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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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werden. Plötzlich ergibt alles einen Sinn. Ich hatte das Gefühl, dieses Stadium jetzt erreicht zu haben. Mir kam es vor, als ob mein Genius, meine detektivische Muse, in der Nähe schwebte und mir half, den Knoten aus Mord und Intrige zu entwirren. Aber vielleicht war es auch nur der Wein.

XII
    Rom war in voller Festtagspracht herausgeputzt, überall sah man Girlanden, Kränze und neue Vergoldungen. Die Denkmäler der Helden waren mit frischen Lorbeerkränzen gekrönt, damit sie alle an dem Triumph teilhaben konnten. Weihrauch brannte vor dem Schrein jedes noch so unbedeutenden Gottes, und die großen Staatsgottheiten wurden in feierlichen Prozessionen auf reichgeschmückten Sänften von Priestern durch die Straßen getragen.
    Es tat mir stets im Herzen wohl, die Stadt so zu sehen, selbst wenn es zur Feier eines Triumphs für jemanden war, den ich verabscheute. Wo man auch hinsah, taumelten die Menschen durch die Straße, stimmten Siegesgesänge an und bescherten den Weinhändlern das Geschäft ihres Lebens. Sämtliche Arbeit ruhte, die Bauern waren vom Land in die Stadt gekommen, zusammen, so hatte es den Anschein, mit der kompletten Bevölkerung etlicher benachbarter Städte. Kinder rannten umher, für ein paar kostbare Tage befreit von der Tyrannei ihrer Lehrer.
    Rundum herrschte fröhliche Ausgelassenheit, aber die Vorstellung, den Vormittag in Pompeius' Theater zu verbringen, um sich den langweiligen Beitrag eines alten Griechen zur athenischen Kultur anzusehen, deprimierte mich. Ich hätte mir viel lieber die Pantomimenspiele in den alten Holztheatern angesehen oder wäre zu den Circussen gegangen, wo den ganzen Tag über Lusiones und Tiervorstellungen geboten wurden. Aber das war völlig ausgeschlossen. Der Senat, die Equites und die Vestalinnen mußten sich die Aufführung in dem neuen Theater ansehen. Ein Nichterscheinen hätte nicht nur Pompeius beleidigt - ein Gedanke, den viele von uns genossen hätten, sondern auch die Götter des Staates.
    Wir versammelten uns auf dem Forum, und die staatlichen Freigelassenen stellten uns in der gebotenen Reihenfolge auf: vorneweg die Konsuln, gefolgt von den Censoren, den Praetoren, den Vestalinnen, den Pontifices, angeführt von Caesar, den Flamines, dann der gesamte Senat mit Hortalus als Princeps, gefolgt von den Konsularen und allen anderen, nach Dienstalter geordnet, was zum Ergebnis hatte, daß ich am hintersten Ende der Prozession Aufstellung nehmen mußte. Vor mir gingen einige Männer, die fast so unbedeutend waren wie ich. Es war ein langer Marsch zum Campus Martius und dem Gebäudekomplex, der das neue Theater umgab.
    Unter lauten io triumphe!-Rufen und in einem Blütenregen marschierten wir los. Man mag sich fragen, woher die Blumen um diese Jahreszeit kamen, Pompeius wollte seinen Triumph nicht durch die Jahreszeit beeinträchtigt sehen. So hatte er riesige Mengen von Blüten sammeln und trocknen und zusätzlich weitere Schiffsladungen aus Ägypten kommen lassen, um sicherzugehen, daß jederzeit ein Vorrat an frischen Blumen zum Werfen und Kränzeflechten vorhanden war. Große Blumenkörbe standen überall am Straßenrand.
    »Die ganze Stadt wird wochenlang wie ein Bordell stinken«, grummelte ein junger Senator vor mir.
    »So toll hat sie vorher auch nicht gerochen«, bemerkte ein anderer.
    Wegen des gigantischen neuen Bauprojekts war der halbe Campus Martius ein Durcheinander mit riesigen Haufen zurechtgeschnittener Steine und Schutt, Bergen von Mörtel und großen Stapeln von Holz für die Gerüste. Dazwischen standen halbfertige Mauern, die von den Arbeitern wegen der Feiertage verlassen worden waren.
    »Wißt ihr«, bemerkte ich, »wenn man das Ganze ein bißchen altern läßt und ein paar zwischen dem Schutt lauernde Tiere hinzufügt, bekommt man eine ausgezeichnete Vorstellung davon, wie Rom im Stadium des Verfalls aussehen würde.«
    »Du bist heute morgen in einer recht versponnenen Laune, Metellus«, sagte ein Senator, der im selben Jahr wie ich Quaestor gewesen war.
    »Phantastik liegt in der Luft«, sagte ich. »Nimm nur Pompeius, sein Theater da drüben.« Ich wies auf einen gedrungenen Klotz aus weißem Marmor, der sich gerade knapp überm Fundament erhoben hatte. »Wenn es fertig ist, soll es zehntausend Zuschauer fassen, habe ich gehört. Pompeius muß ziemlich wirklichkeitsfremde Vorstellungen über die römische Aufnahmefähigkeit griechischer Dramen hegen.«
    »Ich glaube nicht, daß das Theater dafür gedacht ist«, sagte ein Senator

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