Der Frühling - Hyddenworld ; 1
mitgebracht?«
Hatte er nicht, da er in der Stadt lebte und kein landtaugliches Schuhwerk besaß.
Er schüttelte den Kopf.
»Vielleicht kannst du ja die da nehmen.« Sie deutete mit dem Kopf auf ein Paar schwarze Armeestiefel, die neben der Hintertür standen. Sie waren alt, abgenutzt, und im Schaft des einen hing eine Spinnwebe. »Die gehören Arthur, aber Mrs. Foale hätte bestimmt nichts dagegen.«
Er beäugte die Stiefel skeptisch, fasste dann aber einen Entschluss und grinste. »Wieso eigentlich nicht?« Er schleuderte die Turnschuhe von den Füßen, schüttelte den Stiefel mit der Spinnwebe aus und schlüpfte vorsichtig hinein.
»Scheinen zu passen«, befand Katherine.
»Einwandfrei«, erwiderte Jack und ging ein paar Schritte auf und ab, bevor er sich daranmachte, sie zu schnüren. Sie waren erstaunlich bequem.
»Ich warte draußen«, sagte Katherine und huschte zur Tür hinaus.
Er wäre ihr sofort gefolgt, wenn er gekonnt hätte, aber einer der Schnürsenkel an den Stiefeln war so abgewetzt, dass er riss, und beim zweiten Versuch, ihn zu binden, riss er abermals.
Als er das Problem endlich behoben hatte und ins Freie trat, war Katherine wie vom Erboden verschluckt. Das hätte weiter nichts ausgemacht, nur hatte der gepflasterte Hinterhof, in dem er nun stand, drei verschiedene Ausgänge, und Jack wusste nicht, welchen sie genommen hatte.
Er ging nach links und dann nach rechts durch eine Pforte in der Mauer.
Er gelangte in einen umfriedeten Gemüsegarten, der, wie das Haus selbst, ein Relikt aus einer anderen Zeit war. Die rechteckigen, symmetrischangelegten Beete waren von Unkraut überwuchert, und die Spalierobstbäume, die an die hohen Backsteinmauern angebunden waren, trugen noch die vertrockneten und verschrumpelten Früchte vom vorigen Jahr, die niemand gepflückt hatte.
Ein altes Fass diente als Regentonne, war aber so randvoll, dass es überlief, sobald ein Windhauch über die dunkle, mit Algen bedeckte Oberfläche strich.
Er hörte eine Bewegung. »Katherine?«, rief er.
»Sie ist durch den alten Rosengarten gegangen«, sagte eine Frauenstimme hinter ihm.
Er drehte sich um, und vor ihm stand Mrs. Foale.
»Hallo, Jack«, sagte sie. »Wie lange haben wir uns nicht gesehen!«
Er lächelte herzlich und umarmte sie.
»Es ist schön, dich zu sehen.« Sie strahlte. »Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Es ist eine ziemlich lange Fahrt von London hierher, nicht wahr?«
»Sie war angenehm«, antwortete er. »Ich mag das Haus.«
»Wir mögen es auch! Es ist unser Zuhause. Hat dich Katherine schon herumgeführt?«
Er nickte.
»… und sie hat mir von Arthur erzählt. Sie sagt, er sei verschwunden.«
Das war nicht besonders feinfühlig, aber Katherine hatte seine Neugier geweckt.
»Äh … ja. Seine Arbeit führt ihn in alle Welt.«
Sie machte eine vage Handbewegung, als wollte sie einen Eindruck davon vermitteln, wie sich Arthur in Luft aufgelöst hatte. Jetzt verstand er, was Katherine gemeint hatte, als sie sagte, Mrs. Foale meide das Thema.
»Ich werde euch später etwas zu essen hinstellen. Katherine wird dir zeigen, wo. Aber jetzt solltest du zusehen, dass du sie findest. Der Garten ist nämlich ziemlich groß und verwildert. Versuch es mit der Tür da drüben, die halb aus den Angeln hängt. Leider war Arthur nie sehr geschickt in solchen Dingen.«
Sie verstummte traurig und sah weg. Dann wandte sie sich ihm wieder zu, deutete auf seine Füße, und ihre Miene hellte sich auf.
»Arthurs Stiefel! Die waren schon überall auf der Welt und haben so manchen mysteriösen, in Vergessenheit geratenen Ort besucht. Er ist schön, sie an dir zu sehen.«
»Katherine hat gesagt, ich könnte sie anziehen.«
Sie nickte und lächelte.
»Aber gern. Und was Arthur anbetrifft … ich muss noch mit dir über ihn sprechen … aber nicht jetzt. Es gibt da einige Dinge, die du wissen musst. Clare und Katherine sind mir böse, weil ich ihnen keine klare Auskunft gebe, aber das alles ist nicht so einfach …«
Anscheinend wollte sie ihn ins Vertrauen ziehen, nur hatte er keine Ahnung, in welcher Sache.
»Ich will mein Möglichstes tun, um zu helfen«, sagte er. »Ich weiß nur nicht, was ich tun kann.«
»Wir müssen darüber sprechen, irgendwann in den nächsten Tagen.«
»Gut«, sagte er.
31
IM GARTEN
K atherine zu finden war nicht so einfach, wie es schien. Der Garten war groß und sein Ende hinter dichtem Gestrüpp verborgen, das sich jenseits der Bäume hinzog.
Direkt an das Haus grenzte
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