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Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)

Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)

Titel: Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Hennig
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einzuladen, erließ man dem Volk einen Teil der Steuern.
    Luises Stil war Preußens Antwort auf die Schrecken der bürgerlichen Revolution in Paris. Sie avancierte zur vielgeliebten Königin, die die Interessen der Hofkamarilla wie des einfachen Volkes durch ihr vorbildliches Leben zu wahren vortäuschte. Ob adelige Vergnügungssucht oder bürgerlicher Familiensinn – sie brachte alles unter einen Hut, auch weil sie eine einfache und sehr friedliche Gewohnheit pflegte: Sie schlief aus.
    Albert Einstein
    Sein wilder, zerzauster Haarschopf, die Tränensäcke, die unzähligen Falten, die sich tief in sein Gesicht gegraben haben, die etwas achtlose Haltung und der (trügerische) Eindruck, dass er nicht viel wert auf seine Kleidung legte – kurz, das gesamte Erscheinungsbild Albert Einsteins nährte den Verdacht, dass das Genie gerade erst aufgestanden sei. Und so manches Mal wird dieser Eindruck der Wahrheit entsprochen haben, denn der Physiker legte wert auf ausreichend Schlaf und war vor zehn Uhr morgens ungenießbar wie ein bitterer Pilz.
    Möglicherweise ist genau diese leicht zerfledderte Erscheinung in Verbindung mit der Aura eines verrückten Professors der Grund, warum uns Einstein noch heute so präsent ist. Sicher, da war der Nobelpreis und die Relativitätstheorie, aber es gibt Hunderte von Nobelpreisen für naturwissenschaftliche Leistungen, und an die meisten ihrer Träger erinnert man sich schon bald nicht mehr. Hört man ihre Namen, entsteht kein Bild vor dem inneren Auge, und ebenso wenig weiß man, worum es in den ausgezeichneten wissenschaftlichen Arbeiten ging. Zugegeben, das können auch bei Einsteins Relativitätstheorie genaugenommen nur die wenigsten, aber dafür hat die Formel E = mc 2 in ihrer grandiosen Einfachheit geradezu Popcharakter. Sie inspirierte zu Filmen (wenn auch nur experimenteller Art), Kunst (etwa beim »Walk of Ideas« während der Fußball-WM 2006) oder Musik (von Mariah Carey, die eines ihrer Alben mit der Einsteinformel E = mc 2 betitelte). Aber ganz gleich, was Einstein geleistet hat, ohne seine Selbstinszenierung als gerade dem Bett entstiegener verwirrter Professor hätte er wohl kaum soviel Popularität erlangt. Er war ein sympathisches Genie zum Anfassen – und hatte den Mut, seinen Träumen bis in den frühen Morgen nachzugehen. Die Idee zu seiner Relativitätstheorie kam ihm, dem Langschläfer, tatsächlich im Traum oder im Halbschlaf – die Legenden dazu sind etwas unterschiedlich. Jedenfalls vertiefte Einstein sich nicht in das Dickicht von Algebra, Newton’scher Axiome und den Tücken der endlosen Räume, sondern ging auf eine imaginäre Reise. Er stellte sich vor, auf dem Rücken einer Rakete, die so schnell war wie das Licht, durch die Weiten des Alls zu sausen und dabei in einem Taschenspiegel zu prüfen, ob die Frisur noch sitzt. Er ging dieser Idee nach, bis er nachweisen konnte, dass das Spiegelbild durch die Lichtgeschwindigkeit den Spiegel niemals erreichen konnte. Dieser Gedanke war die Basis seiner berühmten Formel: E = mc 2 .
    Nach Lehrtätigkeiten in Bern (1896–1914) und Berlin (1914–1932) landete Einstein schließlich in Princeton, wohin er vor Naziterror und -verfolgung geflohen war. Hier, auf der Veranda seines Hauses, konnte man ihn mit einem Glas warmer Milch in der Hand antreffen, wenn er die Arbeit Arbeit sein ließ und im Schaukelstuhl dem Bedürfnis nach einem Nickerchen nachgab. Einstein beweist: Egal, wie die Frisur sitzt, Hauptsache der Kopf ist rund, damit man ihn wohlig auf ein Kissen betten und man mal die Richtung seines Denkens ändern kann.
    Den Wahnwitz, in den man durch allzu große Genialität schlittern kann, kannte Einstein am Beispiel seines Freundes Kurt Gödel. Der Logiker musste sich für sein Einbürgerungsverfahren, das seiner amerikanischen Staatsbürgerschaft, die er 1947 beantragte, vorausging, einer richterlichen Anhörung unterziehen. Bei der Lektüre der Verfassung verhedderte Gödel sich in Bedenken: Er wollte zeigen, dass die Verfassung eine Lücke aufweise, aufgrund derer es möglich sei, eine Diktatur zu errichten. Einstein, der dankbare und vom freiheitlichen Geist Amerikas begeisterte US-Bürger, setzte alles daran, seinen im Beweiswahn gefangenen Kollegen zum Verfahren zu begleiten. Zu groß war die Gefahr, dass dieser sich bei der Anhörung in Schwierigkeiten brachte. Gödel hätte sich beinahe um Kopf und Kragen geredet, doch Einstein gelang es, seinem Freund aus der Bredouille zu helfen. Dank seiner

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