Der Frühling - Hyddenworld ; 1
großer Zahl in die Orangerieein und schienen jemanden gegen seinen Willen aus dem Raum zu zerren. Gleich darauf holten sie den Nächsten. Einige Gäste wichen vor ihnen zurück, während andere, höhere Beamte, zum Ort des Geschehens drängten, um festzustellen, was da vor sich ging.
Der Höfling mit dem Turban wurde von der durcheinanderwirbelnden, in Panik geratenden Menge fortgerissen. Energisch bahnte er sich einen Weg zu Katherine zurück und packte sie am Arm. Da hatte sie endgültig genug. Eine günstigere Gelegenheit zur Flucht würde sich nicht bieten.
Als sie zuvor nach einem Fluchtweg Ausschau gehalten hatte, war ihr ein Wandteppich aufgefallen. Er hing in der Nähe der Stelle, wo sich die Mehrzahl der Fyrd aufhielt, und bewegte sich von Zeit zu Zeit, wie in einem Luftzug. Das war ihre Chance. Sie trat dem Höfling kräftig auf den Fuß, entwand sich seinem Griff, zog den Kopf ein und rannte los.
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DER MAGISCHE KNOTEN
D ie Feier im
Muggy Duck
in Deritend war sehr zwanglos im Vergleich zu der Veranstaltung bei Lord Festoon. Eingeladen waren fast nur Freunde und Verwandte Mallarchis, und das Fest begann lange, bevor die Braut selbst erschien.
Als sie schließlich kam, war die Aufregung an der Tür groß. Ein weiterer Schwung Gäste drängte herein, im Schlepptau ein Mädchen, so schön, wie Jack noch nie eines gesehen hatte.
»Da ist sie ja!«, rief der alte Mallarchi. »Die Auserwählte! Die Vollkommene! Unsere Braut! Ist ihr die Rolle nicht auf den Leib geschrieben?«
Sie war dunkelhäutig wie Ma’Shuqa, hatte dieselbe vollschlanke Figur und trug bunte Bänder im dunklen Haar. Sie strahlte über das ganze Gesicht, und ihre Augen funkelten.
»Ladies und Gentlemen, ihr alle kennt Hais, die beste Braut, die wir je hatten …«
Jack fasste den neben ihm stehenden Master Brif am Arm und fragte: »Wie lange wird das Ganze dauern? Ich möchte mich endlich auf die Suche nach Katherine machen. Ich kann nicht hierbleiben …«
Doch es half nichts.
»Wir haben alles im Griff, Jack. Vertrauen Sie uns. Sie ist bei Lord Festoon, und unsere Leute dort werden sie zu geeigneter Zeit in Sicherheit bringen. In Deritend vorzeitig ein Fest zu verlassen gilt als schwere Kränkung und schafft nur böses Blut. Sie können hier nicht weg, es sei denn, es geht um Leben oder Tod. Sonst reden die Leute hinterher schlecht über Sie. Und wir wollen doch, dass Sie sich einen guten Namen machen. Beruhigen Sie sich, Jack! Amüsieren Sie sich! Katherine wird nichts geschehen.«
Da Jack nichts anderes übrigblieb, gestattete er sich, diesen Rat zu befolgen.
Hais wurde zum Ehrenplatz geführt, die Übrigen setzten sich hin, wo sie wollten. Jack nahm zusammen mit Brif und Pike der Braut gegenüber Platz.
Es ließ sich nicht leugnen, dass sie wirklich sehr bezaubernd aussah, angefangen bei ihren strahlenden Augen und glänzenden Haaren bis hin zu ihrem Dekolleté, das den Blick zum Verweilen einlud. Sie war eine Hydden von großer und anmutiger Gestalt, mit reizendem Lächeln und lieblicher Stimme. Der alte Mallarchi, der neben ihr saß, erhob sich.
»Lasst uns anfangen!«, rief er, der Zeremonienmeister.
Hais war anzusehen, dass es sie sehr glücklich machte, im Mittelpunkt der Feier zu stehen. Sie lächelte, klatschte, lachte und blickte mit aufrichtiger Freude mal hierhin, mal dahin, von einem ihrer vielen Verwandten zum nächsten.
»Sie ist wunderschön«, sagte Jack bewundernd.
Ihre und Katherines Schönheit waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Beide waren auf ihre Weise gleich bezaubernd.
Die Gläser wurden mit rotem Met gefüllt, und ein älterer Verwandter der Braut stand auf und brachte einen Trinkspruch aus.
»Auf das Brautgeschenk und den, der es empfängt!«
Sie erhoben die Gläser, riefen »Brautgeschenk« im Chor und tranken.
»Ma’Shuqa, bring es herein!«, rief der Vater.
Sie gehorchte und trug einen länglichen Gegenstand herbei, der in schwarze Seide eingeschlagen und mit einer silbernen Schnur zugebunden war. Die Schnur war zu verschiedenen Knoten geknüpft, von denen so viele lose Enden baumelten, dass sie unmöglich zu zählen waren. Auch aus der Nähe ließ sich nicht sagen, was das Paket enthielt oder wie es sich aufschnüren ließ. Man konnte nur auf gut Glück an einem der losen Enden ziehen und hoffen, dass es das richtige war.
Das verpackte und verschnürte Geschenk wurde einem Gast übergeben, der an einem losen Ende zog und dann, wenn es nicht das richtige war, das Paket an den
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