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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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in Richtung der hinteren Senatoren-Reihen.
    »Huhu«, sagte ein Eques, »da sitzt der alte Caesar und wirft uns seinen Heiligen-Blick zu.«
    »Gut, daß seine Frau über jeden Verdacht erhaben sein muß«, sagte Tusculus. »Meine ist es bestimmt nicht.« Wir versuchten alle, nicht zu laut zu lachen.
    Dann begannen einige Schauspieler auf der Bühne in grausamem Falsett zu kreischen. Einer von ihnen, Hecuba, glaube ich, vielleicht war es auch Andromache, hob zu einem Klagegesang über die Götter an, und wie sie im schönen, alten Troja ein feines Durcheinander angerichtet ha tten. Ich muß zugeben, daß der Mann die weibliche Gestik sehr gut beherrschte. Jede Bewegung ließ sein langes Kleid würdevoll hin und her wiegen.
    Plötzlich begann mich die Vorstellung zu fesseln, und ich beachtete die unflätigen Bemerkungen meiner Nachbarn nicht mehr. Es war nicht so, daß ich plötzlich Hochachtung vor griechischen Tragödien entwickelt hätte; es war vielmehr so, daß ich das Gefühl hatte, auf der Schwelle von etwas zu stehen.
    Während der Schauspieler mit seinem Gesang fortfuhr, ließ ich meinen Blick über die Reihe wandern, wo Caesar und Crassus, Faustus und Pompeius saßen. Pompeius in seiner purpurnen Robe.
    Dann wurde ich überwältigt von einer blendenden Offenbarung, wie sie die Götter einem gelegentlich zuteil werden lassen. In meiner Euphorie vergaß ich, daß die Götter meistens Ärger im Sinn haben, wenn sie einem eine derartige Erleuchtung schicken. Ich fühlte mich von einem goldenen Heiligenschein umgeben, als ich, unwillkürlich von dem herrschenden griechischen Geist beseelt, aufsprang.
    »Eureka!« rief ich.
    »Was glaubst du, wer du bist, Metellus?« zischte jemand.
    »Der alte Archimedes, oder was? Setz dich hin, oder man wird dich verhaften!« Ich ignorierte alles außer meiner eigenen Brillanz.
    »Sie waren alle da!« sagte ich, nicht ganz brüllend. »Alle als Frauen verkleidet!«
    Inzwischen hatte sich die gesamte erste Reihe umgedreht und starrte mich an. Mein Vater sah aus, als stände er kurz vor einem Schlaganfall. Ein Praetor zeigte auf mich, und eine Horde Liktoren kam langsam den Gang zwischen den Sitzreihen hoch. Ihre Äxte blitzten zwischen den Rutenbündeln. Meine Euphorie verflog so schnell wieder, wie sie über mich gekommen war, und mir wurde mit Entsetzen klar, was für einen schrecklichen Schnitzer ich mir geleistet hatte. Ich taumelte zu einem der Aufgänge und rannte auf eine Lücke zu, die in einer der kaum fertiggestellten Mauern klaffte.
    »Der Arme muß Durchfall haben«, hörte ich jemand sagen, als ich den Bereich der Tribüne verließ. Unter Gejohle und Klatschen rannte ich, so schnell es meine Toga zuließ. Ich blickte über meine Schulter, um zu sehen, ob die Liktoren mich verfolgten, was jedoch nicht der Fall war. Ich verlangsamte mein Tempo zu einem eiligen Gang. Das Rennen in dieser Toga war nicht nur äußerst schwierig, unter der dicken Wolle wurde es auch sehr schnell heiß.
    Ein wenig meiner Götterbeseelten Stimmung kehrte zurück, als ich die Stadt wieder betrat; die Stadt selbst bot sich dar wie in einem Traum. Sie war praktisch menschenleer, die gesamte Bevölkerung drängte sich in zwei riesigen Circussen und Theatern. Auch die aufwendigen Dekorationen und die überall verstreuten Blüten trugen zu dieser traumhaften Atmosphäre bei. Das Forum lag da wie eine Stadt der Götter, bevölkert von Statuen.
    Ich warf einen Blick zum Tempel des Jupiter Capitolinus hinauf.
    In seinem düsteren Innern konnte ich durch den Weihrauch, der zu Ehren des Gottes verbrannte, das große Jupiterstandbild gerade noch sehen, das uns angeblich vor Verschwörungen gegen den Staat warnen sollte. Ich schickte dem Gott einen Gruß hinüber. Wenn ich es irgendwie verhindern konnte, sollte Pompeius morgen nicht in diesem Tempel opfern.
    Mein Sklave Cato starrte mich entsetzt an, als ich durch das Eingangstor trat.
    »Senator! Wir haben dich nicht vor heute nachmittag erwartet! Eine Dame ist hier, dich zu sehen, aber wir haben ihr gesagt...«
    »Wo ist Hermes?« fragte ich, an ihm vorbeifegend. Dann erreichten seine Worte mein Bewußtsein, und ich drehte mich um. »Welche Dame?«
    »Eine Dame Julia aus dem Hause der Caesars. Sie wollte partout deine Rückkehr abwarten. Sie ist im Atrium.«
    Ich betrat das Atrium, und dort war tatsächlich Julia. Sie erhob sich mit einem Ausdruck unbeschreiblicher Erleichterung.
    »Decius! Ich bin ja so froh, dich lebend zu sehen. Du schwebst in

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