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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Kandidatin war.
    Dann aber, als die Musik anschwoll und der Trubel noch größer wurde, spürte Katherine, wie sie langsam einen klaren Kopf bekam und die Wirklichkeit sie wieder einholte.
    Sie war gegen ihren Willen hier. Sie hatten an ihrer Figur herumgemäkelt, hatten ihr die Haare abgeschnitten und sie dick geschminkt. Sie hatte nicht für möglich gehalten, dass ein einzelnes Gesicht so viel Make-up aufnehmen konnte.
    »Höchste Zeit, dass ich von hier verschwinde«, sagte sie sich und versuchte, ihren aufsteigenden Zorn sinnvoll zu nutzen. Aber sie wusste auch, dass sie weiter so tun musste, als amüsiere sie sich, und so lachte sie, klatschte, hakte sich bei Schwester Mary unter und tanzte. Doch gleichzeitig warf sie Blicke in alle Richtungen und suchte nach einem Fluchtweg.
    Der Zeremonienmeister verkündete: »Ladies und Gentlemen, der Hochaltermann trifft nun seine Wahl!«
    Das gehörte mit zum Spaß. Mit verschwörerischen Mienen scharten sich die führenden Mitglieder des Hofstaats um Festoon, tuschelten miteinander, deuteten auf verschiedene Keusche Schwestern, nickten oder schüttelten den Kopf in übertriebenen Gesten der Zustimmung oder Ablehnung und machten das Ganze zu einer Posse. Alles wirkte noch komischer durch die exquisiten, übertrieben detailgetreuen Kostüme, die diese vermeintlichen Höflinge trugen – brokatbesetzte Seidenjacken mit Puffärmeln, dunkelblaue Seidenstrümpfe zu geblümten Kniehosen, Seidenschuhe mit lachsfarbenen Quasten und prächtige Turbane aus luftiger lila Seide, die aussahen wie geschmackloser Tortenschmuck. Was sie in gewisser Weise auch waren, denn sie ähnelten dem Zuckerwerk auf Festoons riesiger Geburtstagstorte.
    Sie berieten. Festoon legte die Stirn in Falten und strich sich über das haarlose Kinn. Dann deuteten sie sehr vage auf eine oder zwei Schwestern, nickten und zogen sich von ihrem Herrn zurück. Nun lächelte Festoon und nickte einem Höfling zu, der daraufhin näher trat und sich anhörte, was er ihm zu sagen hatte.
    »Ladies und Gentlemen, der Hochaltermann hat seine Geburtstagsbraut gewählt und tut seinem Hofstaat nun kund, wer die Glückliche ist.«
    Katherine sah aufmerksam, aber ohne großes Interesse zu. Sie hoffte, dass die Wahl auf Schwester Mary fiel, sagte sich gleichzeitig aber mit klopfendem Herzen, dass der Partytrubel ihren Fluchtplänen sehr entgegenkam. Sie sah sich im Saal um. Vielleicht gab es abgesehenvon dem Eingang, durch den sie hereingekommen war, noch weitere.
    Die Oberin und ihrer hochnäsige Gehilfin, Schwester Chalice, weilten ganz in der Nähe und schienen sie zu beobachten. Hinter ihnen standen alle möglichen vornehm aussehenden Leute. In der Nähe der einzigen Eingänge, die Katherine entdecken konnte, war die Stimmung der Gäste sichtlich gedämpfter, vielleicht weil dort Fyrd-Wachen aufgezogen waren, zu denen unablässig neue stießen. Hier herauszukommen würde nicht einfach werden.
    Schwester Mary fasste sie am Arm und raunte: »O weh! Er kommt auf uns zu.«
    Der Höfling hatte sich von Festoons Seite gelöst und kam nun gemessenen Schrittes quer durch die Orangerie in ihre Richtung.
    Der Turban auf seinem Kopf war noch gewaltiger und höher als die der anderen, und sein imposanter Bart war so stark gewichst, dass er in dem Licht ebenso glänzte wie seine roten Wangen. Dumm war nur, dass sein Blick, wie Katherine bemerkte, nicht auf Schwester Mary, sondern auf sie selbst gerichtet war.
    »Besser, du nimmst Reißaus!«, sagte Mary und packte Katherine am Arm. »Sonst wählt er noch dich!«
    Katherine blickte wieder zu Lord Festoon. Er lächelte und sah sie direkt an. Sie musste ihm tatsächlich aufgefallen sein.
    »So weit lasse ich es nicht kommen«, sagte sie zu Mary und versuchte, sich klein zu machen.
    Gleich war der grässliche Höfling bei ihr.
    »Er trägt Ohrringe«, flüsterte Mary. »Und sein Bauch ist auf dem besten Weg, ebenso dick zu werden wie der des Hochaltermanns!«
    Der Höfling blieb vor ihnen stehen.
    »Ich will aber nicht«, flüsterte Katherine zurück. Im Raum war es still geworden, und die Menge drängte näher heran, um zu sehen, welche Schwester auserkoren wurde.
    Der Höfling deutete auf Katherine und drehte sich zu Festoon um, um sich von ihm bestätigen zu lassen, dass sie die Richtige war. Da ging plötzlich eine merkwürdige Bewegung durch die Menge. Vom Eingang her ertönte ein Schrei.
    Die Stimme klang so laut und eindringlich, dass alle Köpfe herumfuhren. Fyrd-Wachen drangen in

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