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Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)

Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)

Titel: Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Hennig
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Spätaufsteher in die Knie zwingt? Denn wenn es stimmt, dass der Normaltypus laut Roenneberg erst um acht Uhr aufsteht, und es darüber hinaus eine leichte Ausrichtung hin zum Eulentum gibt, dann beruht die soziale Organisation unserer Gesellschaft schlichtweg auf den Bedürfnissen einer Minderheit, die bereits morgens um acht fit für die Welt ist und mühelos um sechs Uhr aufstehen kann. Bei wenigstens 60 Prozent der Bevölkerung hingegen baut sich im Laufe der Woche ein Schlafdefizit auf, das erst – wenn überhaupt – am Wochenende ausgeglichen werden kann, und es hilft weder Kaffee noch der Versuch, früh zu Bett zu gehen – der ohnehin scheitern muss, weil Langschläfer einfach nicht früh müde werden. Bei 42 Prozent wächst sich dieser Mangel an Regeneration zu zermürbenden Schlafstörungen aus, bei 15 Prozent der Bevölkerung sind diese sogar behandlungsbedürftig – mit zunehmender Tendenz: Nach einer Studie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) litten im Jahr 2009 60 Prozent mehr Menschen an zermürbender Schlaflosigkeit als noch vier Jahre zuvor – nicht nur, aber eben auch wegen des sozialen Jetlags. Erhebungen in Taiwan, Großbritannien und den USA bestätigen diesen Trend. In Österreich kam eine Umfrage der Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung unter der Leitung der Neurologin Birgit Högl zu dem erschreckenden Ergebnis: Nur eine von fünf Personen schläft ungestört. In den 90 Jahren konnten das noch drei von vier Personen von sich behaupten. Vor allem die 35- bis 55-Jährigen plagt die Insomnia – und damit ausgerechnet jene, die mitten im Berufsleben stehen. Roenneberg warnt: »Wir konnten zeigen, dass der Konflikt zwischen der biologischen Uhr und der gesellschaftlichen Zeit zu einer chronischen Form von Jetlag führt«. [20]
    Was das heißt, wenn man aufgrund seiner angeborenen Veranlagung einem permanenten Schlafdefizit ausgesetzt ist, kann jeder nachvollziehen, der schon einmal einen Langstreckenflug über mehrere Zeitzonen hinweg hinter sich gebracht hat. Man ist müde, schlapp, unkonzentriert, einfach nicht bereit für die Anforderungen des Lebens. Doch während sich beim Fernreisenden die innere Uhr und die äußeren Zeitgeber – wie Licht – langsam wieder aufeinander abstimmen, bleibt der Langschläfer dauerhaft in diesem unerquicklichen Zustand. Die äußeren Gegebenheiten lassen ihm keinen Ausweg.
    Besonders betroffen von dieser chronischen Übermüdung sind Schülerinnen und Schüler, deren Schlafmitte sich entwicklungsbedingt in den Morgen hinein verschiebt. Dass sich das Schlafbedürfnis im Laufe des Lebens ändert, zeigt sich, wenn man die einzelnen Lebensphasen unter diesem Aspekt betrachtet: Kleinkinder stehen tendenziell sehr früh auf. Spätestens mit Beginn der Pubertät entwickeln sich die Menschen jedoch zu Eulen. Bei jungen Männern hält diese Entwicklungsphase bis zum 21. Lebensjahr an, bei jungen Frauen bis zum 20. Lebensjahr – danach entwickelt der Mensch allmählich eine vorverlegte Tagesrhythmik. Von Jahr zu Jahr klingelt der innere Wecker quasi jeweils wenige Sekunden früher. Mit den Jahren werden es Minuten, vielleicht sogar eine Stunde. Bis zum 52. Lebensjahr ist der kleine chronobiologische Unterschied zwischen den Geschlechtern wieder aufgehoben. Im Seniorenalter spricht man von seniler Bettflucht. Da werden alle zu Lerchen.
    Bezogen auf den Schulbeginn heißt das: Für Zehnjährige ist ein Schulbeginn von acht Uhr noch in Ordnung. Aber sobald die Kinder in die Pubertät kommen, verlangsamt sich ihre innere Uhr. Das heißt, sie werden abends einfach nicht müde und kommen am nächsten Morgen nur schwer aus den Federn. Ihre Leistungsfähigkeit ist morgens auf dem Nullpunkt, und die ersten zwei Schulstunden sind eigentlich verschenkte Mühe. Denn den Schülern fehlt das letzte Stück Schlaf, das ihre Denkleistung und Konzentrationsfähigkeit auf Trab gebracht hätte. Manche sind so schwer aus ihrem Ruhebedürfnis herausgerissen, dass ihnen im Unterricht die Augen zufallen. Lehrer glauben, die Jugendlichen müssten einfach nur früher zu Bett gehen, dann könnten sie dem Unterricht besser folgen. Aber auch diese Wahrnehmung scheint ihre Ursachen in der Lebensentwicklung zu haben: Denn Lehrer sind bereits wieder im Lerchentum angekommen und schließen von sich auf andere.
    Mary Carskadon war die Erste, die bewies, dass die in den Morgen verschobene Schlafmitte bei Jugendlichen nicht sozial (»Wir haben gestern noch bis drei Uhr

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