beide Männer lachten wieder und kamen so sehr gut über die erste Verlegenheit hinweg.
"Ihr Buch hat mich so gefesselt, Herr Hartwig, daß ich es in einem Atemzug gelesen und darüber mein Mittagessen vergessen habe. Diese zwingende Logik, mit der Sie das schwierigste aller Probleme, das Eheproblem, entrollen, die Kühnheit, Hand an Wunden zu legen, die jedermann schmerzen und die jedermann verleugnet, die glänzende Milieuschilderung, die reine, schöne Sprache — alle Achtung! Ich muß nur staunen, daß nicht einer der ganz großen deutschen Verleger das Werk an sich gerissen hat."
Um Hartwigs Lippen zuckte es.
"An sich gerissen, ist gut! Ein Jahr lang ist das Manuskript von einem Verleger zum anderen gewandert, immer bekam ich es mit gleichgültigen Phrasen zurück, glaube nicht, daß einer der vielbeschäftigten Herren Lektoren es auch nur durchgeblättert hat. Schließlich lernte ich durch Zufall die Brüder Merker in Braunschweig kennen, die dort einen kleinen Fachverlag betreiben. Und da beide viel Unglück in ihren Ehen gehabt, so begeisterten sie sich für meinen Roman und nahmen ihn. Aber sie hatten nicht genug Geld, um die enormen Druck- und Papierkosten allein zu tragen, ich mußte den kleinen Rest meines väterlichen Erbteils opfern, damit der Roman in schäbiger Gewandung
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