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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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und heftig ohrfeigte. Als sie hörte, wie Samuel seinen Sohn über eine geeignete Möglichkeit informierte, die nächtlichen Emissionen zu verringern, brach sie ohnmächtig auf dem Dielenboden der Küche zusammen. Sie schlug böse mit dem Hinterkopf auf und musste mit Riechsalz wiederbelebt werden.
    Trotz allem fand Hawley im Laufe seiner stürmischen Jugend Gelegenheit, seine eigenen Interessen zu entwickeln. Seine Bildung begann, über das Buch der Offenbarung hinauszuwachsen, als er in der Abgeschiedenheit der kleinen Bibliothek von Ann Arbor zu lesen begann: Literatur, Lyrik und Sachbücher. Mit fünfzehn Jahren entdeckte er ein Buch mit dem Titel
Der menschliche Körper & seine vielen so merkwürdigen wie ungewöhnlichen Funktionen,
von Dr. A.K. Larousse. Dieses Buch wurde zu seiner neuen Bibel, und er nahm jedes einzelne Wort über die Körperorgane und Atemfunktionen in sich auf. Larousse führte ihn zu vielen anderen Büchern ähnlichen Themas, und so wurden seine späten Jugendjahre vom Studium der Wissenschaften und der Biologie befeuert, von Theorien zur Entstehung des Universums, der Funktionsweise des menschlichen wie tierischen Körpers und der Natur des Lebens selbst. Die meisten dieser Bücher versteckte er vor seiner Mutter, für die alle Wissenschaft Sünde war, sah sie darin doch den Versuch, das Denken Gottes zu verstehen.
    »Wenn Gott wollte, dass wir ewig lebten«, sagte sie, »hätte er uns niemals die sieben Plagen geschickt. Das war ein Gott, der mit dem Bösen umzugehen wusste, und wenn du mich fragst, könnte er heute wieder etwas mehr von seiner alten Chuzpe brauchen.«
    Ohne dass Jezebel davon wusste, begann Hawley, Ausgaben des
Scientific American,
einer ganz neuen, radikalen Zeitschrift aus dem Staat New York, zu kaufen und unter seiner Matratze aufzubewahren. Er holte sie immer erst spät in der Nacht hervor, wenn seine Eltern längst in ihren getrennten Schlafzimmern lagen, steckte eine Kerze an, las sie von vorn bis hinten und leckte sich die Lippen bei jedem neuen Happen Information, den er daraus bezog. Jede einzelne Seite schien eine neue Theorie oder die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Revolution in sich zu bergen. Jeder einzelne Beitragende schien an einem bahnbrechenden Medikament, einer komplizierten Gleichung oder einer neuen Definition von Begriffen wie »das Leben«, »der Mensch« oder »die Existenz« zu arbeiten. Hawley konnte nur gespannt den Atem anhalten und darauf warten, was als Nächstes kam.
    Als Hawley siebzehn wurde, begann die Zeitschriftenschicht unter seiner Matratze jedoch merklich anzuwachsen, wenn er sie auch vom Kopf- bis zum Fußende stets gleichmäßig verteilte, eine zusätzliche Dämmung aus Wissbegier. Eines Nachmittags im Juni kam er aus der Bibliothek nach Hause, setzte sich aufs Bett, um die Stiefel auszuziehen, und musste überrascht feststellen, dass die Matratze unter ihm stärker als gewohnt nachgab. Er hob sie an, um zu sehen, was der Grund dafür sein mochte, und erkannte mit Schrecken, dass seine Zeitschriftensammlung verschwunden war. Er wurde blass und dann tiefrot vor Verlegenheit. Er spürte, wie sich sein Magen zusammenzog, und musste sich gleich wieder setzen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, während er sich eine Erklärung zurechtzulegen versuchte. Voller Angst wartete er darauf, dass seine Mutter durch die Tür trat, entrüstet, voller Zorn, aber sie ließ sich nicht blicken. Erst nachdem er am Abend gehört hatte, wie sein Vater nach Hause kam, wurde er nach unten gerufen, wo die Zeitschriften, in die er während der vergangenen zweieinhalb Jahre investiert hatte, in einem Stapel auf dem Küchentisch lagen. Er starrte sie an, als hätte er sie nie zuvor gesehen, und schluckte nervös. Obwohl er bereit war, den Besitz abzustreiten, waren sie ihm dennoch sehr viel wert, und er wollte sie unbeschädigt zurück. Seine Mutter stand beim Herd, die Arme vor der Brust verschränkt, und ihr Gesicht verriet ihre Wut, während Samuel irgendwo zwischen den beiden stand und nicht zu wissen schien, welche Position er einnehmen sollte.
    »All diese Jahre habe ich geglaubt, dich zu kennen«, sagte Jezebel. »Ich dachte, du seist ein anständiger Junge. Ich dachte, ich hätte dich richtig großgezogen.«
    »Das tust du! Das bin ich! Das hast du!«, protestierte Hawley und antwortete auf jeden ihrer Vorwürfe, aber bevor er noch etwas sagen konnte, übertönte ihr Geschrei seine Stimme.
    »Ein anständiger Junge bewahrt nicht solchen

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