Der Fremde (German Edition)
aufgekrempelt hatte. Als sie gelacht hat, bekam ich wieder Lust auf sie. Kurz darauf hat sie mich gefragt, ob ich sie liebte. Ich habe geantwortet, dass das nichts hieße, dass es mir aber nicht so schiene. Sie hat traurig ausgesehen. Aber während des Kochens und wegen nichts hat sie wieder so gelacht, dass ich sie geküsst habe. Genau in dem Moment ist bei Raymond ein lautstarker Streit ausgebrochen.
Man hat zuerst eine schrille Frauenstimme gehört und dann Raymond, der sagte: «Du hast mich beleidigt, du hast mich beleidigt. Ich werd dir zeigen, mich zu beleidigen.» Ein paar dumpfe Geräusche, und die Frau hat geheult, aber so schrecklich, dass der Treppenabsatz sofort voller Leute war. Marie und ich sind auch hinausgegangen. Die Frau schrie immer noch, und Raymond schlug immer noch. Marie hat zu mir gesagt, das wäre schrecklich, und ich habe nichts geantwortet. Sie hat mich gebeten, einen Polizisten zu holen, aber ich habe gesagt, dass ich Polizisten nicht mag. Trotzdem ist einer mit dem Mieter aus dem zweiten Stock gekommen, der Klempner ist. Er hat an die Tür geklopft, und man hat nichts gehört. Er hat lauter geklopft, und nach einer Weile hat die Frau geweint, und Raymond hat aufgemacht. Er hatte eine Zigarette im Mund und eine zuckersüße Miene. Das Mädchen ist zur Tür gestürzt und hat dem Polizisten erklärt, Raymond hätte sie geschlagen. «Dein Name», hat der Polizist gesagt. Raymond hat geantwortet. «Nimm die Zigarette aus dem Mund, wenn du mit mir sprichst», hat der Polizist gesagt. Raymond hat gezögert, hat mich angesehen und an seiner Zigarette gezogen. Da hat der Polizist ihm mit voller Wucht eine saftige, feste Ohrfeige mitten auf die Wange gegeben. Die Zigarette ist ein paar Meter weiter zu Boden gefallen. Raymond hat die Farbe gewechselt, aber zuerst einmal hat er nichts gesagt, und dann hat er unterwürfig gefragt, ob er seine Kippe aufheben dürfte. Der Polizist hat erklärt, er dürfte, und hat hinzugefügt: «Aber beim nächsten Mal weißt du, dass ein Polizist kein Hanswurst ist.» Währenddessen weinte das Mädchen, und es hat wiederholt: «Er hat mich verprügelt. Das ist ein Zuhälter.» – «Herr Polizist», hat Raymond da gefragt, «ist das denn gesetzlich erlaubt, Zuhälter zu einem Mann zu sagen?» Aber der Polizist hat ihm befohlen, «die Schnauze zu halten». Raymond hat sich dann zu dem Mädchen umgedreht und hat gesagt: «Warte nur, Kleine, wir sehen uns wieder.» Der Polizist hat «Schnauze» zu ihm gesagt, dass das Mädchen gehen und er in seinem Zimmer bleiben sollte, bis er auf das Kommissariat vorgeladen würde. Er hat hinzugefügt, Raymond sollte sich schämen, so besoffen zu sein, dass er dermaßen zitterte. Da hat Raymond ihm erklärt: «Ich bin nicht besoffen, Herr Polizist. Bloß, ich stehe hier vor Ihnen, und ich zittere, das ist unvermeidlich.» Er hat seine Tür zugemacht, und alle Leute sind gegangen. Marie und ich haben das Mittagessen fertig zubereitet. Aber sie hatte keinen Hunger, ich habe fast alles allein gegessen. Sie ist um ein Uhr gegangen, und ich habe ein bisschen geschlafen.
Gegen drei Uhr hat es an meiner Tür geklopft, und Raymond ist hereingekommen. Ich bin liegen geblieben. Er hat sich auf meine Bettkante gesetzt. Er hat eine Weile ohne zu reden dagesessen, und ich habe ihn gefragt, wie seine Sache gelaufen wäre. Er hat mir erzählt, er hätte getan, was er wollte, dass sie ihm aber eine Ohrfeige gegeben und er sie dann geschlagen hätte. Das Übrige hätte ich ja gesehen. Ich habe gesagt, mir schiene, dass sie jetzt bestraft wäre und er zufrieden sein müsste. Das war auch seine Meinung, und er hat angemerkt, dass der Polizist sich noch so sehr bemühen könnte, die Prügel hätte sie jedenfalls weg. Er hat hinzugefügt, er würde Polizisten gut kennen, und er wüsste, wie man mit ihnen umgehen muss. Er hat dann gefragt, ob ich erwartet hätte, dass er die Ohrfeige des Polizisten erwiderte. Ich habe geantwortet, dass ich überhaupt nichts erwartet hätte und dass ich außerdem Polizisten nicht leiden könnte. Raymond hat sehr zufrieden gewirkt. Er hat gefragt, ob ich mit ihm ausgehen wollte. Ich bin aufgestanden und habe angefangen, mich zu kämmen. Er hat gesagt, ich müsste mich ihm als Zeuge zur Verfügung stellen. Mir war das egal, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Laut Raymond genügte es zu erklären, dass das Mädchen ihn beleidigt hätte. Ich habe eingewilligt, mich ihm als Zeuge zur Verfügung zu stellen.
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