Der Frühling - Hyddenworld ; 1
von hier. Dort gibt es eine Menge nasses Gras! Soll Mister Lynas auch mit?«
Katherine sah Roger Lynas prüfend an. »Nein«, antwortete sie.
Also machten sich Arthur und Katherine allein auf den Weg und ließen die anderen bei Clare zurück.
»Ich glaube, das könnte klappen«, sagte Roger Lynas, lächelte die Frauen an und wandte sich zum Gehen, damit die beiden ungestört miteinander reden konnten.
Clare nickte und schöpfte Mut. Möglicherweise hatte sie für ihr Kind einen Ausweg aus dieser Tragödie gefunden, der ihnen half, den schweren Verlust zu verkraften.
»Und Jack?«, flüsterte sie.
»Einfach nur ungewöhnlich«, sagte Lynas an der Tür. »Er ist der zäheste Bursche, der mir in meiner langjährigen Laufbahn untergekommen ist. Eigentlich dürfte er gar nicht mehr am Leben sein, aber er erholt sich viel schneller, als die Ärzte zu hoffen wagten.«
Clare schloss bereits die Augen, als er ging. Im Wissen, alles getan zu haben, was eine Mutter tun konnte, durfte sie endlich richtig schlafen und genesen, aber sie wollte noch etwas sagen.
»Was ist, Clare?«
»Jack hat sich bei dem … Unfall so aufopferungsvoll um Katherine gekümmert«, flüsterte sie, bevor sie hinzufügte: »Ich glaube, er wird es immer tun. Und dann …«
»Was?«, fragte Margaret.
Und dann waren da noch diese kleinen Leute, die kamen und halfen, bevor der Krankenwagen eintraf. Ich dachte, ich hätte es mir nur eingebildet, aber Katherine hat sie ebenfalls gesehen, wie sie mir erzählt hat. Kleine Leute …
Aber Clare sprach es nicht laut aus. Es war zu absonderlich, zu abwegig und zu absurd.
»Damals, in der Unfallnacht, schien der Himmel aufzureißen, und ich sah ein Feuer, als hätte das Universum selbst sich aufgetan. Sein Schein fiel auf Katherine. Margaret …«
»Ja, meine Liebe?«
»Ich glaube, dass alles so vorherbestimmt war und dass Sie und Arthur jetzt in unser Leben treten sollten. Davon bin ich fest überzeugt. Aus diesem Grund erscheint es mir richtig, dass Sie sich um die beiden kümmern.«
Ihre Augen schlossen sich, und sie wirkte so ruhig und mit sich selbst im Reinen wie seit Tagen nicht mehr.
»Werden Sie es tun …?«, flüsterte sie.
»Wir werden uns um beide kümmern«, sagte Margaret Foale und ergriff ihre Hand. »Und jetzt schlafen Sie, schlafen Sie einfach.« So ließ sich Clare endlich fallen – getröstet von einer Frau, die kaum mehr war als eine Fremde, für die sie aber empfand wie für die Mutter, die sie nie gekannt hatte.
24
DER ANRUF
J ack?«
Katherine sprach seinen Namen zögernd aus, denn ihr kamen Zweifel, ob er es auch wirklich war. Seine Stimme hörte sich anders an.
»Äh … ja?«, fragte er unsicher. Sie klang nicht mehr wie ein kleines Mädchen.
»Jack?«
»Ja.«
»Ich bin’s, Katherine. Katherine Shore.«
»Ja?«, wiederholte er, als sei er auf Abstand bedacht.
Clare Shore war seit dem Autounfall, bei dem ihr Mann umgekommen war und der beinahe auch Jack das Leben gekostet hätte, chronisch behindert. Katherine hatte Jack danach ein paar Mal im Krankenhaus besucht, doch selbst diese Besuche hatten aufgehört, als sie ungefähr elf war. Seitdem hatten sie einander nur regelmäßig zu Weihnachten und zu den Geburtstagen Karten geschickt.
»Es geht um Mum …«
Im ersten Moment dachte er, ihre Mutter sei gestorben. Doch das war nicht der Grund, warum Katherine anrief.
»Es geht mit ihr zu Ende, Jack, und sie möchte dich sehen.«
Aber Jack verspürte kein Verlangen, diese Erinnerungen wieder aufzufrischen. Sie hatten zu viele schmerzhafte Narben bei ihm hinterlassen, körperliche wie seelische.
»Jack?«
»Das dürfte schwierig werden«, antwortete er ausweichend.
»Sie
muss
dich sehen und … und ich …«
Ich muss dich sehen, weil ich nicht weiß, an wen ich mich sonst wenden soll.
Etwas in Jacks Kopf rastete wieder ein. Sie brauchte ihn.
Er holte tief Luft und fragte: »Was ist los? Abgesehen von deiner Mutter, meine ich?«
»Es ist etwas geschehen.«
»Was ist geschehen?«
Mit einem Mal klang seine Stimme fürsorglich. Er verstand nicht, warum er so für einen Menschen empfand, den er kaum kannte und der ihn nur an schwere Zeiten erinnerte. Aber er tat es.
Die Verbrennungen, die er sich an Rücken und Hals zugezogen hatte, als er ihr das Leben rettete, waren so schwer gewesen, dass er sich jahrelang Hauttransplantationen und Rehabilitationsmaßnahmen hatte unterziehen müssen. Jede Operation und jede Nachbehandlungsserie war eine Tortur
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