Der Frühling - Hyddenworld ; 1
eine weite, schlecht gemähte Rasenfläche, die mit Kaninchenlöchern und Maulwurfshügeln übersät war. Rechts lagen verwahrloste Rosengärten, Buchsbaumhecken, die seit Jahren nicht mehr geschnitten worden waren, und verwilderte Sträucher, unter denen sich im Lauf der Jahre Laub und abgefallene Äste angesammelt hatten und verrotteten.
Links standen Nebengebäude, die gusseiserne Gartenwalzen, wurmstichige Holzrechen und von Ungeziefer befallene Säcke beherbergten. Ihre Dachräume wurden von verstaubten Spinnweben, Brombeerranken und anderen Kletterpflanzen verdunkelt, die sich, nachdem sie einen Weg durch die Mauern gefunden hatten, nun ins Freie reckten, dem Licht entgegen, das durch zerbrochene Dachziegel drang.
Vom Wintergarten geradeaus gesehen, standen die beiden großen, immergrünen Bäume, die Jack schon Tags zuvor aufgefallen waren, und zwischen ihnen lag ein kreisrundes Rasenstück mit grünem, feuchtem Gras, das von weiteren Bäumen umringt war.
Jack suchte so lange vergeblich nach Katherine, dass ihm der Gedanke kam, sie gehe ihm absichtlich aus dem Weg oder versuche zumindest unbewusst, ihn noch eine Weile auf Abstand zu halten, indem sie von einem Teil des Gartens zum anderen wanderte.
Sie braucht ihren Freiraum,
sagte er sich, als er schließlich begriff, was vorging.
Sie ist es nicht gewohnt, jemanden wie mich um sich zu haben.
Jack wusste aus den Einzel- und Gruppentherapiesitzungen, die er im Lauf der Jahre über sich hatte ergehen lassen müssen, was es hieß, seinen Freiraum zu brauchen. Häufig hatte er eisern geschwiegen und es strikt abgelehnt, sich in anderer Leute Probleme und Schwierigkeitenhineinziehen zu lassen, gelangweilt von ihrer langsamen Reise zur Selbstfindung. Bis er in den letzten ein, zwei Jahren begonnen hatte, selbst solche Reisen zu unternehmen.
Daher brauchte er nicht lange, um zu verstehen, was in Katherine möglicherweise vorging.
Und dann die Sache mit Arthur. Sie hat Arthur verloren und mich dafür bekommen,
dachte er zerknirscht.
Kein besonders guter Tausch!
Also suchte er sich ein Plätzchen, setzte sich hin und nahm sich selbst eine Auszeit, bis sie irgendwann von selbst zu ihm kam, wobei sie so tat, als habe sie nicht gewusst, dass er hier sei.
»Schon in Ordnung«, sagte er. »Ich habe auch etwas Zeit für mich gebraucht.«
Genau das hatte sie hören wollen.
»Darf ich mich zu dir setzen?«
Er machte ihr im feuchten Gras Platz.
Einen Augenblick lang herrschte Stille, nur die Windspiele klirrten.
»Du wirst dich daran gewöhnen«, sagte sie und schien damit der Erwartung Ausdruck zu verleihen, dass er noch eine Weile blieb.
Der erste Morgen wurde zum Muster für die folgenden Wochen. Katherine machte es sich zur Gewohnheit, den Garten als Zuflucht zu nutzen, wenn es ihr im Haus oder mit Jack zu viel wurde. Sie verhielt sich ausweichend, war empfindlich und unsicher, und der weitläufige Garten entpuppte sich als ein sich ständig veränderndes Labyrinth, das die Entwicklung und Vertiefung ihrer Freundschaft widerspiegelte. »Was ist dein Lieblingsbuch?«, fragte sie eines Tages.
Jack hatte keines, er hatte nie viel gelesen.
»Meines ist
Der geheime Garten«,
sagte sie leise, als vertraue sie ihm ein Geheimnis an.
Als er sagte, er habe den Film gesehen, rümpfte sie die Nase. Dennoch bestellte er die DVD, als er entdeckte, dass Arthur einen Flachbildfernseher mit DVD-Player besaß, den Margaret nie benutzte. Eines Abends sahen sie sich den Film zusammen mit Clare im Wintergarten an, wobei das verblassende Licht, dass durch die Glasscheiben hinter dem Bildschirm fiel, die perfekte Atmosphäre schuf.
»Nicht so gut wie das Buch«, murmelte hinterher eine sichtlich bewegte Katherine.
Sie legte das Buch vor seine Zimmertür, und er las es, sein erstes Buch seit langer Zeit.
Als er es ausgelesen hatte, kritzelte er ein Wort auf einen Klebezettel und legte ihn mit dem Buch vor ihre Tür.
Stimmt,
stand darauf.
Danach war sie in seiner Gegenwart selbstsicherer, traute sich, mehr zu sagen, ging mehr aus sich heraus.
Sie hatte recht mit dem Garten, aber er war mehr als ein Spiegel ihrer wachsenden Freundschaft, er war gewissermaßen die Nahtstelle zwischen ihnen. Katherines Bedürfnisse wechselten. Mal wollte sie Jack nahe sein, mal konnte sie ihn nicht um sich haben.
Anfangs kam Jack damit schwer zurecht, obwohl er aufgrund seiner Leidensgeschichte und der Unterstützung, die er in der Vergangenheit erfahren hatte, in Sachen Selbsterkenntnis
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