Der Frevel des Clodius
namens Tusculus, der laut Gerüchten der Urenkel eines Freigelassenen war. »Ich habe mit seinem Produzenten gesprochen. Er sagt, bei den Einweihungsfeierlichkeiten soll die Eroberung einer ganzen Stadt, inklusive Kavallerie und Infanterie, auf der Bühne dargestellt werden.«
»Euripides würde sich im Grab umdrehen«, sagte ich. »Der römische Geschmack in Fragen der Unterhaltung ist ein wenig robuster als der der verweichlichten Griechen.«
Wir führten dieses Gespräch mit unbeweglichen Gesichtern und starrer Haltung, unsere Lippen kaum bewegend. Es wäre absolut unziemlich gewesen, vor den Augen der Bürgerschaft die Gravitas zu verlieren. Als wir das werdende Theater endlich erreicht hatten, konnten wir uns ein wenig lockerer geben. Die niederen Stände, für die es noch keine Sitzreihen gab, hatten sich verzogen, um sich bei lebhafteren Darbietungen zu amüsieren. Ich wünschte, ich hätte mit ihnen gehen können.
Die herrschaftlichen Persönlichkeiten nahmen oberhalb des Orchesters Platz, direkt vor der Bühne. Ihre Sitze aus weißem Marmor waren die einzigen, die fertig geworden waren. Der Rest der Ränge bestand aus provisorischen, unüberdachten Zuschauertribünen aus Holz. Die Bühne selbst war ebenfalls aus Holz, genau wie die riesige, drei Stockwerke umfassende Scaena, die sich samt Logen über dem Proscenium erhob. Irgendwann sollte alles in Stein noch einmal neu gebaut werden, aber man hatte keine Mühen gescheut, die provisorische Einrichtung aufwendig zu gestalten. Alles glänzte in frischer Farbe und war mit bunten Vorhängen geschmückt. Fontänen parfümierten Wassers sprudelten aus Brunnen und halfen den Geruch frischer Farbe und frisch geschnittenen Kiefernholzes zu dämpfen.
»Wenn ich meine neue Toga mit Kiefernharz beschmiere«, sagte ein Eques hinter mir, »werde ich sie Pompeius in Rechnung stellen.« Ein Lachen erhob sich. Jetzt wo der Pöbel weg war, konnten wir uns wieder ganz natürlich benehmen, will sagen, wie eine Horde lärmender Italiker.
»Da kommt Pompeius!« rief jemand. Wir standen auf und applaudierten pflichtschuldig, als der große Mann Einzug hielt.
Er trug einen goldenen Kranz und die gewaltige, purpurne, von oben bis unten mit goldenen Palmen bestickte Toga picta eines Triumphators.
»Na, das ist wohl ein bißchen früh, was?« sagte Tusculus.
»Der Triumphzug findet erst morgen statt.«
»Nein«, sagte ich. »Als Veranstalter der Spiele steht ihm leider das Recht auf eine Picta zu. Er will uns an den Anblick gewöhnen. Er möchte sie nämlich jetzt ständig tragen.« Aus den Reihen der antipompeianischen Fraktion ertönten zahlreiche Buhrufe zusammen mit einigen noch unhöflicheren Geräuschen, die sich unter phantasievoller Verwendung von Lippen und Zunge erzeugen lassen. Er geruhte, sie nicht zu hören.
Bei Pompeius' Delegation sah ich den jungen Faustus Sulla.
Gemeinsam mit Caesar, Crassus, Hortalus und den anderen großen Männern nahmen sie in der ersten Reihe Platz.
Nach einem langwierigen Austausch von Begrüßungen, guten Wünschen und Beleidigungen machten auch wir es uns auf unseren Plätzen bequem, um uns in einem komaähnlichen Zustand langweilen zu lassen. Als der Chor auf die Bühne kam, um zu seinem unerträglichen Gesang anzuheben, fingen wir an, verstohlen in unseren Togen herumzukramen. Einer der wenigen Vorteile der großen Festtagstoga ist der, daß sie zahllose Falten wirft, in denen man Knabbereien und Getränke verstauen kann.
Ich hatte mir einen Schlauch anständigen Vatikaner mitgebracht.
Richtig guten Wein in einem Schlauch aufzubewahren, wäre ein Vergehen gewesen.
Natürlich war es strengstens verboten, während der Vorstellung zu essen oder zu trinken, aber wer sollte uns daran hindern? Alle wichtigen Männer saßen vorne und taten so, als ob sie verstünden, was auf der Bühne vor sich ging, wo eine Gruppe von als Frauen verkleideter Männer über die Scaena tänzelte.
»Abscheulich«, knurrte ich. »In der italischen Pantomime werden Frauenrollen wenigstens von Frauen gespielt.«
»Und es gibt nicht solche lächerlichen Masken«, sagte ein Senator. »Perücken und Schminke sind völlig ausreichend. Das ist alles degenerierter griechischer Quatsch, wenn ihr mich fragt.«
»Jedermann weiß, daß der Besuch von Theaterstücken schlecht für die öffentliche Moral ist«, sagte ich. »Da muß man nur Cato fragen.« Ich warf mir eine Handvoll gedörrter Nüsse und Erbsen in den Mund.
Caesar drehte sich um und starrte wütend
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