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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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flüsterte Pike, »und dann machen wir, dass wir von hier wegkommen, Kränkung hin oder her.«
    Jack nahm das Geschenk, und da er spürte, dass Barklices Erscheinen und ihre langen Gesichter das Fest zu verderben drohten, sagte er: »Ladies und Gentlemen, wir bitten um Ihre Nachsicht. Aber wie wir soeben aus New Brum erfahren haben, ist eine enge Freundin und Gefährtin von mir in Gefahr, sodass wir uns genötigt sehen, Sie zu verlassen …«
    Ein mitfühlendes Raunen erhob sich nach dieser taktvollen Entschuldigung, und Brif warf ihm einen anerkennenden Blick zu. Es war offensichtlich, dass die Deritender sein Verhalten zu würdigen wussten.
    »Jack«, erwiderte der alte Mallarchi, »Sie sind der Freund unseres Freundes und sollten sich nach New Brum aufmachen.«
    Jack betrachtete das Geschenk, dann die Braut und lächelte.
    »Hais«, sagte er, »ich wünsche Ihnen und Ihrem Bräutigam alles Glück für die kommenden Jahren.«
    »Ziehen Sie an der Schnur, junger Mann, dann können Sie sich mit unserem Segen auf den Weg machen.«
    Jack grinste und blickte noch einmal zu Hais, dann hob er das Geschenk in die Höhe und sprach die traditionellen Worte: »Ich glaube, ich hab’s.«
    Er ergriff ein loses Ende und zog.
    Die Schnur straffte sich keineswegs, sondern glitt so leicht, wie sich ein Nebelschleier in der Sonne verflüchtigt, aus dem Knäuel von Schnüren und Knoten. Vor Erstaunen und Schreck stockte den Gästen der Atem.
    Die Knoten lösten sich wie von selbst, die Schnur fiel herab, und die schwarze Seidehülle, leicht wie feine Gaze, gleich hinterher. Aber weder Schnur noch Seide fielen langsam. Sie schossen davon wie von einer unsichtbaren Kraft gezogen, und Jack hielt nur noch einen Holzkasten in der Hand, dessen Deckel fest geschlossen war.
    Offensichtlich lag hier ein Versehen vor. Der Kasten war nicht für ihn gedacht. Hais hatte ihren Zukünftigen doch bereits rechts neben sich sitzen. Sie blickte genauso verdutzt wie er.
    Jack überlegte rasch, grinste breit, sah Hais und ihrem Bräutigam direkt in die Augen und sagte: »Da, wo ich herkomme, kennt manandere Bräuche. Die zukünftige Braut hat einen Beschützer, der ihr beisteht, solange ihr Verlobter im Krieg ist.«
    Er wusste selbst nicht, wie er darauf kam, aber es schien seine Wirkung nicht zu verfehlen: Die Hydden, sichtlich darüber bestürzt, dass der magischen Knoten aufgegangen war, fassten sich wieder.
    »Aber seine Pflichten enden mit ihrer Hochzeit, wenn er, so wie ich jetzt, ihrem Liebsten ihr Geschenk überreicht!« Damit gab er dem Bräutigam den ungeöffneten Kasten.
    Diese dreiste Lügengeschichte erfüllte ihren Zweck, obgleich einigen älteren, traditionsbewussteren Gästen am Gesicht abzulesen war, dass sie sie nicht überzeugt hatte. Doch der alte Mallarchi war klug genug, die Geste so zu nehmen, wie sie gemeint war. Er erhob sich, beklatschte Jacks Worte und forderte den Bräutigam auf, den Kasten zu öffnen.
    Das Geschenk war ein prächtiger Dolch mit silbernem Griff nebst einer Scheide und einem Gürtel aus feinstem Leder.
    Danach nahm das Festmahl seinen Fortgang, doch diese seltsame Wendung des Schicksals hatte Jack so beeindruckt, dass er sich Hais genauer ansah, als er es zuvor getan hatte, und dabei stellte er fest, dass sie ihn ebenso neugierig musterte.
    Er wandte den Blick von ihren Augen, da die im Sonnenlicht schillernden Farben ihres Kleides seine Aufmerksamkeit erregten. Der Stoff war reich mit Naturmotiven bestickt: mit grünen Blättern, Schilfrohren, den Blautönen eines Flusses, gelben und roten Tupfen, zart blühendem Augentrost, violetten Büschen voller Vögel, Bäumchen. Es war ein rauschendes Fest aller Farben des Frühlings.
    Und plötzlich musste er an einen einfachen Blumenstrauß denken, den ein Mädchen mit weizenblonden Haaren als Willkommensgruß in sein Zimmer in Woolstone gestellt hatte.
Katherine!,
dachte er plötzlich in einer Aufwallung von Gefühlen, Liebe und Begehren, vermischt mit Sehnsucht.
Sie ist mein Frühling – meine erste Liebe. Ich muss sie zurückholen …
    Er blickte zu Pike und Brif. Die beiden standen auf. Stellvertretend für sie alle ergriff der alte Mallarchi das Wort.
    »Mein junger Freund«, sagte er, »es gibt bei unserem Festmahl keine Seele, die sich nicht geehrt fühlt, Sie, einen vielbeschäftigten Riesengeborenen, in unserer Mitte zu haben. Erheben wir daher unsereGläser, denn ich schwöre beim Spiegel: Mag dies auch unser Brauttag sein, so hat ihn Master Jack doch auch

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